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Entscheidungen

OWi

Letztes Wort, Betroffener, Bußgeldverfahren

Gericht / Entscheidungsdatum: OLG Celle, Beschl. v. 25.06.2015 - 2 Ss (OWi) 165/15

Leitsatz: Macht der Verteidiger nach dem letzten Wort des Angeklagten/Betroffenen noch einmal weitere Ausführungen, muss dem Angeklagte/Betroffenen noch einmal das letzte Wort erteilt werden.


Oberlandesgericht Celle
Beschluss
2 Ss (OWi) 165/15
In der Bußgeldsache
gegen pp.
Verteidiger
wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit
hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle nach Anhörung
der Generalstaatsanwaltschaft durch den Richter am Oberlandesgericht am 24. Juni 2015 beschlossen:

1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hildesheim vom 12. Marz 2015 wird zugelassen.
2. Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechts-beschwerde - an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Hildesheim zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil wegen „fahrlässigen Nichteinhaltens des Mindestabstandes von 50 m zu einem vorausfahrenden Fahrzeug als Führer eines Lastkraftwagens auf einer Autobahn bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h" zu einer Geldbuße von 80 € verurteilt.

Dem Urteil liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Die Hauptverhandlung wurde in Anwesenheit des Betroffenen durchgeführt. Nach dem Schluss der Beweisaufnahme erhielten der Betroffene sowie sein Verteidiger zu ihren Aus-führungen und Anträgen das Wort. Der Verteidiger beantragte die Einstellung des Verfahrens. Der Betroffene hatte das letzte Wort und erklärte, er schließe sich seinem Verteidiger an. Danach ergriff erneut der Verteidiger das Wort und beantragte ergänzend und hilfsweise, lediglich eine Geldbuße von 39 € gegen den Betroffenen zu verhängen. Sodann wurde das Urteil gegen den Betroffenen verkündet.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Mit seiner Rechtsbeschwerde rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechtes. insbesondere rügt er mit der Verfahrensrüge die Verletzung von § 326 Satz 2 StPO

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Zulassungsantrag als unbegründet zu verwerfen,

II.
1. Nach § 80 Abs. 1. Abs. 2 OWiG kann die Rechtsbeschwerde bei weniger bedeutsamen Ordnungswidrigkeiten, bei denen sie grundsätzlich ausgeschlossen ist, nur ausnahmsweise zugelassen werden; und zwar dann. wenn dies zur Fortbildung des materiellen Rechtes (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 2 OWiG) erforderlich ist oder die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs geboten ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).

Hier führt letztgenannte Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) zur Zulassung der Rechtsbeschwerde.

2. Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben. denn sie genügt den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 3, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG. § 344 Abs., 2 Satz 2 StPO ergebenden formellen Darstellungsanforderungen. Soweit der Betroffene allerdings die Verletzung von § 326 Satz 2 StPO rügt, geht dies hier fehl, denn § 326 StPO ist nur auf das Berufungsverfahren anwendbar. Dies führt indes noch nicht zur Unzulässigkeit der Verfahrensrüge. denn die Begründung der Rechtsbeschwerde ist auslegungsfähig, wobei es hierbei nicht auf den Wortlaut. sondern auf den Sinn der Rüge ankommt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl.. § 344 Rdnr. 11). Bei verständiger Ausregung der Verfahrensrüge ist davon auszugehen, dass der Betroffene die Nichterteilung des letzten Wortes in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht und damit die Verletzung von § 258 Abs. 3 StPO rügen will. Die so verstandene Verfahrensrüge ist auch entsprechend den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt, insbesondere bedarf es keines Vortrages dazu, was der Angeklagte in dem letzten Wort vorgebracht hatte (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 258 Rdnr. 33 m.w.N.; Ott in KK-StPO. 7. Aufl.. § 258 Rdnr, 34).

3. Die Verfahrensrüge ist auch begründet, denn ausweislich der - mit der Rechtsbeschwerde vorgetragenen - Sitzungsniederschrift hat der Angeklagte nach den nochmaligen Ausführungen seines Verteidigers nicht erneut das letzte Wort erhalten. Eine Verletzung des § 258 StPO begründet zugleich eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. Ott a. a. 0. Rdnr 32). Zwar ist die Verletzung von § 258 kein absoluter Revisionsgrund. das Beruhen des Urteils bei einem solchen Verstoß kann jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen ausgeschlossen werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, § 258 Rdnr. 34 m. w. N.). Das Beruhen kann hier nicht ausgeschlossen werden, weil der Betroffene den gegen ihn erhobenen Vorwurf bestritten hat und es daher jedenfalls möglich erscheint. dass er zum Schuldvorwurf erneut Stellung genommen und möglicherweise weitere für die Beweiswürdigung maßgebliche, ihn entlastende Umstände vorgebracht hätte.


Einsender: RA Wiesemann, Northeim

Anmerkung:


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