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Entscheidungen

StPO

Zeugenbeistand, Akteneinsichtsrecht, Vernehmungsprotokolle

Gericht / Entscheidungsdatum: KG, Beschl. v. 14.082.015 - 3 Ws 397/15

Leitsatz: Dem einem Zeugen nach § 68b StPO beigeordneten Rechtsanwalt steht ein Recht auf Akteneinsicht in die Vernehmungsprotokolle dieses Zeugen nicht zu.


Kammergericht
Beschluss
Geschäftsnummer: 3 Ws 397/15

In der Strafsache
gegen pp.
wegen Anstiftung zum Mord u. a.

hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 14. August 2015 beschlossen:

Die Beschwerde des Zeugen X gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Der Beschwerdeführer ist ein wichtiger Zeuge in dem Strafverfahren, das gegen insgesamt elf Angeklagte aus dem Rockermilieu geführt wird. Neun Angeklagte sollen einen Mord begangen haben, zwei weitere Angeklagte sollen dazu angestiftet haben.

Der Beschwerdeführer stand dem Mordopfer nahe und ist Augenzeuge der Tat. Er ist durch die Polizei fünfmal ausführlich vernommen worden, nämlich am 11. und 15. Januar sowie am 12., 13. und 17. Februar 2014. Über alle Vernehmungen sind schriftliche Protokolle erstellt worden. Die insgesamt 64 Protokollseiten sind vom Zeugen unterschrieben bzw. paraphiert worden.

Mit Antrag vom 2. Juli 2015 hat der Zeugenbeistand des Beschwerdeführers, Rechtsanwältin X, beantragt, Akteneinsicht in die Vernehmungsprotokolle zu erhalten. Die Rechtsanwältin hat darauf verwiesen, sie müsse den Inhalt der Vernehmungsniederschriften kennen, um ihren Mandanten dazu beraten zu können, ob er ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO geltend machen könne. Der Vorsitzende der Strafkammer hat den Antrag als durch den Zeugenbeistand im eigenen Namen gestellt angesehen und ihn mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde, welcher der Vorsitzende nicht abgeholfen hat. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Antragsteller und Beschwerdeführer ist, wie die Auslegung der Prozesserklärungen entsprechend § 300 StPO ergibt, der Zeuge X und nicht sein Zeugenbeistand. Es ist allgemein anerkannt, dass sich die Rechtsstellung des Zeugenbeistands aus der des Zeugen ableitet, so dass der Beistand keine eigenen Rechte als Verfahrensbeteiligter hat (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 253; KG NStZ 2008, 587; StV 2010, 298; OLG Hamburg NJW 2002, 1590; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl., § 68b Rn. 12 mwN). Er hat keine selbstständigen Antragsrechte, sondern darf nur für den Zeugen Anträge und Erklärungen anbringen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 68b Rn. 4).

Da der vom Zeugenbeistand im eigenen Namen gestellte Antrag und das Rechtsmittel mangels Antrags- bzw. Beschwerdebefugnis unzulässig wären, ist davon auszugehen, dass die Rechtsanwältin den Antrag auf die (beschränkte) Akteneinsicht nicht aus eigenem Recht und in eigenem Namen gestellt hat, sondern als Vertreterin des Zeugen X. Entsprechendes gilt für die Beschwerde.

2. Der Beschluss des Vorsitzenden über die Versagung der Akteneinsicht ist nach der Streichung von § 478 Abs. 3 Satz 2 StPO aF (Ausschluss der Anfechtung) durch das 2. Opferrechtsreformgesetz nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 304 Abs. 1 ff. StPO anfechtbar (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 2014 – 3 Ws 264/14 –; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 478 Rn. 4; aA KG [4. Strafsenat] StV 2014, 279).

3. Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet, weil der beschwerdeführende Zeuge keinen Anspruch auf Einsicht in die Protokolle seiner polizeilichen Vernehmungen hat. Für ein derartiges Recht besteht keine (durchgreifende) spezialgesetzliche Grundlage, und es ergibt sich auch nicht aus der entsprechenden Anwendung positiven Prozessrechts. Schließlich kann der Beschwerdeführer sein Gesuch auch nicht aus grundrechtlich geschützten Rechtspositionen herleiten.

a) Dem Beschwerdeführer steht ein Akteneinsichtsrecht nicht nach § 475 Abs. 1 und Abs. 2 StPO zu. Zwar kann nach dieser Vorschrift ein Zeugenbeistand für den Zeugen als „Privatperson“ im Grundsatz Auskünfte aus den Akten bzw. Akteneinsicht verlangen, wenn der Zeuge ein berechtigtes Interesse daran hat.

Ungeachtet ob das Anliegen des Beschwerdeführers in diesem Sinne „berechtigt“ ist, stünde dem subjektiven Recht auf Einsicht in die Vernehmungsniederschriften hier jedoch § 477 Abs. 2 Satz 1 StPO entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Akteneinsicht zu versagen, wenn ihr Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Zentraler Zweck des Strafverfahrens ist das Untersuchungsziel (vgl. Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO 26. Aufl., § 477 Rn. 3), nämlich die Ermittlung der Wahrheit.

Die Ermittlung der Wahrheit würde gefährdet, wenn der Beschwerdeführer Einsicht in die Niederschriften seiner früheren Vernehmungen erhielte.

aa) Es entspricht herrschender und nahezu einhelliger Meinung, dass es den Untersuchungszweck gefährden kann, wenn „private“ (nicht: polizeiliche) Zeugen Einsicht in die Niederschriften ihrer früheren Vernehmungen erhalten. So vertritt Erb (in Löwe-Rosenberg aaO, § 163a Rn. 104) die Auffassung, der Überlassung einer Protokollabschrift an Zeugen werde „vielfach eine Gefährdung des Untersuchungszwecks entgegenstehen, weil zu befürchten sein kann, dass sich der Zeuge in späteren Vernehmungen hieran orientiert“. Auch Griesbaum (in Karlsruher Kommentar, StPO 6. Aufl., § 163a Rn. 36) formuliert: „Einem Zeugen wird in der Regel keine Abschrift seiner Vernehmungsniederschrift zu überlassen sein, weil sonst die Gefahr besteht, dass er bei späteren Vernehmungen nur den vorher auswendig gelernten Inhalt der früheren Niederschrift, nicht aber das Ergebnis seiner jeweiligen Erinnerung zur Zeit der erneuten Vernehmung wiedergibt“ (weggelassen in der 7. Auflage). Ähnlich formuliert Zöller (in HK-StPO, 5. Aufl., § 163a Rn. 27): „Der Zeuge erhält regelmäßig keine Abschrift. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass er bei einer späteren Vernehmung lediglich den Inhalt des Protokolls wiedergibt, anstatt seiner Erinnerung gemäße Angaben zu machen.“ Dass die Übergabe der Abschrift des Vernehmungsprotokolls regelmäßig zur Gefährdung des Untersuchungszwecks führt, vertreten weiterhin Joecks (StPO, § 163a Rn. 13), Walther (in AnwK-StPO, 2. Aufl., § 163a Rn. 29) und Plöd (in KMR, StPO 72. EL, § 163a Rn. 24). Zum selben Ergebnis kommen schließlich auch Ziegler/Vordermayer (in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, § 163a Rn. 31), die pointiert formulieren: „Eine Wiedergabe von auswendig Gelerntem ist nicht hilfreich.“

bb) Die von der Kommentarliteratur gegen die Übergabe einer Vernehmungsniederschrift vorgebrachten Bedenken einer psychologischen Perpetuierung des Niedergelegten und der Gefahr, der Zeuge werde bei nachfolgenden Vernehmungen lediglich den Protokollinhalt rekapitulieren, trifft auch hier zu. Denn der Beschwerdeführer wird über einen ausgesprochen unübersichtlichen, komplexen Sachverhalt zu berichten haben. Gegenstand der Vernehmung wird nicht nur das Geschehen am Tattag sein, sondern die gesamte verzweigte Vorgeschichte der Mordtat und namentlich die Befehls- und Hierarchiestrukturen der betroffenen Szene und ihres kriminellen Umfelds. Dass der Zeuge um sein Leben fürchten muss, erhöht noch die Wahrscheinlichkeit einer minutiösen Vorbereitung und damit der gegebenenfalls sachwidrigen Verfestigung und Einübung des Protokollinhalts.

cc) Dem steht nicht entgegen, dass es die Rechtsprechung als zumindest unproblematisch ansieht, wenn sich polizeiliche Zeugen „im Wege der vorherigen Durchsicht ihrer Ermittlungsunterlagen auf die Vernehmung intensiv vorbereiten“ (vgl. etwa BGHR StPO § 261 Inbegriff der Verhandlung; StV 2015, 92). Bei polizeilichen Zeugen wird es regelmäßig als ausgeschlossen angesehen, dass sie durch Einsicht in die von ihnen gefertigten Unterlagen, zu der sie – anders als Privatpersonen – sogar verpflichtet sein können, um sich nicht der Gefahr eines fahrlässigen Falscheids auszusetzen (vgl. Fischer, StGB 62. Aufl., § 161 Rn. 6 mwN), den Untersuchungszweck gefährden könnten (vgl. KG NStZ 2008, 587 [Volltext bei juris]; MüKoStPO/Maier, § 68b Rn. 30). Sie haben vor allem dann besonderen Anlass zur Vorbereitung der Hauptverhandlung, wenn ihre Aussage Sachverhalte betrifft, die angesichts der Routine polizeilicher Ermittlungstätigkeit einer besonderen Verwechslungsgefahr unterliegen, weil sie im polizeilichen Alltag in ähnlicher Weise wiederholt erlebt werden. Eine derart spezifische Gefahr, Erlebtes zu verwechseln und damit unbeabsichtigt die Unwahrheit zu sagen, gibt es beim Beschwerdeführer nicht.

b) Ein Anspruch auf Einsicht in die Vernehmungsniederschriften ergibt sich auch nicht aus § 68b StPO. Wie unter 1. dargelegt, ist anerkannt, dass der Zeugenbeistand, der kein Verfahrenbeteiligter ist, nicht zur Akteneinsicht befugt ist (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 253; KG NStZ 2008, 587; StV 2010, 298; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl., § 68b Rn. 12 mwN; aA Senge in Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl., § 68b Rn. 8 mwN). Wegen seiner derivativen Rechtsstellung stehen dem Zeugenbeistand, abgesehen von dem in § 68b StPO ausdrücklich bezeichneten Anwesenheitsrecht und damit unmittelbar zusammenhängender Befugnisse, keine Verfahrensrechte zu, die über diejenigen des Zeugen hinausgehen. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber zwischen dem Zeugen und seinem Beistand eine Erörterung inhaltlicher Fragen nicht gewollt hat. Erhielte der Zeugenbeistand auch nur in die Vernehmungsprotokolle Einsicht, so ließe sich eine Einflussnahme kaum ausschließen (vgl. MüKoStPO/Maier, § 68b Rn. 30). Die Einschätzung des Beschwerdeführers, „die Vorbereitung der Vernehmungssituation anhand der Vernehmungsprotokolle wäre (…) der Wahrheitsfindung förderlich“, lässt hier zudem konkret besorgen, dass die begehrte Akteneinsicht nicht nur der Sicherung von Zeugenrechten, sondern der inhaltlichen Erörterung des Beweisstoffs dienen könnte.

c) Dem Zeugenbeistand steht auch nicht das in § 147 StPO festgeschriebene Akteneinsichtsrecht des Verteidigers zu; eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheidet aus.

Die in § 147 StPO geregelte Akteneinsichtsbefugnis ergibt sich aus dem spezifischen Schutzbedürfnis des Beschuldigten, dem Waffengleichheit gewährt werden soll (vgl. OLG Naumburg DAR 2013, 37). Bereits die durch den Gesetzgeber gesondert und ausdrücklich geregelten Akteneinsichtsbefugnisse der Prozessbevollmächtigten des Privatklägers in § 385 Abs. 3 StPO, des Nebenklägers in § 406e StPO, des Einziehungs- oder Verfallsbeteiligten in §§ 434 Abs. 1 Satz 2, 442 Abs. 1 StPO sowie der bußgeldbeteiligten juristischen Personen und Personenvereinigungen in § 444 Abs. 2 Satz 2 StPO zeigen, dass auch keine Regelungslücke besteht. Diesen speziellen Regelungen steht zudem § 68b StPO gegenüber, der zwar das Anwesenheitsrecht des Zeugenbeistands ausdrücklich bestimmt, sich aber zum Akteneinsichtsrecht nicht verhält. Dass § 147 StPO eine grundlegend andere Regelungsmaterie betrifft, zeigt sich auch daran, dass der Zeugenbeistand, anders als der Verteidiger in Bezug auf den Beschuldigten, den Zeugen weder in der Aussage vertreten noch auf den Aussageinhalt Einfluss nehmen darf. Würde der Zeugenbeistand die Akten kennen, wäre eine derartige Beeinflussung kaum auszuschließen (vgl. Maier in Münchener Kommentar, aaO, § 68b Rn. 30), und der prozessrechtstreue Zeugenbeistand könnte in erhebliche Interessenkonflikte geraten.

Nicht überzeugen kann in dem Zusammenhang die Einschätzung des Beschwerdeführers, die Beratung des Zeugen sei „in vielen Fällen die Vorbereitung der Verteidigung“ und könne nur „effektiv ausgeführt und vorbereitet werden, wenn dem Zeugenbeistand zumindest die Aktenteile bekannt sind, die den Zeugen unmittelbar betreffen“. Eine derartige, gleichsam akquisititorische Sicht wird weder der eng begrenzten Aufgabe des Zeugenbeistands noch der Stellung des Zeugen als Beweisperson gerecht.

d) Der Beschwerdeführer kann Einsicht in die Niederschriften seiner Vernehmung auch nicht nach § 406e StPO verlangen. Er ist nicht Verletzter der angeklagten Taten.

Auch auf eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift kann das Akteneinsichtsgesuch nicht gestützt werden. Es besteht insoweit keine Regelungslücke, und die betroffenen Bereiche sind wesensverschieden. Dass der Beschwerdeführer die Angeklagten durch seine Aussage möglicherweise belasten wird und deshalb berechtigt um sein Leben fürchtet, gibt allen Anlass, ihn hoheitlich zu schützen; es macht ihn aber prozessual weder zum Verletzten noch verschafft es ihm eine mit diesem vergleichbare verfahrensrechtliche Position.

e) Das Gesuch um Einsicht in die Vernehmungsniederschriften kann auch nicht auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gestützt werden. Allerdings betrifft das Gesuch ausschließlich solche Bekundungen, deren Urheber der Beschwerdeführer ist und die er durch Unterschriften oder Paraphen als eigene Erklärungen gekennzeichnet hat. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist aber durch § 477 StPO, dessen amtliche Überschrift „Datenübermittlung- und verwendung“ lautet, in zulässiger Weise beschränkt. § 477 Abs. 2 StPO stellt, wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt (vgl. NJW 1984, 419), eine verfassungsgemäße gesetzliche Eingriffsgrundlage dar, und die Vorschrift entspricht dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit und der Normenklarheit. Die Begrenzung des Akteneinsichtsrechts durch die Zwecke des Strafverfahrens und namentlich durch den Untersuchungszweck ist sachlich begründet.

f) Ein Anspruch auf Einsicht in die Vernehmungsniederschriften ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Nemo-tenetur-Grundsatz, der grundrechtsgleich ist und dem Verfassungsrang zukommt. Ausfluss dieses Grundsatzes ist das Auskunftsverweigerungsrecht des § 55 StPO. Der Nemo-tenetur-Grundsatz verlangt, dass der Zeuge selbstständig und sachgerecht über die Ausübung oder Nichtausübung des Auskunftsverweigerungsrechts entscheiden kann (vgl. BVerfGE 38, 105). Der nach § 68b StPO mandatierte oder beigeordnete Rechtsbeistand soll dem Zeugen um der Chancengleichheit willen daher die Möglichkeit sichern, seine prozessualen Befugnisse umfassend und sachgerecht wahrzunehmen (vgl. BVerfGE aaO).

Auch unter Anlegung dieser Maßstäbe gibt der Nemo-tenetur-Grundsatz keinen Anlass, dem Beschwerdeführer über seinen Rechtsbeistand Einsicht in die Vernehmungsprotokolle zu gewähren. Es ist zwar zutreffend, dass die Möglichkeiten des Zeugenbeistands, seinen Mandanten zu beraten, durch die Einsicht in die Vernehmungsprotokolle verbessert würden. Das vom Gesetz in § 68b StPO vorgesehene Leitbild ist jedoch, dass der Beistand den Zeugen auf der Grundlage dessen berät, was dieser erlebt hat und ihm berichtet. Das betrifft sowohl das tatsächliche als auch das prozessuale Geschehen. In aller Regel – und auch hier – ist nicht ersichtlich, dass auf der Grundlage dieses Informationsflusses die vom Bundesverfassungsgericht verlangte umfassende und sachgerechte Beratung ausgeschlossen wäre. Ob zum Beispiel in dem – eher theoretischen – Fall, dass der Zeuge in Bezug auf seine frühere Vernehmung von einer Amnesie betroffen ist, etwas anderes gelten könnte, muss hier nicht entschieden werden. Die vom Zeugenbeistand – nachvollziehbar – dargelegte Angststörung ist hiervon jedenfalls grundsätzlich verschieden und nicht geeignet, Zweifel daran zu wecken, dass die Informationen in der erforderlichen Klarheit übermittelt werden. Entsprechendes gilt für die Einschätzung des Rechtsmittelführers, ihm sei eine „genaue Erinnerung“ an die Vernehmungen „wegen der damit einhergehenden zeitlichen und emotionalen Belastung“ nicht möglich. Der Senat kann diese Würdigung nachvollziehen. Die vollständige Rekonstruktion der Vernehmung ist aber für die sachgerechte Entscheidung, ob ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht, nicht erforderlich, und sie ist, wie die oben zitierte Kommentarliteratur zu den aussagepsychologischen Folgen der Aushändigung von Vernehmungsniederschriften zeigt, meist auch nicht im Interesse des Untersuchungszwecks.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Einsender: RiKG K- P. Hanschke, Berlin

Anmerkung:


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