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Entscheidungen

OWi

Fehlende Urteilsgründe, Zulassung, Zurückverweisung, Ermessen

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.08.2018 - 1 RBs 200/18

Leitsatz: 1. Das Fehlen von Urteilsgründen eines Bußgeldurteils führt nur dann zur Begründetheit eines Zulassungsantrags, wenn das Rechtsbeschwerdegericht weder aufgrund des abgekürzten Urteils noch aufgrund des Bußgeldbescheids, des Zulassungsantrags, eventuell nachgeschobener Urteilsgründe, dienstlicher Erklärungen oder sonstiger Umstände beurteilen kann, ob die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen.
2. Die Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde steht im Ermessen des Tatrichters. Auch bei offensichtlich ungenügender Aufklärung des Sachverhalts kann dieser von der Zurückverweisung absehen.


1 RBs 200/18

OLG Düsseldorf
In der Bußgeldsache
gegen pp.

hat der 1. Senat für Bußgeldsachen durch den Richter am Amtsgericht als Einzelrichter (§ 80a Abs. 1 OWiG) nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft am 30. August 2018 beschlossen:

Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 18. Juni 2018 zuzulassen, wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.

Gründe:

Durch Urteil vom 18. Juni 2018 hat das Amtsgericht Neuss gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geld-buße von 80 Euro verhängt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet und daher auf Kosten des Beschwerde-führers (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) zu verwerfen.

Bei Geldbußen von nicht mehr als 100 Euro wird die Rechtsbeschwerde nach §§ 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG nur zugelassen, wenn es geboten ist, die Nach-prüfung des Urteils zur Fortbildung des sachlichen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1. Die in zulässiger Weise erhobene Sachrüge verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg.

a) Zwar weist das amtsgerichtliche Urteil entgegen § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 StPO keine Entscheidungsgründe auf. Das — auch unter Berücksichtigung der Vor-gaben des § 77b OWiG — unzulässige Fehlen von Urteilsgründen rechtfertigt jedoch im Anwendungsbereich des § 80 OWiG für sich allein noch nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde; vielmehr bedarf es auch in einem solchen Fall einer Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen, für die das Rechtsbeschwerdegericht auch auf Er-kenntnisquellen außerhalb der Urteilsurkunde zurückgreifen darf. Das Fehlen von Urteilsgründen führt daher nur dann zur Begründetheit des Zulassungsantrags, wenn der Senat weder aufgrund des abgekürzten Urteils noch aufgrund des Bußgeldbescheids, des Zulassungsantrags, eventuell nachgeschobener Urteilsgründe, dienstlicher Erklärungen oder sonstiger Umstände beurteilen kann, ob die Zulassungsvoraussetzungen vorliegen (BGHSt 42, 187 ff.; Senat, Einzelrichterbeschlüsse vom 18. Januar 2017 — IV-1 RBs 2/17, vom 27. Juni 2012 — IV-1 RBs 98/12, vom 3. Februar 2012 — IV-1 RBs 14/12 und vom 18. Februar 2010 — IV-1 RBs 9/10; OLG Celle NdsRpfl 1997, 52; KG NZV 1992, 332, 333).

b) Im vorliegenden Fall vermittelt die Verwertung der außerhalb des abgekürzten Ur-teils vorhandenen Erkenntnisquellen die für eine abschließende und lückenlose Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen erforderliche Kenntnis des Verfahrensgegen-standes. Der nach dem Inhalt des Bußgeldbescheids und des Zulassungsantrags zugrunde liegende, tatsächlich und rechtlich einfach gelagerte Sachverhalt wirft keine klärungsbedürftigen materiellrechtlichen Fragen auf. Welche Anforderungen an die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Tatrichters bei Geschwindigkeitsmessungen mit dem System des Typs Traffipax SpeedoPhot zu stellen sind, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits hinlänglich geklärt (Senat, Einzelrichterbe-schlüsse vom 14. Dezember 2017 — IV-1 RBs 239/17, vom 30. Juni 2016 — IV-1 RBs 130/16, vom 15. April 2016 — IV-1 RBs 83/16, vom 22. Januar 2015 — IV-1 RBs 217/14 sowie vom 9. Januar 2014 — IV-1 RBs 186/13; OLG Hamm, Beschlüsse vom 25. Mai 2010 —111-3 RBs 119/10 und vom 17. Juni 2004 — 3 Ss OWi 315/04 ). Auch die Abfassung der Urteilsformel im Bußgeldverfahren wirft solche Fragen nicht auf (vgl. hierzu Seitz/Bauer in Göhler, OWiG, 17. Auflage [2017], § 71 Rn. 41 m.w.N.).

2. Soweit der Betroffene beanstandet, das Amtsgericht habe seinen Antrag auf Aus-setzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung und Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zwecks Beiziehung weiterer Unterlagen unter Verletzung des rechtlichen Gehörs verfahrensfehlerhaft beschieden, genügt sein diesbezügliches Vorbringen nicht den gesetzlichen Darlegungsanforderungen der §§ 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Nach diesen Vorschriften sind die Tatsachen, aus denen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) hergeleitet wird, im Zulassungsverfahren in Form einer Verfahrensrüge geltend zu machen, die nur dann zulässig erhoben ist, wenn der Antragsteller einen Sachverhalt vorträgt, aus dem sich — bei unterstellter Richtigkeit des Tatsachenvorbringens — der gerügte Verfahrensverstoß bereits schlüssig ergibt (KKHadamitzky, OWiG, 5. Aufl. [2018] § 80 Rdnr. 41b). Daran fehlt es hier. Aus der beanstandeten Ablehnungsentscheidung kann sich schon deshalb kein Gehörsverstoß ergeben, weil die — überdies von der hier nicht vorliegenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft abhängige — Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gen". § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG im Ermessen des Tatrichters steht. Auch bei offensichtlich ungenügender Aufklärung des Sachverhalts kann dieser von der Zurückverweisung absehen (Seitz/Bauer, a.a.O., § 69 Rn. 57). Dem Betroffenen steht es dann frei, durch die Stellung von Beweisanträgen auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken. Dass der Betroffene einen auf Beiziehung der vermissten Unterlagen (u.a. Rohmessdaten sowie Betriebsanleitung und „Lebensakte" des Messgeräts) gerichteten Beweisantrag gestellt hätte, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen hingegen nicht.

3. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wird die Rechtsbeschwerde bei Geldbußen von nicht mehr als 100 Euro nicht zugelassen (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG).

4. Soweit der Betroffene die Verletzung des Grundsatzes der persönlichen Vernehmung gem. § 250 Satz 1 StPO rügt, kann dahinstehen, ob seine diesbezügliche Verfahrensrüge den gesetzlichen Darlegungsanforderungen der § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt, weil die Rechtsbeschwerde bei Geldbußen von nicht mehr als 100 Euro wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht zugelassen wird (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Entsprechendes gilt für seine unter mehreren verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten (unzulässige Beschränkung der Verteidigung gem. § 338 Nr. 8 StPO, Verletzung der Aufklärungs-pflicht gern. § 244 Abs. 2 StPO jew. i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG, Verletzung des Grund-satzes des fairen Verfahrens) wiederholte Beanstandung, dass sein vorgenannter Antrag auf Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung und Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zwecks Beiziehung weiterer Unterlagen zu Unrecht zurückgewiesen worden sei.


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