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Entscheidungen

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Rechtsmitteleinlegung, Rheinland-Pfalz, qualifizierte elektronische Signatur , elektronisches Dokument

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Koblenz, Beschl. v. 22.08.2019 - 2 OLG 4 Ss 104/19

Eigener Leitsatz: Die Einlegung eines Rechtsmittels mittels elektronischen Dokuments über das besondere elektronische Anwaltspostfach ohne qualifizierte elektronische Signatur erfüllt in Rheinland-Pfalz derzeit nicht das Schriftformerfordernis des § 341 Abs. 1. StPO.


2 OLG 4 Ss 104/19

Oberlandesgericht Koblenz

Beschluss

In dem Strafverfahren
gegen pp.

Verteidiger:
wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht am 22. August 2019 beschlossen:

1. Dem Angeklagten wird auf seine Kosten (§ 473 Abs. 7 StPO) wegen „Anwaltsverschuldens" Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 4. April 2019 gewährt.

2. Der Angeklagte wird darauf hingewiesen, dass die Frist zur Begründung des Rechtsmittels mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt.

Gründe:

Mit elektronischem Dokument seines Verteidigers, bei Gericht im Wege der Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung und der elektronischen Poststelle des Gerichts ohne qualifizierte elektronische Signatur am 4. April 2019 eingegangen, hat der Angeklagte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 4. April 2019 eingelegt. Mit weiterem elektronischen Dokument seines Verteidigers, bei Gericht am 8. Mai 2019, wieder im Wege der Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, diesmal aber mit qualifizierter elektronischer Signatur versehen, eingegangen, hat der Angeklagte erneut Revision eingelegt und zugleich Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist gestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat mit Votum vom 25. Juli 2019 die Ansicht vertreten, die Revisionseinlegungsfrist sei nicht versäumt, eine Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch nicht geboten.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision ist zulässig, insbesondere ist die Revisionseinlegungsfrist des § 341 Abs. 1 StPO nicht eingehalten. Das elektronische Dokument vom 4. April 2019 erfüllte mangels qualifizierter elektronischer Signatur das Formerfordernis des § 341 Abs. 1 StPO nicht; das elektronische Dokument vom 8. Mai 2019 erfüllte zwar das Schriftformerfordernis, ging aber nicht in der Frist des § 341 Abs. 1 StPO bei Gericht ein.

1. Die Einlegung der Revision mittels elektronischen Dokuments über das besondere elektronische Anwaltspostfach ohne qualifizierte elektronische Signatur erfüllt in Rheinland-Pfalz derzeit nicht das Schriftformerfordernis des § 341 Abs. 1. StPO. Zwar sieht § 32a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StPO für die Einreichung schriftlich abzufassender Dokumente auch den Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung und der elektronischen Poststelle des Gerichts vor. Nach § 15a Abs. 1 EGStPO können die Landesregierungen jedoch jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die Einreichung elektronischer Dokumente abweichend von § 32a StPO erst zum 1. Januar des Jahres 2019 oder 2020 möglich ist und § 41a StPO in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung bis jeweils zum 31. Dezember des Jahres 2018 oder 2019 weiter Anwendung findet. Das Land Rheinland-Pfalz hat hiervon Gebrauch gemacht mit § 1 der Verordnung zur Ausführung des § 15 EGStPO und des § 134 OWiG. Danach ist die Einreichung elektronischer Dokumente nach Maßgabe des § 32a StPO in der am 1. Januar 2018 geltenden Fassung in Verfahren nach der Strafprozessordnung erst ab dem 1. Januar 2020 möglich. Damit ist weiterhin § 41a Abs. 1 StPO in der am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden. Nach dieser Vorschrift können an das Gericht gerichtete Erklärungen, Anträge oder deren Begründung, die nach der StPO ausdrücklich schriftlich abzufassen oder zu unterzeichnen sind, als elektronisches Dokument eingereicht werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und für die Bearbeitung durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft geeignet ist (für alles: OLG Zweibrücken Beschl. v. 11.03.2019 — 1 Ws 314/18 Vollz, BeckRS 2019, 8025). Eine solche qualifizierte elektronische Signatur wies das elektronische Dokument vom 4. April 2019 aber nicht auf.

2. Der Wiedereinsetzungsantrag vom 8. Mai 2019 ist fristgerecht gem. § 45 Abs. 1 StPO gestellt: Der Verteidiger hat versichert, er habe erst am 8. Mai 2019 bei erneuter Überprüfung festgestellt, dass die Übersendung über das elektronische Anwaltspostfach ohne qualifizierte elektronische Signatur die Anforderungen des § 341 Abs. 1 StPO nicht erfülle.

3. Die versäumte Revisionseinlegung wurde mit diesem Antrag auch wirksam nachgeholt gem. § 45 Abs. 2 S. 2 StPO. Die Einlegung der Revision mittels elektronischem Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur erfüllt die Formvorschrift des § 341 Abs. 1 StPO. Wie oben bereits ausgeführt, sieht § 41a Abs. 1 StPO a.F. die Einhaltung der Schriftform durch Einreichung elektronischer Dokumente vor, wenn diese Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Die Vorschrift ist auch auf die Revisionseinlegung vom 8. Mai 2019 anwendbar. § 41a Abs. 2 StPO a.F. sieht vor, dass die Landesregierungen für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt bestimmen, von dem an elektronische Dokumente bei den Gerichten eingereicht werden können. Gem. § 15 Abs. 1 der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10. Juli 2015 i.V.m. Nr. 3 der Anlage zu dieser Landesverordnung können beim Landgericht Bad Kreuznach seit dem 2. November 2017 in allen Verfahrensarten elektronische Dokumente eingereicht werden.

4. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet, weil den Angeklagten an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft (§§ 44, 45 StPO). Der Angeklagte hat glaubhaft gemacht, dass die verspätete Rechtsmitteleinlegung auf einem Verschulden seines Verteidigers beruht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen ist.

5. Die Frist zur Begründung der Revision beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses. Wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gewährt, so beginnt die Frist zur Begründung des Rechtsmittels erst mit der Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses zu laufen; dies gilt auch, wenn das Urteil vorher zugestellt worden ist (vgl. BGHR StPO § 345 Abs. 1 Fristbeginn 3 ; BGHSt 30, 335 ; OLG Koblenz, 2 OLG 6 Ss 78/18 v. 02.05.2018; 2 OLG 4 Ss 68/16 v. 16.08.2016; 1 SsBs 15/10 v. 19.02.2010).


Einsender: RA T. Scheffler, Bad Kreuznach

Anmerkung:


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