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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Störung der Religionsausübung, Kunstfreiheit, beschimpfender Unfug

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.05.2018 - Ss 104/17

Leitsatz: Zur Anwendung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auf den Tatbestand des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB wegen Ausführens von Liegestützen auf dem Altar einer geweihten katholischen Kirche zum Zweck der Schaffung einer Videoinstallation, mit welcher der Künstler seine kritische Haltung gegenüber dem Druck der Leistungsgesellschaft, der nichts mehr heilig sei, zum Ausdruck bringen will.


In pp.

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 12. Kleine Strafkammer - vom 10. Juli 2017

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Störung der Religionsausübung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch schuldig ist,
b) im Rechtsfolgenausspruch mit den diesem zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken
zurückverwiesen.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Saarbrücken hatte den Angeklagten durch Urteil vom 17. Januar 2017 wegen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Störung der Religionsausübung zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 10,-- € verurteilt.

Dieses Urteil hat das Landgericht Saarbrücken - 12. Kleine Strafkammer - mit Urteil vom 10. Juli 2017 auf die Berufung des Angeklagten aufgehoben, den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen, ihn deshalb verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,-- € vorbehalten.

Nach den in dem Urteil des Landgerichts getroffenen Feststellungen plante der Angeklagte, der derzeit an der Hochschule der Bildenden Künste Saar nach vorangegangenem dortigem Studium (Fachrichtung „Freie Kunst“) den Masterstudiengang absolviert, Ende des Jahres 2015 im Rahmen seiner künstlerischen Tätigkeit eine Videoinstallation mit dem Titel „pressure to perform“, um seine kritische Haltung gegenüber dem Druck der Leistungsgesellschaft, der nach seiner Ansicht nichts mehr heilig ist, zum Ausdruck zu bringen und um dem Betrachter vor Augen zu führen, wie sich Menschen unnatürlich in Situationen verhalten, in denen sie viel Druck von außen verspüren. Zur Umsetzung beabsichtigte er, auf einem Kirchenaltar zahlreiche Liegestützen bis zu seiner körperlichen Erschöpfung durchzuführen, dies mit seiner Videokamera aufzuzeichnen und den Videofilm später auf Bildschirmgeräten öffentlich vorzuführen. Dabei kam es dem Angeklagten darauf an, nicht etwa einen Nachbau, sondern den Altar einer geweihten Kirche zu benutzen, um seinem Werk dadurch einen besonderen Charakter zu verleihen und auch - wie sonst bei der Erstellung seiner Kunstwerke - die Produktionskosten zu minimieren.

Nachdem ihm zwei von ihm zunächst aufgesuchte Kirchen zur Durchführung dieses Vorhabens nicht geeignet erschienen waren, begab sich der Angeklagte zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 1.1.2016 und dem 10.1.2016 mit seiner Videokamera in die geweihte katholische Basilika St. Johann in Saarbrücken, um auf dem dortigen Altar die Liegestützen durchzuführen. Mit Vertretern der katholischen Kirchengemeinde St. Johann, in deren Eigentum die Basilika steht, hatte er wegen seines Vorhabens zuvor keine Rücksprache gehalten, weil er davon ausging, ihm würde die Benutzung des Altars untersagt werden. Die Kirche war zu dieser Zeit durch die unverschlossenen Eingangstüren frei zugänglich. Ein Gottesdienst oder eine sonstige religiöse Feier fand nicht statt und es befanden sich nur einige wenige Besucher im Inneren der Kirche. Der sich in der Apsis befindende Altarraum war von dem unbeschränkt zugänglichen Hauptschiff der Kirche, in dem sich auch die Besucherbänke befanden, durch eine ca. 70 cm hohe, bogenförmig verlaufende Balustrade abgetrennt, in deren Mitte sich ein ca. 1 m breiter Durchgang befand. Dieser Durchgang war mit einer roten Kordel, welche knapp unter der Oberkante der Balustrade angebracht war, abgesperrt. Der Angeklagte, der mit einem karierten Hemd, einer dunklen langen Hose und geschlossenen Schuhen bekleidet war, installierte im Hauptschiff gegenüber dem Altarraum seine Videokamera in Richtung des Altarbereichs so, dass ab der im Vordergrund befindlichen Balustrade der Altarraum zentral ins Bild gesetzt war, und aktivierte die Aufnahmefunktion der Kamera. Sodann überstieg er die rote Kordel, von der er wusste, dass sie den Altarraum für sämtliche Besucher absperren sollte, wovon er sich zur Schaffung der geplanten Videoinstallation aber nicht weiter abhalten lassen wollte. Er nahm vielmehr für sich das Freiheitsrecht als Künstler in Anspruch, auch wenn er es für möglich hielt, dass ihm auch dies das Betreten des Altarraums nicht gestatten würde. Er ging ruhigen Schrittes durch den Altarraum, kletterte von hinten auf den Altar und begab sich auf diesem in Liegestützhaltung. Sodann vollzog er in rascher Folge 26 Liegestützen und legte sich im Anschluss daran für wenige Sekunden mit in den Armen versenktem Kopf flach auf den Altar, um sich von der Anstrengung zu erholen. Anschließend stieg er von dem Altar hinunter, strich noch eine dort liegende Decke glatt, ging ruhigen Schrittes zurück zum Balustradendurchgang, stieg über die Kordel zurück in das Hauptschiff und verließ mitsamt seiner Kamera die Kirche. Die anwesenden Besucher nahmen an dem Verhalten des Angeklagten keinen Anstoß.

Der Angeklagte erstellte aus der Videoaufzeichnung einen Film, der von einer kurzen Panoramaansicht von Saarbrücken eingeleitet wird und sodann das Geschehen in der Basilika St. Johann ab dem Moment zeigt, als der Angeklagte durch das Übersteigen der roten Kordel den Altarraum betritt und dort die Liegestützen macht, bis zu dem Moment, als er den Altarraum durch das Übersteigen der Kordel wieder verlässt. Diesen Kurzfilm präsentierte der Angeklagte sodann in einer Endlosschleife auf einem Bildschirmgerät, welches zunächst während des Max-Ophüls-Festivals 2016 im Schaufenster eines Anwesens in der N.straße in Saarbrücken und später am Schaufenster des „Hellwighaus der Künste“ in ... pp. aufgestellt war.

Das Landgericht hat das festgestellte Verhalten des Angeklagten als Hausfriedensbruch gewertet. Durch das Betreten des mittels Balustrade und Kordel abgetrennten Altarraums sei der Angeklagte in das befriedete Besitztum der katholischen Kirchengemeinde St. Johann eingedrungen. Der Angeklagte habe auch vorsätzlich gehandelt, da er von der Bedeutung der Kordel zur Sperrung des Altarraums für sämtliche Besucher sowie dem Fehlen eines ihm abweichend hiervon erteilten Einverständnisses Kenntnis gehabt, sich hierüber aber willentlich hinweggesetzt habe, um seine Videoinstallation zu schaffen. Das Verhalten des Angeklagten sei auch nicht durch die Wahrnehmung seines Grundrechts der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gerechtfertigt gewesen. Zwar sei das Verhalten des Angeklagten Teil seiner künstlerischen Betätigung gewesen, da es der Schaffung seiner Videoinstallation „pressure to perform“ gedient habe. Bei dieser Videoinstallation habe es sich, da der Angeklagte mit ihr unter Anwendung der künstlerischen Mittel der Intuition, der Fantasie und des Kunstverstandes seine kritische Haltung gegenüber der Leistungsgesellschaft zum Ausdruck gebracht habe, um ein Kunstwerk gehandelt. Das Recht der Kunstfreiheit sei jedoch nicht schrankenlos gewährt. Seine Grenzen lägen insbesondere in den Grundrechten Dritter, hier in dem durch § 123 StGB geschützten Hausrecht der katholischen Kirchengemeinde St. Johann als Ausfluss der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. In diesem Widerstreit komme - was das Landgericht näher ausgeführt hat - der Kunstfreiheit des Angeklagten gegenüber dem Schutz des Eigentums der katholischen Kirchengemeinde St. Johann kein Vorrang zu, so dass die Tat des Angeklagten nicht durch sein Grundrecht der Kunstfreiheit gerechtfertigt gewesen sei. Schließlich habe der Angeklagte auch schuldhaft gehandelt. Insbesondere habe er sich nicht in einem Verbotsirrtum befunden.

Den Tatbestand der Störung der Religionsausübung (§ 167 Abs. 1 StGB) hat das Landgericht hingegen nicht als verwirklicht angesehen. Die Tatbestandsalternative des § 167 Abs. 1 Nr. 1 StGB sei nicht erfüllt, weil zur Tatzeit weder ein Gottesdienst noch eine gottesdienstliche Handlung stattgefunden habe. Die tatsächlichen Voraussetzungen des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB lägen nicht vor, da das Verhalten des Angeklagten kein beschimpfender Unfug im dort genannten Sinne gewesen sei. Zwar habe der Angeklagte den Altarraum und insbesondere den Altar als religiöses Zentrum missachtet, indem er diesen zur Schaffung seiner Videokunst zweckentfremdet habe. Er habe seine Missachtung der religiösen Bedeutung des Ortes durch das Betreten des Altarraums und den Vollzug der Liegestützen auf dem Altar jedoch nicht in besonders roher Weise zum Ausdruck gebracht. Er sei zurückhaltend ans Werk gegangen, nämlich angemessen gekleidet gewesen, habe den Altarraum ruhigen Schrittes betreten und wieder verlassen und habe sich mit dem Glattstreichen der Decke bemüht, keine Unordnung zu hinterlassen, sondern den Raum so zu verlassen wie er ihn vorgefunden hatte. Überdies sei sein Verhalten Teil eines künstlerischen Schaffensprozesses gewesen und der Altar sei zu einem wesentlichen Element des von ihm erstellten Kunstwerks erhoben worden. Sein Verhalten sei somit ungeachtet der Frage der Anstößigkeit der Darstellung, deren Bewertung staatlicher Beurteilung entzogen sei, vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich gewährten Kunstfreiheit erfasst gewesen, was es ausschließe, ihm den Ausdruck von roher Gesinnung beizumessen.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Revision eingelegt, die sie jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet haben. Die Staatsanwaltschaft meint, das festgestellte Verhalten des Angeklagten erfülle entgegen der Auffassung des Landgerichts auch die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Störung der Religionsausübung nach § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB, so dass, da der Angeklagte zudem rechtswidrig und schuldhaft gehandelt habe, auch eine dahingehende Verurteilung hätte erfolgen müssen. Der Angeklagte ist der Ansicht, aus denselben Gründen, mit denen das Landgericht das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB verneint habe, hätte die Rechtswidrigkeit des Hausfriedensbruchs verneint werden müssen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich der Revision der Staatsanwaltschaft mit dem Antrag angeschlossen, den Angeklagten wegen Störung der Religionsausübung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch zu verurteilen, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Hinsichtlich der Revision des Angeklagten hat sie beantragt, diese als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet (1.). Die Revision des Angeklagten ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet (2.).

1. Revision der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft macht mit Recht geltend, dass sich der Angeklagte auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellungen der Störung der Religionsausübung in der Tatbestandsalternative des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB schuldig gemacht hat.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer an einem Ort, der dem Gottesdienst einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt.

aa) Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Handlung im Altarraum der geweihten katholischen Basilika St. Johann in S. und somit an einem dem Gottesdienst einer inländischen Kirche gewidmeten Ort begangen, so dass der Ort der Tathandlung, für den es nicht darauf ankommt, ob zur Zeit der Tat ein Gottesdienst stattfindet, ohne Weiteres dem Schutzbereich des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB unterfällt (vgl. LK-StGB/Dippel, 12. Aufl., § 167 Rn. 19 f.; MünchKomm.StGB/Hörnle, 3. Aufl., § 167 Rn. 10; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 167 Rn. 7).

bb) Das Verhalten des Angeklagten stellte entgegen der Auffassung des Landgerichts auch einen beschimpfenden Unfug i. S. des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB dar.

aaa) Beschimpfender Unfug im Sinne dieser Vorschrift ist - wie auch das Landgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend angenommen hat - ein grob ungehöriges Verhalten, das die Missachtung der Heiligkeit oder der entsprechenden Bedeutung des Ortes in besonders roher Weise zum Ausdruck bringt (vgl. LK-StGB/Dippel, a. a. O., § 167 Rn. 22; Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 167 Rn. 13; MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O., § 167 Rn. 11; Fischer, a. a. O., § 167 Rn. 8). Hierfür reichen bloße Verstöße gegen gutes Benehmen oder Ungehörigkeiten, wie etwa ausgelassenes Herumtollen, das Abhalten eines Picknicks, das Liegenlassen von Abfällen und Ähnliches nicht aus (vgl. LK-StGB/Dippel, a. a. O.; MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O.; Fischer, a. a. O.). Als beschimpfender Unfug in Betracht kommen demgegenüber etwa sexuelle Handlungen (vgl. BGHSt 9, 140), Verwüstungen, Beschädigungen oder starke Verunreinigungen, das Beschmieren von Wänden mit Hakenkreuzen oder das Absingen pornographischer Lieder (vgl. LK-StGB/Dippel, a. a. O., § 167 Rn. 23; MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O.; Schönke/Schröder/Lenckner/Bosch, a. a. O.; Fischer, a. a. O.). Dabei ist es unerheblich, ob die Handlung von anderen in der Religionsausübung begriffenen Personen wahrgenommen wird; sie muss weder öffentlich noch im Beisein anderer Personen begangen werden, sondern nur nach außen erkennbar sein (vgl. LK-StGB/Dippel, a. a. O., § 167 Rn. 22; MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O.; Schönke/Schröder/ Lenckner/Bosch, a. a. O.; Fischer, a. a. O.). Maßgeblich ist daher auch nicht der Grad der Verärgerung gegebenenfalls anwesender Zeugen, sondern das Ausmaß der ausgedrückten Missachtung oder Verachtung aus der Perspektive eines hypothetischen besonnenen Beobachters (vgl. MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O.). Bei politisch oder künstlerisch motivierten Aktionen kommt es auf das Ausmaß der Verhöhnung, nicht auf das Selbstverständnis und die Motive der Aktivisten an (vgl. MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O.).

bbb) Ausgehend von diesen Maßstäben verübte der Angeklagte dadurch, dass er auf den Altar der katholischen Basilika St. Johann kletterte, dort Liegestützen ausführte und sich anschließend für wenige Sekunden mit in den Armen versenktem Kopf flach auf den Altar legte, beschimpfenden Unfug.

(1) Der Angeklagte hat durch dieses Verhalten aus der Sicht eines hypothetischen besonnenen Beobachters in einer besonders rohen und drastischen Art und Weise die Missachtung der religiösen Bedeutung des Altars zum Ausdruck gebracht. Dass der Angeklagte hierbei - wie das Landgericht gemeint hat - zurückhaltend ans Werk ging (angemessene Bekleidung, Betreten und Verlassen des Altarraums ruhigen Schrittes, Glattstreichen der Altardecke), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn dies ändert nichts daran, dass der Angeklagte seine Leibesübungen nicht etwa in dem Besuchern frei zugänglichen Bereich des Hauptschiffs der Kirche ausgeführt hat, sondern er sich hierzu in den für Kirchenbesucher abgesperrten Altarbereich begeben, er den Altar einer geweihten römisch-katholischen Kirche - den zentralen Ort der christlichen Eucharistiefeier, auf dem die Gaben (Brot und Wein) dargebracht werden und von dem aus der Gemeinde anschließend die Kommunion gereicht wird, der zugleich das Symbol des Leibes Christi darstellen soll und Inbegriff christlicher Glaubensvorstellungen ist (https://de.wikipedia.org/wiki/Altar; vgl. zur Berücksichtigung offenkundiger Tatsachen durch das Revisionsgericht aus allgemein zugänglichen zuverlässigen Quellen: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 244 Rn. 51, § 337 Rn. 25) - buchstäblich mit Füßen getreten und auf diesem, den Altar gleichsam als Unterlage für seine Leibesübungen benutzend, Liegestützen ausgeführt hat. Über einen bloßen Verstoß gegen gutes Benehmen oder eine bloße Ungehörigkeit geht das Verhalten des Angeklagten daher auch in Ansehung des Umstands, dass keine weiteren, religiöse Inhalte verhöhnenden Provokationen wie etwa sexuelle Handlungen, Beschädigungen oder politische Parolen hinzutraten, bei Weitem hinaus. Hinzu kommt - wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat -, dass der Angeklagte sein Verhalten mit einer von ihm eigens hierzu im Hauptschiff der Kirche aufgestellten Videokamera aufzeichnete, er den Altarraum quasi als Filmset nutzte und er die objektiv durch sein Handeln zum Ausdruck gebrachte Missachtung der religiösen Bedeutung des Ortes durch die Videoaufzeichnung noch perpetuierte.

(2) Der vom Landgericht angeführte Umstand, dass das Verhalten des Angeklagten Teil eines künstlerischen Schaffensprozesses gewesen sei, bei dem der Altar zu einem wesentlichen Element des von ihm erstellten Kunstwerks erhoben worden sei, ist für die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens schon deshalb ohne Bedeutung, weil dieser Aspekt aus der Sicht eines hypothetischen besonnenen Beobachters in dem Verhalten des Angeklagten in der Basilika St. Johann keinen Ausdruck fand (vgl. zur Ermittlung des Sinngehalts von Aussagen in künstlerischen Ausdrucksformen bei Beleidigungsdelikten: LK-Hilgendorf, a. a. O., § 185 Rn. 22; Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, a. a. O., § 185 Rn. 8a; vgl. auch zu höheren Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal des Beschimpfens in § 166 StGB bei künstlerischen Äußerungen: LK-Dippel, a. a. O., § 166 Rn. 40). Denn das Geschehen ging - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat - wortlos und ohne sonstige Kundgabe eines Gedankens des Angeklagten vonstatten, ohne dass sich einem um Verständnis bemühten Betrachter nach den Gesamtumständen erschlossen hätte, dass es sich bei den Handlungen des Angeklagten um eine künstlerische Betätigung handelte.

(3) Die Annahme des Landgerichts, dem Verhalten des Angeklagten den Ausdruck roher Gesinnung beizumessen sei schon deshalb ausgeschlossen, weil es vom Schutzbereich der verfassungsrechtlich gewährten Kunstfreiheit erfasst gewesen sei, geht fehl. Träfe dies zu, wäre jedem als beschimpfender Unfug an geheiligten Orten allgemein anerkannten Verhalten wie etwa der Ausübung sexueller Handlungen in einer Kirche oder dem Beschmieren von Kirchenwänden mit Hakenkreuzen die Tatbestandsmäßigkeit nach § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB abzusprechen, wenn es nur in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG fiele. Richtig ist vielmehr, dass - worauf sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen haben - dem Aspekt der Freiheit der Kunst regelmäßig - und so auch hier - nicht bereits im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens Rechnung zu tragen ist, sondern erst auf der Ebene der Rechtswidrigkeit, nämlich bei der Prüfung der Frage, ob ein tatbestandsmäßiges Verhalten durch die Wahrnehmung des Grundrechts der Freiheit der Kunst gerechtfertigt gewesen ist (vgl. Fischer, a. a. O., § 166 Rn. 16, § 193 Rn. 36; LK-Dippel, a. a. O., § 166 Rn. 33 mit Fußn. 83, Rn. 107; Schönke/Schröder/Lenckner/Eisele, a. a. O., § 185 Rn. 8a, § 193 Rn. 19).

b) Nach den getroffenen Feststellungen handelte der Angeklagte auch vorsätzlich.

aa) Der erforderliche Vorsatz muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale erstrecken, wobei bedingter Vorsatz genügt. Der Vorsatz muss sich demgemäß auf die herausgehobene Bestimmung des Ortes und den beschimpfenden Charakter der Handlung beziehen. Eine Beschimpfungsabsicht oder eine feindselige Einstellung gegen die Religionsgesellschaft sind hingegen nicht vorausgesetzt (vgl. LK-Dippel, a. a. O., § 167 Rn. 24; Fischer, a. a. O., § 167 Rn. 9; Schönke/Schröder/ Lenckner/Bosch, a. a. O., § 167 Rn. 14).

bb) Der Angeklagte wusste, dass es sich bei der katholischen Basilika St. Johann um eine geweihte Kirche handelt. Nach den Feststellungen kam es ihm darauf an, seine Liegestützen auf dem Altar einer geweihten Kirche auszuführen, und er hat die katholische Basilika St. Johann gerade deshalb ausgesucht, nachdem ihm zwei von ihm zuvor ausgesuchte Objekte (Ludwigskirche und Johanneskirche) ungeeignet erschienen waren. Dem Angeklagten war auch der beschimpfende Charakter seiner Handlung bewusst und er nahm dies billigend in Kauf. Mit seiner Videoinstallation mit dem Titel „pressure to perform“ wollte der Angeklagte seine kritische Haltung gegenüber dem Druck der Leistungsgesellschaft zum Ausdruck bringen, der nach seiner Ansicht nichts mehr heilig ist. Er wollte dem Betrachter vor Augen führen, wie sich Menschen unnatürlich in Situationen verhalten, in denen sie viel Druck von außen verspüren. Zu diesem Zweck führte der Angeklagte die Liegestützen auf dem Altar der Basilika St. Johann aus, um die hiervon gefertigte Videoaufzeichnung später öffentlich vorzuführen. In Verfolgung seiner künstlerischen Intention nahm es der Angeklagte daher in Kauf, die Missachtung der religiösen Bedeutung dieses Ortes in einer besonders drastischen, tabubrechenden und rohen Weise zum Ausdruck zu bringen, um seinem späteren Publikum auf diese Weise vor Augen zu führen, dass der Leistungsgesellschaft nichts mehr - selbst nicht der Altar einer geweihten Kirche - heilig sei.

c) Der Angeklagte handelte auch rechtswidrig. Insbesondere war sein Verhalten nicht durch die Wahrnehmung seines Grundrechts der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) gerechtfertigt.

aa) Allerdings unterfällt das tatbestandsmäßige Verhalten des Angeklagten - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - dem Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Kunstfreiheit. Unabhängig von der vom Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehobenen Schwierigkeit, den Begriff der Kunst abschließend zu definieren (vgl. BVerfGE 30, 173, 188 f.; 67, 213, 224 ff.), stellt die von dem Angeklagten erstellte Videoinstallation mit dem Titel „pressure to perform“ ein Kunstwerk dar, nämlich eine freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache, hier der Videoinstallation, zur Anschauung gebracht werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.02.2018 - 1 BvR 2112/15, juris Rn. 13 m. w. N.). Dass die Videoinstallation lediglich eine kurze Panoramaansicht von Saarbrücken und sodann das Geschehen in der Basilika St. Johann ab dem Moment, in dem der Angeklagte durch das Übersteigen der roten Kordel den Altarraum betrat und auf dem dortigen Altar Liegestützen ausführte, bis zum dem Moment, als er den Altarraum durch das Übersteigen der Kordel wieder verließ, zeigte, sie also ein unverfälschtes Abbild der Realität darstellte, steht dem nicht entgegen, da der Anspruch des Angeklagten, diese Wirklichkeit künstlerisch zu gestalten, in der bewussten Auswahl des Realitätsausschnitts und der filmischen Gestaltung zum Ausdruck kommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.02.2018 - 1 BvR 2112/15, juris Rn. 13). Dass der Angeklagte mit seiner Videoinstallation zugleich eine bestimmte Meinung zum Ausdruck bringen wollte, entzieht diese ebenfalls nicht dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Eine Meinung kann - wie es bei der sogenannten engagierten Kunst üblich ist - durchaus in künstlerischer Form wiedergegeben werden. Maßgeblich bleibt in diesem Fall Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, weil es sich um die spezielle Norm handelt (vgl. BVerfGE 75, 369 ff. - juris Rn. 19; 81, 278 ff. - juris Rn. 45). Von der Kunstfreiheit sind nicht nur die Präsentation des fertigen Videofilms in der Öffentlichkeit, sondern auch die mit seiner Erstellung verbundenen Vorgänge (sog. „Werkbereich“), also auch das hier tatbestandsmäßige Geschehen, umfasst (vgl. BVerfGE 119, 1 ff. - juris Rn. 63; BVerfG, Beschl. v. 08.02.2018 - 1 BvR 2112/15, juris Rn. 14).

bb) Auch kommt die Wahrnehmung des Grundrechts der Kunstfreiheit grundsätzlich als Rechtfertigungsgrund für ein nach § 167 StGB tatbestandsmäßiges Verhalten in Betracht (vgl. LK-Rönnau, a. a. O., Vor § 32 Rn. 138; LK-Dippel, a. a. O., § 166 Rn. 33, 107; Schönke/Schröder/ Lenckner/Sternberg-Lieben, a. a. O., Vorbem. §§ 32 ff. Rn. 79/80; Fischer, a. a. O., § 166 Rn. 16; Fahl, StraFo 2013, 1, 3; a. A.: MünchKomm.StGB/Hörnle, a. a. O., § 167 Rn. 13).

cc) Die Kunstfreiheit ist indes in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos gewährleistet. Die Schranken ergeben sich insbesondere aus den Grundrechten anderer Rechtsträger, aber auch aus sonstigen Rechtsgütern mit Verfassungsrang (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.02.2018 - 1 BvR 2112/15, juris Rn. 18 m. w. N.). Im vorliegenden Fall kollidiert das von dem Angeklagten wahrgenommene Recht der Kunstfreiheit mit dem ebenfalls nicht unter Gesetzesvorbehalt stehenden Recht der katholischen Kirchengemeinde St. Johann, ihrer Mitglieder sowie der ihre Kirche besuchenden Gläubigen auf ungestörte Religionsausübung nach Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG, dessen Schutz § 167 StGB dient (vgl. Fischer, a. a. O., § 167 Rn. 1; MünchKomm.StGB/ Hörnle, a. a. O., § 167 Rn. 1). Das den Tatbestand des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllende Verhalten des Angeklagten wäre daher nur dann durch die Wahrnehmung seines Rechts der Kunstfreiheit gerechtfertigt, wenn diesem aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Interessen der Vorrang vor dem Recht auf ungestörte Religionsausübung gebührte (vgl. BVerfGE 75, 369 ff. - juris Rn. 24; 81, 278 ff. - juris Rn. 49; LK-Rönnau, a. a. O., Vor § 32 Rn. 138; LK-Dippel, a. a. O., § 166 Rn. 41, 107; Fischer, a. a. O., § 166 Rn. 16). Das ist nicht der Fall.

aaa) Der Angeklagte hat dadurch, dass er auf den Altar der geweihten katholischen Basilika St. Johann stieg und auf diesem Liegestützen ausführte, in schwerwiegender Weise in das Recht auf ungestörte Religionsausübung eingegriffen. Denn ungeachtet seiner im Übrigen zurückhaltenden Vorgehensweise hat er durch diese Handlung den Altar als für den christlichen Glauben besonders bedeutsamen und dessen Ausübung zentralen Gegenstand in einer mit christlichen Wertvorstellungen nicht vereinbaren Weise für die Herstellung seiner Kunst zweckentfremdet und hat damit in den Kern der durch Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG geschützten Religionsausübung eingegriffen.

bbb) Die mit dem Verbot dieses Verhaltens verbundene Beschränkung der Kunstfreiheit des Angeklagten wiegt demgegenüber deutlich weniger schwer. Er ist hierdurch nur in einem marginalen Teil seines Rechts auf freie Ausübung der Kunst betroffen. Von dem Verbot ist nur die Herstellung der Videoinstallation auf die von dem Angeklagten bevorzugte, durch andere Handlungsmodalitäten ersetzbare Weise erfasst (vgl. Thüringer OLG NJW 2006, 1892 ff. - juris Rn. 14, 23). Seiner mit der Videoinstallation verfolgten Absicht, seine kritische Haltung gegenüber dem Druck der Leistungsgesellschaft, der nichts mehr heilig sei, zum Ausdruck zu bringen und dem Betrachter vor Augen zu führen, wie sich Menschen unnatürlich in Situationen verhalten, in denen sie viel Druck von außen spüren, hätte der Angeklagte ohne Weiteres auch dann Ausdruck verleihen können, wenn er seine Liegestützenperformance auf dem Altar einer entweihten Kirche oder auf einem nachgebauten Altar ausgeführt hätte.

ccc) Der scherwiegende Eingriff des Angeklagten in das Recht auf ungestörte Religionsausübung ist umso weniger gerechtfertigt, als es dem Angeklagten darauf, den Altar einer geweihten Kirche zu benutzen, nicht nur deshalb ankam, um seinem Werk dadurch einen besonderen Charakter zu verleihen, sondern hierfür auch monetäre Gründe, nämlich die Verringerung von Produktionskosten, maßgebend waren und die Gesellschaftskritik, die der Anklagte mit seiner Videoinstallation zum Ausdruck bringen wollte, keinen zwingenden, insbesondere keinen kritischen Bezug zur katholischen Kirche bzw. zum katholischen Glauben hatte.

d) Der Angeklagte handelte auch schuldhaft. Insbesondere befand er sich nicht in einem Verbotsirrtum (§ 17 StGB). Denn nach den in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen hielt es der Angeklagte nach seiner Einlassung zumindest für möglich, dass die Kunstfreiheit sein Verhalten nicht rechtfertigen würde, womit er sich jedoch abfand, um seine Videoinstallation dennoch schaffen zu können.

2. Revision des Angeklagten

a) Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Insbesondere ist die einmonatige Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO gewahrt. Zwar ist das angefochtene Urteil dem Verteidiger erstmals am 28.07.2017 zugestellt worden und ist die Revisionsbegründung des Verteidigers erst am 25.09.2017 beim Landgericht eingegangen. Maßgebend ist jedoch die am 24.08.2017 erfolgte erneute Zustellung des angefochtenen Urteils an den Verteidiger, so dass der Eingang der Revisionsbegründung am 25.09.2017, einem Montag, noch rechtzeitig war (§ 43 Abs. 2 StPO). Bei mehrfachen Zustellungen an denselben Empfangsberechtigten ist die erste Zustellung nur dann maßgebend, wenn ihr kein wesentlicher Mangel anhaftet, der sie unwirksam macht (vgl. BGH NJW 1978, 60 - juris Rn. 3; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 37 Rn. 29). Das war indes bei der am 28.07.2017 erfolgten ersten Zustellung des angefochtenen Urteils der Fall. Ein wesentlicher, zur Unwirksamkeit der Zustellung führender Mangel liegt unter anderem dann vor, wenn wesentliche Teile des zuzustellenden Schriftstücks fehlen (vgl. BGH, a. a. O.; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 37 Rn. 2; SK-Weßlau, StPO, 4. Aufl., § 37 Rn. 39). So verhielt es sich bei der am 28.07.2017 erfolgten Zustellung, da in der zugestellten Ausfertigung des angefochtenen Urteils die Seiten 4 bis 6, welche insbesondere die Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten sowie die in der Sache getroffenen Tatsachenfeststellungen enthalten, fehlten. Dass die zweite Zustellung des angefochtenen Urteils lediglich von der Geschäftsstelle veranlasst wurde, steht deren Wirksamkeit nicht entgegen, da die nach § 36 Abs. 1 Satz 1 StPO erforderliche Anordnung der Zustellung des Berufungsurteils an den Verteidiger bereits mit Verfügung des Vorsitzenden der Berufungskammer vom 26.07.2017 erfolgt war. Ist eine Zustellung - aus welchen Gründen auch immer - trotz ordnungsgemäßer Anordnung des Vorsitzenden nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden und erweist sie sich damit als unwirksam, bedarf es keiner erneuten Anordnung der Zustellung durch den Vorsitzenden. Vielmehr ist die Geschäftsstelle aufgrund der vorhandenen Anordnung des Vorsitzenden befugt, die Zustellung erneut zu bewirken (vgl. Löwe-Rosenberg/Graalmann-Scheerer, StPO, 27. Aufl., § 36 Rn. 12).

b) Die Revision des Angeklagten ist aber unbegründet.

Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin hat hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Hausfriedensbruchs keinen Rechtsfehler ergeben hat, der sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Insbesondere hat das Landgericht mit Recht angenommen, dass der von dem Angeklagten begangene Hausfriedensbruch nicht durch die Wahrnehmung seines Grundrechts der Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gerechtfertigt war. Der Auffassung des Verteidigers, aus denselben Gründen, aus denen das Landgericht schon den Tatbestand des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht als erfüllt angesehen hat, sei auch die Rechtswidrigkeit des Hausfriedensbruchs zu verneinen, vermag der Senat schon deshalb nicht beizutreten, weil er - wie ausgeführt - die Auffassung des Landgerichts, die tatsächlichen Voraussetzungen des § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB lägen nicht vor, nicht teilt.

3. Da der Angeklagte die Störung der Religionsausübung und den Hausfriedensbruch durch dieselbe Handlung verwirklicht hat, stehen sie zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB). Dementsprechend hat der Senat, da die Feststellungen vollständig und rechtsfehlerfrei getroffen worden sind, den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst geändert (vgl. BGH NStZ 1982, 27 - juris Rn. 12; NStZ 1997, 82 f. - juris Rn. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, a. a. O., § 354 Rn. 13-15; KK-StPO/Gericke, 7. Aufl., § 354 Rn. 12-15; Löwe-Rosenberg/Franke, StPO, 26. Aufl., § 354 Rn. 32).

4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs, da die angemessene Strafe nunmehr von dem neuen Tatgericht unter Zugrundelegung des - gegenüber dem Strafrahmen des § 123 Abs. 1 StGB - höheren Strafrahmens des § 167 Abs. 1 StGB zu bestimmen sein wird. Insoweit war das angefochtene Urteil daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 StPO) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Saarbrücken zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).


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