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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Unterschrift Empfangsbekenntnis, Referendar, Wirksamkeit, Zustellung

Gericht / Entscheidungsdatum: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2017 – OVG 3 N 137.16

Leitsatz: Ein Rechtsreferendar gehört nicht zum Kreis der in § 174 Abs. 1 ZPO genannten Personen. Darum kann er grundsätzlich Empfangsbekenntnisse nicht wirksam unterschreiben.


In pp.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 18. August 2016 wird verworfen.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist mangels fristgerechter Vorlage einer Antragsschrift, die von einer nach § 67 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 VwGO zur Prozessvertretung berechtigten Person unterschrieben ist, unzulässig. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Hierauf wurde der Kläger in der dem angefochtenen Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung hingewiesen.

1. Das angefochtene Urteil ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers gemäß § 56 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 174 Abs. 1 ZPO gegen Empfangsbekenntnis am 23. August 2016 zugestellt worden.

a) Das am 23. August 2016 an das Verwaltungsgericht per Telefax zurückgesandte Empfangsbekenntnis ist allerdings nicht vom anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers unterschrieben worden, sondern einem Rechtsreferendar, der dem Verfahrensbevollmächtigten nach dessen Angaben zur Ausbildung zugewiesen sei. Ein Rechtsreferendar ist ein Rechtskandidat im Vorbereitungsdienst (vgl. § 10 Abs. 1 Berliner JAG) und keine der in § 174 Abs. 1 ZPO genannten Personen, bei denen die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis zulässig ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers hat dem Rechtsreferendar zwar eine Generaluntervollmacht zur Wahrnehmung aller bei der Führung seiner Mandate und in der Kanzlei anfallenden Tätigkeiten erteilt, doch steht die Befugnis, eine Zustellung im Wege des anwaltlichen Empfangsbekenntnisses zu beurkunden, nur dem Rechtsanwalt und den weiteren in § 174 Abs. 1 ZPO Aufgeführten zu; sie ist ein Bestandteil der privilegierten Stellung, die ein Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege hat. Aus diesem Grund kann sie nicht in beliebiger Weise auf Nichtanwälte – weder auf Büropersonal noch außenstehende Dritte – übertragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 1994 – XII ZB 159/93 – juris Rn. 5). Der Rechtsreferendar des Verfahrensbevollmächtigten ist auch nicht nach § 53 Abs. 4 Satz 2 Alternative 2 BRAO als dessen Vertreter bestellt worden. Anderenfalls wäre im Hinblick auf § 53 Abs. 7 BRAO die Erteilung der Generalunteruntervollmacht überflüssig gewesen. Zudem ist der Rechtsreferendar dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ausweislich der Generaluntervollmacht zur Ausbildung zugewiesen worden, das heißt, nicht nach § 53 BRAO bestellt worden. Außerdem setzt die Bestellung nach § 53 BRAO voraus, dass der Rechtsanwalt länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will (§ 53 Abs. 1 BRAO). Der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers war nach eigenen Angaben in der 37. Kalenderwoche kanzleiabwesend, mithin nicht länger als eine Woche. Er hat auch nicht erklärt, beabsichtigt zu haben, sich für einen längeren Zeitraum von seiner Kanzlei zu entfernen.

b) Der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 26. September 2016 enthält das Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten. Ein Rechtsanwalt kann seinen Annahmewillen auf beliebige Weise schriftlich betätigen. Dies kann – auch rückwirkend (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juni 1961 – IV ZR 56/61BGHZ 35, 236 [239] und vom 13. Mai 1992 – VIII ZR 190/91 – juris Rn. 12) – in einem Schriftsatz geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2000 – XII ZB 211/99 – juris Rn. 10). Im Schriftsatz vom 26. September 2016, der mit seiner Unterschrift versehenen ist, hat der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, das angefochtene Urteil sei am 23. August 2016 zugestellt worden. Hiermit hat er bekundet, dass er an diesem Tag das Urteil entgegengenommen habe und zur Entgegennahme bereit gewesen sei. Der Empfangswille findet in der Formulierung „zugestellt am 23. August 2016“ sinnfälligen Ausdruck (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 – VIII ZR 190/91 – juris Rn. 13). Hiernach ist die Zustellung als an diesem Tag bewirkt anzusehen. Ein Empfangsbekenntnis erbringt als Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO grundsätzlich Beweis für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit die Zustellung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 – IX ZB 303/11 – juris Rn. 6).

2. Der Lauf der einmonatigen Frist nach § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO begann nach der – wie gezeigt – am 23. August 2016 erfolgten Zustellung am darauf folgenden Tag und endete mit Ablauf des 23. September 2016 (Freitag). Der innerhalb dieser Frist mit Schriftsatz vom 13. September 2016 übersandte Berufungszulassungsantrag ist nach Mitteilung des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zwar von ihm als Entwurf gefertigt worden, die Wahrung der Schriftform nach § 125 Abs. 1 in Verbindung mit § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO§ 125 Abs. 1 VwGO ist auch im Berufungszulassungsverfahren anzuwenden (vgl. Beschluss des Senats vom 15. Dezember 2005 – OVG 3 N 92.04 – juris Rn. 2) – erfordert, wenn wie hier eine der Ausnahmen, die für bestimmte moderne technische Kommunikationsformen anerkannt werden, nicht gegeben ist, grundsätzlich aber auch die eigenhändige Unterschriftsleistung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1961 – VI B 2 u. 7.61 – BVerwGE 13, 141 [142 f.] sowie Beschlüsse vom 25. August 1970 – I WB 136.69BVerwGE 43, 113 [114] und vom 27. Januar 2003 – 1 B 92/02, 1 PKH 12/02 – juris Rn. 4) durch einen nach § 67 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 VwGO zur Prozessvertretung Berechtigten (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. März 2001 – 12 ZC 01.513 – juris Rn. 2). Den Schriftsatz vom 13. September 2016 hat der dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zur Ausbildung zugewiesene Rechtsreferendar unterschrieben. Er zählt als Rechtskandidat im Vorbereitungsdienst nicht zu den Vertretungsberichtigen im Sinne von § 67 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 2 VwGO. Auch ist – wie dargelegt – nicht von einer Bestellung nach § 53 Abs. 4 Satz 2 Alternative 2 BRAO auszugehen. Der Schriftsatz vom 26. September 2016, der vom Verfahrensbevollmächtigten des Klägers unterzeichnet ist und einen weiteren Antrag auf Zulassung der Berufung enthält, ging am 28. September 2016 und damit – zudem entgegen § 124 a Abs. 4 Satz 2 VwGO beim Oberverwaltungsgericht – erst nach Fristablauf ein. Durch diesen Schriftsatz konnte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers, weil der Schriftsatz nicht fristgerecht übersandt wurde, die fehlende Postulationsfähigkeit des Rechtsreferendars auch nicht durch eine Genehmigung, die im erneut gestellten Zulassungsantrag zu sehen sein könnte, rückwirkend heilen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1990 – III ZR 142/89 – juris Rn. 19; BVerwG, Beschluss vom 30. August 2001 – 9 VR 6/01 – juris Rn. 5).

3. Dem Kläger ist hinsichtlich der Frist nach § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren. Er war nicht ohne sein Verschulden an den Einhaltung der Frist gehindert (§ 60 Abs. 1 VwGO). Er muss sich das schuldhafte Verhalten seines Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Der Hinweis des Verfahrensbevollmächtigten, er sei in der 37. Kalenderwoche kanzleiabwesend gewesen, verfängt schon deswegen nicht, weil er noch bis zum Freitag der folgenden Kalenderwoche den Berufungszulassungsantrag hätte stellen können. Der Umstand, dass nach seinen Angaben der Rechtsreferendar während seiner Abwesenheit den Schriftsatz mit dem Zulassungsantrag ausgedruckt, unterschrieben und an das Verwaltungsgericht gesandt habe, lässt das Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers nicht entfallen. Er hätte, sei es durch Anweisungen zur Wiedervorlage der Akten, sicherstellen müssen, dass fristgebundene Handlungen, für deren Ausführung in seiner Kanzlei Tätige nicht die erforderliche Vertretungsfähigkeit besitzen, von ihm selbst rechtzeitig vorgenommen werden. Übernimmt ein Rechtsanwalt eine Prozessvertretung, ist die Wahrung der prozessualen Fristen eine seiner wesentlichen Aufgaben. Dementsprechend ist er gehalten, alles ihm Zumutbare zur Einhaltung der Fristen zu tun und zu veranlassen (BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2008 – 5 B 42/08 – juris Rn. 6).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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