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Entscheidungen

OWi

Urteilsgründe, nachträgliche Ergänzung, Zulässigkeit

Gericht / Entscheidungsdatum: BayObLG, Beschl. v. 13.03.2019 - 201 ObOWi 25/19

Leitsatz: Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die nachträgliche Ergänzung eines Urteils grundsätzlich nicht zulässig ist — und zwar auch nicht innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO —, wenn es bereits aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts hin-ausgegeben worden ist.


Bayerisches Oberstes Landesgericht
201 ObOWi 25/19

In dem Bußgeldverfahren
gegen pp.
wegen OWi StVO

erlässt das Bayerische Oberste Landesgericht - 1. Senat für Bußgeldsachen - durch den Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht als Einzelrichter am 13. März 2019 folgenden
Beschluss

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 15. Oktober 2018 mit den Feststellungen aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Erlangen zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen am 15. Oktober 2018 wegen fahrlässigen Über-schreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 115 km/h zu einer Geldbuße von 700,00 € und verhängte gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten nach Maßgabe des § 25 Abs. 2a StVG.

Am 17. Oktober 2018 verfügte der zuständige Richter im Anschluss an das fertiggestellte Hauptverhandlungsprotokoll, welches in einer Anlage den unterschriebenen Tenor des verkündeten Ur-teils ohne Gründe enthielt, die Übersendung der Akten „ gemäß § 41 StPO" an die Staatsanwalt-schaft, wo diese am 18. Oktober 2018 eingingen.

Am 14. November 2018 gelangte das unterschriebene vollständige Urteil mit den Gründen zu den Akten.
Mit der am 17. Oktober 2018 eingegangenen und anschließend form- und fristgerecht begründe-ten Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Stellungnahme vom 8. Februar 2019 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die statthafte (§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich auf die Sachrüge als - zumindest vorläufig - erfolgreich und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.

Das für die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht maßgebliche Urteil enthält entgegen § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 StPO keine Gründe. Dies stellt einen materiell-rechtlichen Mangel dar, der bereits auf die Sachrüge hin zu beachten ist (vgl. nur BGH NStZ-RR 1999, 45; KK-Gericke 7. Aufl. § 338 Rn. 92 - jeweils m.w.N.). Die Ergänzung durch die erst am 14. November 2018 zu den Akten gelangten schriftlichen Urteilsgründe war nach unzulässig und damit für das vorliegende Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr relevant (vgl. nur OLG Bamberg, Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - 3 Ss OWi 1060/08 [bei juris] = BeckRS 2009, 3920 = zfs 2009, 175 ff. und vom 10. November 2011 3 Ss OWi 1444/11 [bei juris]; ebenso: OLG Hamm Beschluss vom 20. Januar 2014 — 1 RBs 8/14 [bei juris]). Das Amtsgericht war nicht befugt, das nicht mit Gründen versehene Urteil vom 15. Oktober 2018 nach der am 18. Oktober 2018 erfolgten Zustellung an die Staatsanwaltschaft abzuändern.


a) Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass die nachträgliche Ergänzung eines Urteils grundsätzlich nicht zulässig ist — und zwar auch nicht innerhalb der Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO —, wenn es bereits aus dem inneren Dienstbereich des Gerichts hin-ausgegeben worden ist (BGHSt 43, 22; 58, 243; OLG Bamberg a.a.O.). Für das Bußgeldverfahren folgt daraus, dass ein vollständig in das Sitzungsprotokoll aufgenommenes, nicht mit Gründen versehenes Urteil, das den inneren Dienstbereich des Gerichts bereits verlassen hat, nicht mehr verändert werden darf, es sei denn, die nachträgliche Urteilsbegründung ist gemäß § 77b

201 ObOWi 25/19 - Seite 3 -
Abs. 2 OWiG zulässig (BGHSt 58, 243 m.w.N.; OLG Bamberg, ZfS 2009, 175; StraFo 2010, 468; Brandenburgisches OLG VRS 122, 151; OLG Celle NZV 2012, 45; OLG Dresden NZV 2012, 557; OLG Hamm aaO; KG NZV 1992, 332; OLG Oldenburg NZV 2012, 352).

b) Im vorliegenden Verfahren hat sich der Tatrichter mit der Verfügung, die Akten gemäß § 41 StPO an die Staatsanwaltschaft zu übersenden, endgültig für die förmliche Zustellung einer nicht mit Gründen versehenen Urteilsfassung entschieden. Damit hat das Ur-teil den inneren Dienstbe-reich des Gerichts verlassen und ist mit der Zustellung an die Staatsanwaltschaft nach außen in Erscheinung getreten.

c) Die Voraussetzungen für ein Absehen von einer schriftlichen Begründung des Urteils waren nicht gegeben (§ 77b Abs. 1 OWiG).

III.
Das angefochtene Urteil wird daher mit den Feststellungen aufgehoben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 353 StPO). Die Sache wird zur erneuten Entscheidung — auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens — an das Amtsgericht Erlangen zurückverwiesen (§ 79 Abs. 6 OWiG).
IV.
Die Entscheidung ergeht durch Beschluss nach § 79 Abs. 5 Satz 1 OWiG.

Gemäß § 80a Abs. 1 OWiG entscheidet der Einzelrichter.


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