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Entscheidungen

Gebühren

Pflichtverteidiger, richterliche Vernehmung, Grundgebühr, Verfahrensgebühr

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 10.09.2018 - 3 Ws 221/18

Leitsatz: Wird ein Rechtsanwalt nach § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO für die Verkündung eines Haftbefehls (oder eine sonstige richterliche Vernehmung) beigeordnet, entsteht regelmäßig nur eine Terminsgebühr nach Nr. 4103 VV RVG; Verfahrens- und Grundgebühr sowie die Auslagenpauschale fallen in solchen Fällen regelmäßig nicht an.


Oberlandesgericht Celle
Beschluss
3 Ws 221/18

In der Strafsache
gegen pp.,
wegen versuchten Totschlags u.a.
hier: Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung von Rechtsanwalt L.,

hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die Beschwerde von Rechtsanwalt L. gegen den Beschluss der Strafkammer 3 – 1. Große Jugendkammer - des Landgerichts Hildesheim vom 11. Juli durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Vorsitzenden Richter am Landgericht am 19. September 2018 beschlossen:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Verteidiger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Kostenfestsetzung für seine Teilnahme an einem Termin zur Verkündung eines Haftbefehls. Dem liegt im wesentlichen folgender Verfahrensablauf zu Grunde:
Der Beschuldigte wurde am 3. Dezember 2017 vorläufig festgenommen; mit Haftbefehl des Amtsgerichts Hildesheim vom 4. Dezember 2017 wurde ihm unter anderem ein mittäterschaftlich begangener versuchter Totschlag zur Last gelegt. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 zeigte Rechtsanwalt WX die anwaltliche Vertretung des Beschuldigten an und beantragte, diesem als notwendiger Verteidiger nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 beigeordnet zu werden. Zugleich erklärte er, der Beschuldigte werde von seinem Schweigerecht Gebrauch machen; weitere Einlassungen würden nur über ihn - Rechtsanwalt WX - erfolgen. Mit weiterem Schriftsatz ebenfalls vom 4. Dezember 2017 beantragte Rechtsanwalt WX, dem Beschuldigten als Pflichtverteidiger gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 StPO für die anstehende Verkündung des Haftbefehls als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Sollte eine Terminsabstimmung mit ihm nicht möglich sein, benenne er Rechtsanwalt YZ oder Rechtsanwalt L. als Pflichtverteidiger für den anstehenden Vernehmungstermin.

Zum Termin zur Verkündung des Haftbefehls am 4. Dezember 2017 erschien Rechtsanwalt L., ausweislich des Protokolls als Verteidiger/Terminsvertreter, und beantragte vorab Akteneinsicht, die ihm gewährt wurde. Hierzu wurde die Hauptverhandlung für 5 Minuten unterbrochen. Die Akten hatten zu diesem Zeitpunkt einen Umfang von etwa 200 Seiten. Der Beschuldigte machte zur Sache keine Angaben. Rechtsanwalt L. beantragte sodann Aufhebung des Haftbefehls. Der Vollzug der Untersuchungshaft wurde indessen aufrechterhalten. Sodann wurde Rechtsanwalt WX dem Beschuldigten als Pflichtverteidiger beigeordnet und wurde Rechtsanwalt L. „für die heutige Haftbefehlsverkündung als notwendiger Verteidiger“ beigeordnet. Im weiteren Verfahren war Rechtsanwalt L. nicht mehr tätig.

Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2017 machte Rechtsanwalt L. für seine Teilnahme am Termin zur Verkündung des Haftbefehls einer Grundgebühr nach Nr. 4101 VV, eine Terminsgebühr nach Nummer 4103 VV, eine Verfahrensgebühr nach Nummer 4104 VV sowie eine Auslagenpauschale nach Nummer 7002 VV geltend. Unter den 29 Januar 2018 wurde indessen lediglich die Terminsgebühr festgesetzt. Der hiergegen - unter Hinweis auf eine Entscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 19. März 2018 - gerichteten Erinnerung von Rechtsanwalt L. vom 28. Mai 2018 half die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unter dem 14. Juni 2018 unter anderem unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Celle vom 25. August 2006 nicht ab, weil ausweislich dieser für eine Terminsvertretung lediglich eine Terminsgebühr festzusetzen sei. Mit Beschluss vom 11. Juli 2018 hat die Strafkammer die Erinnerung von Rechtsanwalt L. gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 29. Januar 2018 zurückgewiesen und hat hierzu ausgeführt, dass ein Rechtsanwalt für seine Teilnahme an einem Termin zur Verkündung eines Haftbefehls kostentechnisch wie ein Terminsvertreter zu behandeln und demzufolge nur eine Terminsgebühr festzusetzen sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich Rechtsanwalt L. mit seiner Beschwerde vom 3. August 2018.

II.

Die Beschwerde ist nach Maßgabe von § 33 Abs. 3 RVG statthaft, hat in der Sache indessen keinen Erfolg. Das Landgericht aus grundsätzlich zutreffenden tatsächlichen wie rechtlichen Erwägungen für die Teilnahme von Rechtsanwalt L. am Termin zur Verkündung des Haftbefehls lediglich eine Terminsgebühr nach Nr. 4103 VV RVG festgesetzt und die hiergegen gerichtete Erinnerung zurückgewiesen. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung kann hierbei zunächst Bezug genommen werden. Auch das Beschwerdevorbringen greift demgegenüber nicht durch.

Der Beschwerdeführer stützt sein Rechtsmittel im Wesentlichen auf die Erwägung, dass nach Maßgabe von § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO dem Beschuldigten für die Haftbefehlsverkündung ein Verteidiger beizuordnen sei, dieser sich daher in den Sachverhalt einzuarbeiten habe und infolgedessen auch eine Grund- und Verfahrensgebühr zu bewilligen sei. Diese Betrachtung greift indessen nicht durch. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer bemühte Entscheidung des Landgerichts Magdeburg vom 19. März 2018 (StraFO 2018, 314). Vielmehr löst die Teilnahme von Rechtsanwalt glaubt nur an dem Termin zur Verkündung des Haftbefehls lediglich die Terminsgebühr nach Nr. 4103 VV RVG aus. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

Zwar statuiert die Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO in der seit dem 17. August 2017 geltenden Fassung das Erfordernis, dem Beschuldigten anlässlich einer richterlichen Vernehmung einen Verteidiger beizuordnen, wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt oder wenn die Mitwirkung eines Verteidigers aufgrund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint. Diese Regelung führt indessen nicht dazu, dass einem hierzu beigeordneten Verteidiger durchweg diejenigen Gebühren zustehen, die einem im Übrigen für das Verfahren beigeordneter Verteidiger geltend machen kann. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein lediglich anlässlich einer richterlichen Vernehmung beigeordneter Verteidiger dem im gesamten Verfahren tätigen Verteidiger gebührenrechtlich gleichgestellt werden soll.

Soweit demgegenüber angenommen wird, eine Beiordnung nach Maßgabe von § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO löse den Anfall eines vollen Gebührenanspruchs (Grundgebühr, Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Auslagenpauschale) aus (LG Magdeburg a.a.O.; Burhoff, StRR 2018, 241; ders. RVGreport 2017, 402), kann dies nicht überzeugen.

Bereits vor Einführung der Vorschrift des § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO und überdies grundsätzlich wurde nicht einheitlich beurteilt, in welchem Umfang ein zur Terminsvertretung beigeordneter Verteidiger Gebühren geltend machen kann. Während teilweise davon ausgegangen wird, ein Terminsvertreter könne die vollständigen Gebühren eines Verteidigers oder aber zumindest neben der Terminsgebühr auch die Grundgebühr geltend machen (vgl. etwa OLG Hamm [AGS 2007, 37], OLG Karlsruhe [NJW 2008, 2935], OLG München [NStZ-RR 2009, 32], Burhoff, in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV 4100, 4101 Rn. 5), wird andererseits hiervon abweichend angenommen, einem Terminsvertreter stehe neben einem bereits und weiterhin beigeordneten Verteidiger für seine Teilnahme an nur einem Termin lediglich die Terminsgebühr nach Nr. 4103 VV RVG zu (KG, NStZ-RR 2005, 327; OLG Celle, StraFO 2006, 471; RVGreport 2009, 226; differenzierend OLG - Stuttgart, StraFO 2011, 198). Der Senat kann nicht erkennen, dass sich im Hinblick auf den Gebührenanspruch des nach § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO für die Teilnahme an einem Termin zur Verkündung eines Haftbefehls oder einer sonstigen richterlichen Vernehmung an dieser Einschätzung etwas geändert haben sollte.

Dies gilt vorliegend umso mehr, als das Vorbringen des Beschwerdeführers, ein Verteidiger müsse sich für eine Teilnahme am Termin zur Verkündung eines Haftbefehls vollständig in das Verfahren einarbeiten, vorliegend schon in der Sache nicht trägt. Für den Beschuldigten hatte sich bereits Rechtsanwalt WX als Verteidiger legitimiert und seine Beiordnung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO beantragt und zugleich erklärt, der Beschuldigte werde von seinem Schweigerecht Gebrauch machen und weitere Einlassungen würden nur noch über ihn, Rechtsanwalt WX, erfolgen. Inhaltliche Erklärungen zur Sache wurden vom Beschwerdeführer im Termin nicht abgegeben. Der Beschwerdeführer war nachfolgend im Verfahren nicht mehr tätig; die Verteidigung wurde lediglich von dem im Übrigen für das Verfahren beigeordneten Verteidiger wahrgenommen. In einem solchen Fall besteht aus den weiterhin geltenden Erwägungen kein Anlass, den Rechtsanwalt, der lediglich für eine Teilnahme an einer richterlichen Vernehmung beigeordnet wird, wie einen im Übrigen im gesamten Verfahren tätigen Verteidiger, dem auch eine Grund- und Verfahrensgebühr zusteht, zu vergüten. Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vorrangig auf den Wortlaut der Verfügung, mit welche die Beiordnung erfolgte, abstellt, führt auch dies nicht zur Bewilligung vollständiger Gebühren. Denn der Beschwerdeführer wurde nicht etwa als weiterer Verteidiger (für das gesamte Verfahren) beigeordnet, sondern ausdrücklich (lediglich) für die Haftbefehlsverkündung. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht Stuttgart ergänzend maßgeblich auf den Umfang der erforderlichen und erbrachten Tätigkeit abgestellt.

Ob ein Verteidiger, der sich für seine Teilnahme an einem Termin zur Verkündung eines Haftbefehls umfassend in die Sache einzuarbeiten hat, zumal wenn dem Beschuldigten im Übrigen noch kein notwendiger Verteidiger beigeordnet wurde oder ein solcher sich noch nicht gemeldet hatte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Insofern ist aber darauf hinzuweisen, dass für den Fall einer ungewöhnlich umfangreichen Tätigkeit bei Teilnahme an einer richterlichen Vernehmung die Möglichkeit offen steht, insoweit eine Pauschgebühr geltend zu machen (vgl. Burhoff a.a.O.). Im Übrigen erscheint es in praktischer Hinsicht auch im Hinblick auf die hierdurch ausgelösten Gebühren angeraten, im Falle einer Beiordnung nach Maßgabe von § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO klarzustellen, dass diese lediglich für die Teilnahme an der richterlichen Vernehmung. resp. am Termin zur Verkündung eines Haftbefehls erfolgt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 33 Abs. 9 RVG.

IV.

Gegen diese Entscheidung ist keine Beschwerde gegeben (§ 304 Abs. 4 StPO).


Einsender: 3 Strafsenat des OLG Celle

Anmerkung:


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