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Entscheidungen

Verwaltungsrecht

Entziehung, Fahrerlaubnis, Drogenscreening

Gericht / Entscheidungsdatum: VGH Bayern, Beschl. v. 27.02.2015 - 11 CS 15.145

Leitsatz: Wer während eines Drogenkontrollprogramms trotz ausdrücklichen Hinweises auf eine mögliche Beeinflussung des Untersuchungsergebnisses mohnhaltige Nahrungsmittel verzehrt, behindert die Aufklärung einer behaupteten Drogenabstinenz in vorwerfbarer Weise.


In pp.
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Entzugs seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L, M und S wegen Nichtbeibringung eines Fahreignungsgutachtens.

Am 30. Januar 2009 fanden Polizeikräfte bei der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers und seines Lebensgefährten diverse Betäubungsmittel (u.a. Ecstasy, Marihuana, Spice, LSD). Mit Urteil vom 11. November 2009 sprach das Amtsgericht München den Antragsteller des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln schuldig und verhängte eine Geldstrafe. In der mündlichen Verhandlung hatte der Antragsteller angegeben, "seit dem Vorfall" keine Drogen mehr zu konsumieren.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, innerhalb von 13 Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen, das ein Drogenkontrollprogramm in Form von mindestens sechs Urinscreenings beinhalte. Bei Nichtwahrnehmung von Terminen, Abbruch oder Behinderung des Programms oder Manipulation der Untersuchung gehe die Antragsgegnerin von der Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen aus.

Nach einem ersten Urinscreening am 2. Oktober 2013, bei dem keine Drogensubstanzen festgestellt wurden, teilte die Begutachtungsstelle für Fahreignung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 9. Januar 2014 mit, sie habe das Programm gemäß den Vertragsbedingungen vorzeitig beendet, da beim zweiten Urinscreening am 18. Dezember 2013 erhöhte Opiate (54 ng/ml Morphin) festgestellt worden seien.

Einen Bescheid vom 6. Mai 2014, mit dem die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen hatte, weil davon ausgegangen werden müsse, dass er weiterhin Betäubungsmittel konsumiere, nahm die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. Juli 2014 zurück, nachdem der Antragsteller an Eides statt versichert hatte, vor der Urinabnahme Mohnschnecken und Mohnstollen konsumiert zu haben, und die Begutachtungsstelle für Fahreignung der Antragsgegnerin daraufhin mit Schreiben vom 8. Juli 2014 mitgeteilt hatte, die gefundene Morphinkonzentration sei theoretisch mit dem Konsum von Mohngebäck erklärbar.

Mit Bescheid vom 22. Oktober 2014 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller erneut die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Nr. 1), verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Abgabe des Führerscheins (Nrn. 2 und 3) und ordnete hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins die sofortige Vollziehung an (Nr. 4). Die Antragsgegnerin sei berechtigt, aus dem Verhalten des Antragstellers auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen. Der Antragsteller habe durch den Konsum von Mohnprodukten den Nachweis einer einjährigen Abstinenz vereitelt und somit an der Aufklärung der Eignungszweifel nicht mitgewirkt. Er könne das geforderte Gutachten nicht mehr fristgerecht beibringen.

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2014, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 29. Dezember 2014, hat das Verwaltungsgericht München den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2014 abgelehnt. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins und des insoweit angedrohten Zwangsgelds sei der Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der Antragsteller den Führerschein bereits vor Klageerhebung abgegeben habe. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Der Antragsteller sei nicht mehr in der Lage, das von ihm zu Recht geforderte medizinisch-psychologische Gutachten fristgemäß beizubringen, weil die von ihm beauftragte Untersuchungsstelle das Drogenkontrollprogramm aufgrund des Morphinfundes in der Urinprobe abgebrochen habe. Der Antragsteller habe durch ein ausschließlich ihm zuzurechnendes Verhalten Umstände geschaffen, die es nicht mehr erlaubt hätten, aus dem Befund des Screenings eindeutige Schlüsse zu ziehen. Die Begutachtungsstelle habe ihn vor Beginn des Screenings in einem Merkblatt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er während des Programms bestimmte Nahrungsmittel, unter anderem mohnhaltige Produkte, nicht verzehren dürfe. Es könne von ihm verlangt werden, diese Hinweise mit Sorgfalt durchzulesen und zur Kenntnis zu nehmen. Es sei auch allgemein und insbesondere bei Drogenkonsumenten bekannt, dass mohnhaltige Lebensmittel zu Morphinbefunden führen könnten.

Mit Schreiben vom 9. Januar 2015, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am Dienstag, 13. Januar 2015, reichte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Beschwerde gegen den Beschluss ein. Nach Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs auf den Beschwerdeeingang nach Fristablauf beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung der auf den Sofortvollzug des Entzugs der Fahrerlaubnis beschränkten Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt, lässt der Antragsteller im Wesentlichen vortragen, er habe sich weder geweigert, sich untersuchen zu lassen, noch komme der Verzehr von Mohngebäck einer Beweisvereitelung gleich. Er habe den Inhalt des ihm übersandten Merkblatts lediglich vergessen oder das Merkblatt vielleicht auch nicht wirklich gelesen. Seine Nachlässigkeit sei keine bewusste oder gar planmäßige Vereitelung des Drogenkontrollprogramms. Die Begutachtungsstelle hätte die Untersuchung am 18. Dezember 2013 absetzen und ihm einen neuen Termin geben müssen, da er vor der Urinabgabe auf den Verzehr von Mohnbackwaren hingewiesen und somit von vornherein festgestanden habe, dass das Ergebnis nicht brauchbar sei. Für die Begutachtungsstelle und die Antragsgegnerin habe kein Anlass bestanden, das Drogenkontrollprogramm zu beenden. Er habe dessen Abbruch nicht zu vertreten und sei nach wie vor bereit, das Programm fortzusetzen. Es bestehe auch kein dringendes öffentliches, die Interessen des Antragstellers überwiegendes Interesse an der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis. Der Antragsteller sei seit dem 30. Januar 2009 nicht mehr durch Betäubungsmittelkonsum aufgefallen und habe alles getan, damit das Drogenkontrollprogramm so bald wie möglich wieder aufgenommen werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen und auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Zwar endete die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die am 29. Dezember 2014 zugestellte Entscheidung am Montag, 12. Januar 2015 (§ 147 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1, Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Ausweislich des Eingangsstempels des Verwaltungsgerichts auf dem Beschwerdeschriftsatz vom 9. Januar 2015 ist dieser dort erst am 13. Januar 2015 und damit einen Tag nach Ablauf der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingegangen. Dem Antragsteller ist jedoch gemäß § 60 Abs. 1 VwGO die rechtzeitig beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Beschwerdeeinlegung zu gewähren.

Es liegt allein im Verantwortungsbereich des Rechtsmittelführers, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß zur Post zu geben, dass es das Gericht bei normalem Verlauf fristgerecht erreichen kann. Hat er dafür Sorge getragen, darf er allerdings darauf vertrauen, dass die gewöhnlichen Postlaufzeiten eingehalten werden. Verzögerungen der Briefbeförderung oder -zustellung durch die Deutsche Post AG dürfen ihm nicht als Verschulden angerechnet werden. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob eine eingetretene Verzögerung auf einer verminderten Dienstleistung der Post, etwa am Wochenende, beruht (BVerfG, B.v. 25.9.2000 - 1 BvR 2104.99 - NJW 2001, 1566; BVerwG, U.v. 20.6.2013 - 4 C 2.12 - BVerwGE 147, 37 u. v. 18.9.2014 - 5 C 18.13 - [...] Rn. 12 ff.).

Gemessen daran war der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Beschwerdefrist einzuhalten. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Deutsche Post AG im Bundesgebiet werktags aufgegebene und korrekt adressierte Postsendungen am folgenden Werktag ausliefert. Nach Angaben der Deutschen Post erreichen 94 % der Briefe innerhalb Deutschlands nach einem Tag ihr Ziel (https://www.deutschepost.de/de/q/qualitaet_gelb.html#laufzeiten). Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass er die Beschwerde in einem korrekt adressierten und frankierten Umschlag am Freitag, den 9. Januar 2015, gegen 18:00 Uhr in den Briefkasten am Rosenheimer Platz 1 in München eingeworfen hat. Nachdem dieser Briefkasten sowohl mit einer Leerung am Samstag als auch am Sonntag gekennzeichnet war und das Briefkuvert einen Poststempel vom 10. Januar 2015 trägt, durfte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers davon ausgehen, dass die innerhalb des Stadtgebiets zuzustellende Sendung mit der Beschwerde am Montag, den 12. Januar 2015, noch fristgemäß beim Verwaltungsgericht München eingeht.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist vorgetragenen Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), lassen nicht erkennen, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis und der insoweit angeordnete Sofortvollzug rechtswidrig wären.

a) Wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt, ist im Regelfall zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet (§ 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Anlage 4 Nr. 9.1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr [Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV] vom 18.12.2010 [BGBl S. 1980], zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.12.2014 [BGBl I S. 2213]). Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis (§ 46 Abs. 6 Satz 1 FeV).

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn zu klären ist, ob der Betroffene noch betäubungsmittelabhängig ist oder - ohne abhängig zu sein - weiterhin Betäubungsmittel einnimmt. Die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt allerdings, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht (§ 11 Abs. 7 FeV).

b) Der Anordnung der Antragsgegnerin zur Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens hat sich der Antragsteller nicht widersetzt. In seiner Wohnung hatten Polizeikräfte am 30. Januar 2009 verschiedene Betäubungsmittel (u.a. Ecstasy, Marihuana, Spice, LSD) gefunden, deren Konsum der Antragsteller eingeräumt hatte. Grundsätzlich hätte dieser Konsum harter Drogen auch ohne Klärung der Fahreignung durch Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens den zeitnahen Entzug der Fahrerlaubnis gerechtfertigt (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 7 FeV und Anlage 4 Nr. 9.1). Ausschließlich wegen der seit dem Drogenfund verstrichenen Zeit und der vom Antragsteller behaupteten Abstinenz konnte die Antragsgegnerin im Jahre 2013 nicht mehr ohne Weiteres von seiner Fahrungeeignetheit ausgehen, sondern war gehalten, den Antragsteller im Hinblick auf eine etwaige Wiedererlangung der Fahreignung (vgl. Anlage 4 Nr. 9.5 zur FeV) zunächst zu einem engmaschigen, behördlich überwachten Drogenscreening mit anschließender medizinisch-psychologischer Untersuchung aufzufordern (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2005 - 11 CS 04.2526 - BayVBl 2006, 18 ff.; B.v. 4.2.2009 - 11 CS 08.2591 - [...] Rn. 16 ff.; B.v. 17.6.2010 - 11 CS 10.991 - [...] Rn. 21 ff.; OVG LSA, B.v. 1.10.2014 - 3 M 406.14 - [...] Rn. 15 f.; a.A. VGH BW, B.v. 7.4.2014 - 10 S 404.14 - NJW 2014, 2517 Rn. 10, wonach im Rahmen eines Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens ohne Beachtung einer "verfahrensrechtlichen" Jahresfrist bzw. sonstiger starrer zeitlicher Vorgaben grundsätzlich vom Fortbestand einer zuvor festgestellten oder feststellbaren Fahrungeeignetheit auszugehen ist, solange der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nicht erbracht worden ist).

c) Weigert sich der Betreffende, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr zu Recht geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf diese bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betreffenden schließen, wenn sie ihn hierauf in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens hingewiesen hat (§ 11 Abs. 8 FeV).

aa) Der Antragsteller hat zwar die von der Begutachtungsstelle für Fahreignung angesetzten Untersuchungstermine wahrgenommen und sich dem Drogen-Urinscreening jeweils unterzogen. Er hat auch mehrfach seine Bereitschaft erklärt, das Drogenkontrollprogramm fortzusetzen. Eine den Schluss auf seine Nichteignung rechtfertigende Weigerung, sich untersuchen zu lassen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 FeV), kann ihm daher nicht vorgehalten werden.

bb) Der Antragsteller ist jedoch vorwerfbar nicht mehr in der Lage, das von ihm geforderte Fahreignungsgutachten fristgerecht beizubringen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 FeV). Die Antragsgegnerin hat ihn in der Aufforderung zur Gutachtensbeibringung vom 13. Juni 2013 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie von seiner Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehe und ihm die Fahrerlaubnis entziehe, sofern er die Zwischenergebnisse des Drogenkontrollprogramms nicht fristgerecht vorlege, er dieses Programm ablehne, abbreche, behindere, Termine nicht wahrnehme oder versuche, Urinproben zu manipulieren. Auch die vom Antragsteller am 19. Juli 2013 unterzeichnete Einverständniserklärung enthielt einen entsprechenden Hinweis. Des Weiteren hatte die Begutachtungsstelle dem Antragsteller vor Beginn des Screeningprogramms ein Merkblatt zukommen lassen, in dem unter anderem ausdrücklich der Verzicht des Verzehrs von Mohnprodukten während des vereinbarten Kontrollzeitraums angeraten wurde, weil hierdurch ein "falsch positiver Drogennachweis entstehen" könne. Nach einem auffälligen Befund werde das Programm abgebrochen.

Beim zweiten Urinscreening am 18. Dezember 2013 ergab sich für Opiate ein Wert von 54 ng/ml. Damit ist der nach Angaben der Begutachtungsstelle bei 25 ng/ml liegende Grenzwert deutlich überschritten. Zwar ist es durchaus möglich, dass diese Überschreitung, wie auch die Begutachtungsstelle bestätigt hat, auf den Verzehr mohnhaltiger Nahrungsmittel und nicht auf den Konsum von Betäubungsmitteln zurückzuführen ist. Allerdings konnte dies im Rahmen der veranlassten Untersuchung durch die Begutachtungsstelle nicht aufgeklärt werden. Aufgrund des vorherigen ausdrücklichen Hinweises auf die Folgen eines solchen Befundes geht die Unaufklärbarkeit zu Lasten des Antragstellers. Unabhängig davon, ob, wann und in welcher Menge er vor der Untersuchung mohnhaltige Nahrungsmittel verzehrt und wie er sich hierzu gegenüber der untersuchenden Ärztin eingelassen hatte, hat der Befund dazu geführt, dass die Begutachtungsstelle das Drogenkontrollprogramm vereinbarungsgemäß abgebrochen hat und der Antragsteller somit nicht mehr in der Lage war, das Gutachten fristgemäß beizubringen. Hierbei kann er sich nicht darauf berufen, den Inhalt des Merkblatts entweder nicht genau genug gelesen oder zum Untersuchungszeitpunkt bereits wieder vergessen zu haben. Aufgrund der bestehenden Zweifel an seiner Fahreignung oblag es ihm, an der Aufklärung mitzuwirken, das Gutachten beizubringen und alles zu unterlassen, was die Aufklärung behindert. Hierzu zählt entsprechend den ausdrücklichen schriftlichen Hinweisen der Begutachtungsstelle auch der Konsum mohnhaltiger Lebensmittel, der das Untersuchungsergebnis verfälschen kann. Es war Sache des Antragstellers, diese Hinweise im eigenen Interesse sorgfältig zur Kenntnis zu nehmen und zu beachten. Die auf die Nichtbeibringung eines positiven Fahreignungsgutachtens gestützte Entziehung der Fahrerlaubnis ist daher nicht zu beanstanden.

d) Entgegen der Auffassung des Antragstellers fällt auch die Interessenabwägung zu seinen Lasten aus. Bei rechtlich gebotener, aber aufgrund des Verhaltens des Betroffenen nicht möglicher Aufklärung einer etwaigen Wiedergewinnung der Fahreignung kann diese bis zur endgültigen Klärung nicht unterstellt werden. Vielmehr gebietet es die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Pflicht des Staates zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben im Straßenverkehr, nur solche Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, deren Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4, Abs. 7 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1, § 46 Abs. 1 FeV). Der Zeitablauf zwischen dem letzten feststehenden Drogenkonsum des Antragstellers und dem Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde hat zwar dazu geführt, dass diese nicht mehr gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne Einholung eines Fahreignungsgutachtens von der Ungeeignetheit ausgehen konnte, sondern zunächst die Wiedererlangung seiner Fahreignung aufgrund der von ihm behaupteten Abstinenz abzuklären hatte. Da jedoch der Antragsteller durch ihm vorwerfbares Verhalten während des Drogenkontrollprogramms nicht mehr in der Lage war, das Gutachten fristgerecht beizubringen, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, im Rahmen des offenbar bereits eingeleiteten Wiedererteilungsverfahrens den Nachweis für seine behauptete Drogenabstinenz durch ein entsprechendes Drogenkontrollprogramm zu erbringen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, Anh. § 164 Rn. 14).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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