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Entscheidungen

StPO

Berufungsverwerfung. subjektive Vorwerfbarkeit,

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Dresden, Beschl. v. 13.12.2016 - 1 OLG 13 Ss 802/16

Leitsatz: Das Nichterscheinen in der Berufungshauptverhandlung kann einem Angeklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er in berechtigtem Vertrauen auf die Richtigkeit einer ärztlichen Diagnose und ggfs. eines ärztlichen Rates davon ausgeht, aus gesundheitlichen Gründen einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen zu können oder zu sollen, und zudem annehmen kann, das eingereichte Attest reiche aus, um ihn genügend zu entschuldigen.


In der Strafsache
gegen pp.

Verteidiger:
wegen Betruges
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Dresden am 13.12.2016 beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 28. Juni 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dresden zurückverwiesen.

Gründe:
Das Amtsgericht Dresden hat den Angeklagten mit Urteil vom 21. Oktober 2015 wegen Betruges in 587 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Dresden mit Urteil vom 28. Juni 2016 nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen, weil der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung zur Berufungshauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen sei. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Revision. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts,

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 28. Juni 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen.
Die - unbeschränkt eingelegte - Revision des Angeklagten ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen und Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts.

Die Verwerfung der Berufung des Angeklagten nach § 329 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 StPO durch das Landgericht hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

Der Tatrichter hat zwar - unter Hinzuziehung eines Sachverständigen - rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die vom Angeklagten vorgelegten ärztlichen Atteste keine „ausreichenden Hinweise für eine Flugunfähigkeit" des Angeklagten enthalten und sich ihnen „keine medizinisch stichhaltigen Gründe für eine Reiseunfähigkeit per Flugzeug" entnehmen lassen. Die aufgrund dessen getroffene Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei (objektiv) nicht genügend entschuldigt, ist deshalb nicht zu beanstanden.

Das Landgericht hat jedoch ersichtlich nicht bedacht, dass der Begriff der unentschuldigten Säumnis eine Pflichtverletzung auch in subjektiver Hinsicht voraussetzt (OLG Köln, VRS 97, 362; KG Berlin, Beschluss vom 29. März 1999 - 1 Ss 40/99; OLG Düsseldorf, StV 1985, 316 f.). Das Nichterscheinen kann daher einem Angeklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er in berechtigtem Vertrauen auf die Richtigkeit einer ärztlichen Diagnose und ggfs. eines ärztlichen Rates davon ausgeht, aus gesundheitlichen Gründen einen Gerichtstermin nicht wahrnehmen zu können oder zu sollen, und zudem annehmen kann, das eingereichte Attest reiche aus, um ihn genügend zu entschuldigen (OLG Köln, a.a.O.). Anhaltspunkte, dass vor-liegend das ärztliche Attest - etwa durch Vorspiegeln falscher Symptome oder Erstellen eines Gefälligkeitsattests - durch den Angeklagten erschlichen war und damit für ihn ein Vertrauenstatbestand ersichtlich nicht begründet werden konnte, liegen nicht vor. Gleichfalls kann dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden, dass das Gericht dem Angeklagten nach Vor-lage der ärztlichen Atteste in den Hauptverhandlungsterminen vom 10. und 14. Juni 2016 mit-geteilt hätte, dass diese nicht ausreichend seien, ihn hinreichend zu entschuldigen.

Wegen des bestehenden Vertrauens des Angeklagten auf die entschuldigende Wirkung der von ihm vorgelegten Atteste, durfte die Berufung des Angeklagten nicht nach § 329 Abs. 1 StPO verworfen werden. Das angefochtene Urteil war deshalb mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dresden zurückzuverweisen.
Für die neue Hauptverhandlung wird der Angeklagte jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bisherigen Atteste nicht ausreichend sind, sein Ausbleiben in der Berufungshauptverhandlung genügend zu entschuldigen.

Die Entscheidung erging einstimmig gemäß § 349 Abs. 4 StPO.


Einsender: RA R. Franek, 01159 Dresden

Anmerkung:


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