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Entscheidungen

StGB/Nebengebiete

Diebstahl mit Waffen, Beisichführen, Taschenmesser

Gericht / Entscheidungsdatum: AG Backnang, Urt. v. 03.05.2012 - 2 Ls 116 Js 102123/11 fest

Leitsatz: Es handelt sich nicht um ein bewusstes Beisichführen eines Werkzeugs, wenn der Diebstahlstäter berufsbedingt ein Teppichmesser mit sich führt.


In pp.
1.
Der Angeklagte ist schuldig des Diebstahls sowie ferner der Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Er wird deshalb zu der
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr
verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
2.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getretene Angeklagte wurde am 20.02.1960 in K./Griechenland geboren. Er hat in Griechenland den Beruf des Kürschners erlernt und ausgeübt, ehe er im September 1991 in die Bundesrepublik Deutschland einreiste. Nach seiner Einreise arbeitete er für die Firma D. als Bodenleger. Im Jahre 1998 erlitt der Angeklagte einen schweren Arbeitsunfall, der mehrere Krankenhaus- und Rehaaufenthalte erforderlich machte. Insgesamt war der Angeklagte über drei Jahre hinweg nicht arbeitsfähig, als Bodenleger kann er bis heute nicht arbeiten.
Im Mai 2001 gelang es ihm, bei einem Großimporteur für griechische Lebensmittel in S. eine Anstellung als LKW-Fahrer zu erlangen, die er bis zum heutigen Tage innehat. Er beliefert im Auftrag seines Arbeitgebers Kunden mit vorbestellter Ware. Sein monatlicher Nettoverdienst beläuft sich auf zirka 1.800 €.
Der Angeklagte ist in zweiter Ehe verheiratet, er hat keine eigenen Kinder. Die Tochter seiner Ehefrau aus deren erster Ehe ist bereits volljährig und lebt in Griechenland. Die Ehefrau des Angeklagten verlor vor zirka anderthalb Jahren ihren Arbeitsplatz und ist seither ohne Beschäftigung.
II.
1. Am 18.11.2011 begab sich der Angeklagte, der zuvor seiner täglichen Erwerbsarbeit nachgegangen war, nach seinem Feierabend gegen 17:30 Uhr in die Geschäftsräume der Firma K. in B.. Dort entwendete er drei HP-Druckerpatronen, ein Panasonic-Festnetztelefon mit drei Netzteilen, mindestens zehn Intenso USB-Sticks sowie dreizehn Wunderbäume im Gesamtwert von etwa 370,00 €, indem er die Druckerpatronen in seinem vorderen Hosenbund, die Einzelteile des Telefons in seine Jackeninnentaschen und den hinteren Hosenbund sowie die USB-Sticks und die Wunderbäume in seine Jackenärmel steckte. Anschließend verließ er den Einkaufsmarkt, um die Ware ohne Bezahlung für sich zu behalten. Bei der Tat führte der Angeklagte, der zuvor regulär gearbeitet hatte, in seiner Hemdtasche ein zu seinen täglich verwendeten Arbeitsgegenständen gehörendes Teppichmesser mit einziehbarer Klinge mit sich, woran er jedoch bei der Tatausführung nicht dachte.
2. Am Tattag war der Zeuge M. von der Firma K. als Ladendetektiv eingesetzt. In der Abteilung, in der Druckerpatronen zum Verkauf angeboten werden, fiel dem Zeugen M. der Angeklagte auf, da dieser sich in einer aus Sicht des Zeugen M. verdächtigen Weise umsah. Der Zeuge M. beobachtete deshalb Angeklagte und sah, wie dieser mit den drei Druckerpatronen die betreffende Abteilung verließ und sie an einer anderen Stelle im Markt in den vorderen Bereich seiner Kleidung einsteckte. Der Zeuge M. beobachtete den Angeklagten weiter und konnte so auch den Diebstahl des Festnetztelefons sowie den der USB-Sticks verfolgen.
Nachdem der Angeklagte die Geschäftsräume verlassen hatte, sprach ihn der Zeuge M. auf dem zum Gebäude gehörenden Parkplatz an und gab sich unter Vorzeigen eines entsprechenden Ausweises als Detektiv zu erkennen. Der Angeklagte weigerte sich zunächst, den Zeugen M. in ein Büro zu begleiten, woraufhin dieser ihn am Arm festhielt, wobei er unter den Jackenärmeln die entwendeten USB-Sticks spürte. Nachdem der Angeklagte sich zunächst doch bereit erklärte, den Zeugen M. zu begleiten, riss er sich plötzlich los und rannte vom Eingangsbereich der Kaufland-Filiale gesehen nach links in Richtung des zum benachbarten R.-Marktes gehörenden Parkplatzes davon. Dort bekam ihn der Zeuge M. an der Schulter zu fassen und versuchte, ihn unter Kontrolle zu bekommen. Hiergegen wehrte sich der Angeklagte heftig und es entstand ein Gerangel. Hierbei schlug der Angeklagte mit beiden Armen um sich. Hierbei traf er, wie von ihm zumindest billigend in Kauf genommen, den Zeugen M. mit dem rechten Ellenbogen im Gesicht, wodurch dieser Schmerzen erlitt. Ferner besann sich der Angeklagte während des Gerangels des von ihm mitgeführten Teppichmessers, ergriff dieses, hielt es in Richtung des Zeugen M. und drohte diesem, ihn "abzustechen", um den Zeugen M. dazu zu bewegen, den Angeklagten entkommen zu lassen und von jedweder weiteren Verfolgung abzusehen.
Der Zeuge M., der eine nicht mehr kontrollierbare Eskalation fürchtete, ließ den Angeklagten daraufhin los, woraufhin dieser versuchte, zu flüchten. Er rannte über den Parkplatz des R.-Marktes hinweg, überquerte die anliegende Straße und rannte schließlich querfeldein über angrenzende Felder. Während der gesamten Flucht warf der Angeklagte immer wieder Teile des Diebesgutes von sich, das von dem Zeugen M. erst nach dem ganzen Vorfall wieder aufgefunden werden konnte. Der Zeuge M. folgte dem Angeklagten, hielt jedoch aufgrund des von diesem mitgeführten Messers stets einen Sicherheitsabstand. Der Angeklagte blieb mehrfach stehen und fuchtelte mit dem Messer in Richtung des Zeugen M., um ihn zur Aufgabe der Verfolgung zu zwingen. Er rannte weiter querfeldein über eine Wiese bis zu einem Bach. Dort blieb der Angeklagte abermals stehen, drehte sich dann aber in Richtung des Zeugen M. um, ging einige Schritte auf ihn zu und forderte diesen unter Vorhalt des mitgeführten Teppichmessers auf, ihn in Ruhe zu lassen. Anschließend flüchtete der Angeklagte durch ein hoch bewachsenes Feld. Der Zeuge M. stellte daraufhin die Verfolgung ein und ging zurück in Richtung der Kaufland-Filiale, wo er auf die bereits verständigte Polizei wartete, der Angeklagte konnte entkommen. Die von ihm weggeworfenen Waren konnten später vom Zeugen M., als dieser die Fluchtroute nochmals absuchte, teils wieder aufgefunden werden.
III.
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den Angaben des Angeklagten sowie auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister. Zur Sache beruhen die Feststellungen auf den Angaben des Angeklagten, soweit diesen gefolgt werden konnte, der Aussage des Zeugen M. sowie auf den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern und den verlesenen Urkunden.
Der Angeklagte hat den Ladendiebstahl eingeräumt und zur Begründung erklärt, er habe Monate zuvor in eben jener Kaufland-Filiale ein Telefon gekauft, das jedoch nicht richtig funktioniert hätte. Er habe deshalb die Absicht gehabt, das Telefon umzutauschen, was ihm jedoch von einer Mitarbeiterin der Firma Kaufland verweigert worden sei. Er habe deshalb spontan ein anderes Telefon entwendet und zwei USB-Sticks sowie zwei oder drei Duftbäume an sich genommen. Dies bedauere er sehr, er könne sich im Nachhinein selbst nicht mehr erklären, was in ihn gefahren sei. Druckerpatronen habe er jedoch keine entwendet, er kenne solche Patronen nicht einmal. Auch besitze er selbst keinen Drucker.
Als er die Geschäftsräume verlassen hatte, habe ihn der Detektiv aufgefordert, mit ihm mitzukommen und ihn am Oberarm angefasst. Daraufhin sei er in Panik geraten und habe nur noch flüchten wollen. Zu keiner Zeit habe er dem Detektiv Leid zufügen wollen. Unzutreffend sei, dass er den Detektiv mit dem von ihm mitgeführten Teppichmesser bedroht habe. Es sei vielmehr so gewesen, dass ihm das Teppichmesser im Rahmen der Rangelei aus der Hemdtasche gefallen sei, woraufhin er dieses wieder eingesteckt habe. Bevor ihm das Messer aus der Tasche fiel, habe er hieran gar nicht gedacht. Zu keiner Zeit habe er damit in Richtung des Detektivs herumgefuchtelt, ebenso sei es falsch, dass er diesen mit den Worten "ich stech' Dich ab" bedroht habe.
Der Einlassung des Angeklagten kann nur teilweise gefolgt werden. Richtig ist, dass er das Festnetztelefon entwendet hat. Soweit er die weitergehenden Diebstähle bestritten hat, ist er überführt aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen M., der nachvollziehbar dargelegt hat, wie er die weiteren Diebstähle des Angeklagten beobachtet und Teile der Waren nach der Tat wieder aufgefunden hat. Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen Möller bestehen nicht.
Ebenfalls durch die glaubhaften Angaben des Zeugen M. widerlegt ist die Behauptung des Angeklagten, er habe diesen weder verbal noch durch Vorhalten des mitgeführten Teppichmessers bedroht. Der Zeuge M. hat nachvollziehbar berichtet, dass der Angeklagte mehrfach mit dem Messer in seine Richtung zeigte und ihn aufforderte, ihn in Ruhe zu lassen, da er ihn andernfalls "abstechen" werde. Ferner hat der Zeuge M. geschildert, dass der Angeklagte bis zu seiner endgültigen Flucht das Messer nicht, wie von ihm behauptet, wieder eingesteckt hat, sondern die ganze Zeit über in der Hand behielt.
Letztlich nicht geklärt werden konnte, ob die Klinge des Teppichmessers bereits ausgefahren war. Dies hat der Zeuge M. gegenüber der Polizei zwar noch so ausgesagt, in der Hauptverhandlung war er sich hingegen diesbezüglich nicht mehr sicher. Dies spricht dann auch für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben, ein übermäßiger Belastungseifer war nicht erkennbar. Hätte ein solcher Bestanden, so hätte es nahegelegen, den Angeklagten dadurch in ein besonders schlechtes Licht zu rücken, dass behauptet wird, die Klinge sei ausgefahren gewesen. Auch ansonsten war kein Interesse des Zeugen M. daran zu erkennen, in unzulässiger Weise einen für den Angeklagten ungünstigen Verlauf der Hauptverhandlung herbeizuführen.
Dies wird auch dadurch belegt, dass der Zeuge Möller auch ohne entsprechende Nachfragen und Vorhalte angegeben hat, dass der Angeklagte während seiner Flucht immer wieder Ware wegwarf. Auch hat der Zeuge erklärt, seinem Eindruck nach, habe der Angeklagte nicht das Diebesgut behalten, sondern lediglich "abhauen" wollen.
IV.
1. Durch die Tat Ziffer 1 hat sich der Angeklagte des Diebstahls schuldig gemacht, §§ 242 Abs. 1 StGB. Das Gericht hat geprüft, ob die Tat als Diebstahl mit Waffen gemäß § 244 Abs. 1 StGB zu qualifizieren ist; dies ist jedoch zu verneinen. Zwar stellt das vom Angeklagten mitgeführte Teppichmesser zweifelsohne ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB dar, es fehlt jedoch an einem hinreichend sicheren Nachweis für den erforderlichen Tatbestandsvorsatz. Das Beisichführen im Falle des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB setzt subjektiv voraus, dass der Täter das gefährliche Werkzeug bewusst gebrauchsbereit bei sich hat. Hierbei genügt das allgemeine, noch auf keinen bestimmten Zweck gerichtete Bewusstsein, ein funktionsbereites Werkzeug zur Verfügung zu haben, das generell geeignet ist, erhebliche Verletzungen zu verursachen. Bei Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens, die regelmäßig mitgeführt und durchweg in sozialadäquater Weise eingesetzt werden, liegt das Bewusstsein, das Werkzeug als gefährliches bei sich zu führen, aber eher fern (Fischer, § 244 StGB, Rn. 31).
Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Diebstahls mit Waffen ist jedoch, dass der Täter das Bewusstsein hat, dass das mitgeführte Werkzeug im Falle eines - wenn auch nicht von vornherein für möglich gehaltenen oder sogar unerwünschten - Einsatzes gegen Menschen erhebliche Verletzungen verursachen kann. Dies versteht sich bei einem Teppichmesser, das der Angeklagte nach seiner unwiderlegten Einlassung bei seiner zum Tatzeitpunkt bereits seit zehn Jahren ausgeübten Erwerbstätigkeit täglich mit sich führt, um die von ihm als Fahrer ausgelieferten Pakete zu öffnen oder andere Verpackungs- und Sicherungsmaterialien durchzuschneiden, nicht von selbst (vergleiche hierzu auch den Beschluss des KG Berlin vom 31.10.2007, 1 Ss 422/07, für ein seit etwa einem Jahr gewohnheitsmäßig mitgeführtes Taschenmesser mit einer Klingenlänge von sechs Zentimetern).
Es ist dem Angeklagten nicht zu widerlegen, dass er derartige Messer seit Jahren täglich mit sich führt, weil er es für die Ausübung seiner Berufstätigkeit benötigt. Es lässt sich damit auch nicht belegen, dass ihm beim Betreten der Supermarkt-Filiale die Gebrauchsbereitschaft als gefährliches Werkzeug bewusst und nicht in den gedanklichen Hintergrund getreten war, zumal es sich bei einem Teppichmesser anders als etwa bei einem Klapp- oder Springmesser nicht um eine Waffe beziehungsweise einen waffenähnlichen Gegenstand handelt, sondern um ein vom Angeklagten seit Jahren täglich mitgeführtes und gebrauchtes Werkzeug handelt.
2. Die Tat Ziffer 2 ist als Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu qualifizieren, wobei hinsichtlich der Nötigung ein besonders schwerer Fall vorliegt, §§ 223 Abs. 1, 230 Abs. 1, 240 Abs. 1 und Abs. 4, 52 StGB. Der Angeklagte hat den Zeugen Möller durch Vorhalt des Teppichmessers, verbunden mit der Drohung, ihn "abzustechen", wiederholt in massiver Weise mit einer schwerwiegenden, gegen Leib und Leben gerichteten Straftat bedroht. Bei derart schwerwiegenden Drohungen ist ein unbenannter besonders schwerer Fall der Nötigung gegeben (Fischer, § 240 StGB, Rn. 62). Tateinheitlich begangen wurde ein Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung. Die Auffassung der Verteidigung, wonach sich ein Vorsatz des Angeklagten nicht hinreichend sicher nachweisen lässt, teilt das Gericht nicht. Der Angeklagte schlug, nachdem der Zeuge Möller ihn bereits eingeholt und, wozu er gemäß § 127 StPO auch berechtigt war, bereits am Arm festgehalten hatte, wild um sich und nahm damit zumindest billigend in Kauf, den Zeugen Möller zu treffen und ihn zumindest Schmerzen zuzufügen.
3. Abweichend von der zugelassenen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 02.02.2012 liegt kein Verbrechen des besonders schweren räuberischen Diebstahls vor. Eine Strafbarkeit wegen räuberischen Diebstahls verlangt über den sich auf Diebstahl und Nötigungshandlung beziehenden Vorsatz hinaus die Absicht, eine Gewahrsamsentziehung zu verhindern, die gegenwärtig ist oder unmittelbar bevorsteht. Hierbei genügt es, wenn der Täter sich der Strafverfolgung entziehen, zugleich aber das Diebesgut verteidigen will. Es ist nicht erforderlich, dass die Verteidigung des Diebesgut der einzige Beweggrund für die Gewaltanwendung ist. Demgegenüber genügt es für eine Strafbarkeit wegen räuberischen Diebstahls nicht, wenn der Täter lediglich die Feststellung seiner Person und einen dadurch bedingten späteren Verlust des Diebesguts verhindern will.
Vorliegend hat sich der Angeklagte dahingehend eingelassen, er habe, nachdem er vom Detektiv angesprochen war und wegen des zuvor begangenen Ladendiebstahls Strafverfolgung fürchtete, lediglich flüchten wollen. Dies ist ihm letztlich nicht zweifelsfrei zu widerlegen, zumal auch der Zeuge M. bekundet hat, seinem Eindruck nach habe der Angeklagte lediglich "abhauen" wollen. Für eine bloße Fluchtabsicht spricht auch, dass der Angeklagte einen Großteil des Diebesguts während der Verfolgung durch den Zeugen Möller weggeworfen hat.
Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass der Angeklagte auch zu einem früheren Zeitpunkt, also noch vor Beginn der späteren Verfolgungsjagd, die Möglichkeit gehabt hätte, die von ihm entwendeten Waren zurückzugeben. Dies hätte jedoch mit Sicherheit zu seiner Ergreifung und damit zu seiner Überführung als Diebstahlstäter geführt, sodass jedwede weitere Flucht erfolglos gewesen wäre. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass allein aus der Tatsache, dass der auf frische Tat betroffene Täter die Beute nicht vor oder spätestens bei der Gewaltanwendung zur Ermöglichung seiner Flucht weggeworfen hat, nicht auf die Absicht der Beutesicherung geschlossen werden kann (KG Berlin, StV 2004, 67). Bei einem auf frischer Tat entdeckten Dieb steht die Absicht, seine Identifizierung zu verhindern, erfahrungsgemäß im Vordergrund (KG Berlin, a.a.O.). Es ist nicht ersichtlich, dass es dem Angeklagten, der von einem körperlich trainierten und Jahrzehnte jüngeren Detektiv verfolgt wurde, ohne weiteres möglich gewesen wäre, sich des Diebesguts zu entledigen, ohne sich durch den Vorgang der Entledigung in die Gefahr zu begeben, ergriffen zu werden. Hätte der Angeklagte den Versuch unternommen, die im vorderen Hosenbund steckende Ware herauszuholen und wegzuwerfen, so hätte er bei seiner Flucht nicht einmal den benachbarten R.--Parkplatz erreicht, sondern wäre noch vorher ergriffen worden.
Nachdem es sich bei dem Diebesgut weder um besonders sperrige noch um besonders schwere Gegenstände handelte, kann auch aus dem Umstand, dass er nicht sofort damit begann, die Ware wegzuwerfen, nicht geschlossen werden, dass er mit der für eine Strafbarkeit nach § 252 StGB erforderlichen Beuteerhaltungsabsicht handelte. Es ist nicht ersichtlich, dass das mitgeführte Diebesgut seine Beweglichkeit derart einschränkte, dass es sich zur Erleichterung der Flucht aufdrängte, die gestohlenen Sachen wegzuwerfen. Was das spätere Wegwerfen betrifft, ist es im Übrigen auch naheliegend, dass der Angeklagte sich der gestohlenen Sachen als Beweismittel entledigen wollte.
Zu einem früheren Zeitpunkt, also während seiner Flucht in Richtung des R.--Parkplatzes war es dem Angeklagten wie ausgeführt nicht möglich, sich des Diebesgutes zu entledigen, ohne jeden Fluchterfolg auszuschließen. Darüber hinaus war der Angeklagte aber auch während des Gerangels mit dem Zeugen Möller nicht in der Lage, sich des Diebesguts zu entledigen, dass er in mehreren Taschen seiner Oberbekleidung versteckt hatte. Befindet sich Diebesgut in einer Hosentasche, so legt dies die Möglichkeit nahe, dass es einem Täter während der Auseinandersetzung mit einer zu seiner Festnahme bereiten und gewillten Person nicht möglich ist, sich seiner Beute zu entledigen (OLG Köln, Beschluss vom 25.05.2004, 91 Ss 200/04). Für Ware, die in Jacken - oder Ärmeltaschen oder im Hosenbund versteckt wird, kann aus Sicht des Gerichts nichts anderes gelten.
Somit sind, was eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen räuberischen Diebstahls betrifft, Zweifel verblieben, die jedenfalls von solchem Gewicht sind, dass sie einer entsprechenden Verurteilung entgegenstehen.
V.
1. Der Diebstahl wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Im Rahmen der Strafzumessung wurde zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er bislang strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist. Darüber hinaus ist durch den Diebstahl, den er teilweise eingeräumt hat, kein gravierender Schaden entstanden. Gravierende Strafschärfungsgründe sind demgegenüber nicht ersichtlich, sodass es bei einer Geldstrafe belassen werden konnte, die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe war bezüglich der Tat Ziff. 1 nicht unerlässlich im Sinne des § 47 StGB. Nach Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält das Gericht die Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 60 € für tat- und schuldangemessen.
2. In besonders schweren Fällen der Nötigung ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, § 240 Abs. 4 StGB. Auch hinsichtlich der Tat Ziffer 2 wurde zugunsten des Angeklagten gewürdigt, dass er strafrechtlich bislang noch nicht aufgefallen ist. Ferner wurde der Zeuge M. durch den Ellbogenschlag des Angeklagten nur leicht verletzt. Weitere Strafmilderungsgründe sind dagegen nicht ersichtlich, insbesondere liegt anders als bei der Tat Ziffer 1 weder ein volles noch ein zumindest teilweises Geständnis vor.
Strafschärfend wirkte sich aus, dass der Angeklagte den Zeugen M. nicht nur massiv mit einer schwerwiegenden, gegen Leib und Leben gerichteten Straftat bedroht hat, sondern diese Drohung während der gesamten Verfolgung immer wieder wiederholte und zudem, bevor der Zeuge M. letztlich endgültig von der weiteren Verfolgung absah, das Messer nicht nur in dessen Richtung hielt, um ihn auf Abstand zu halten, sondern darüber hinaus in drohender Haltung auf den Zeugen zulief. Zudem erfolgten diese schwerwiegenden Drohungen aus einem eher geringfügigen Anlass. Hätte der Angeklagte davon abgesehen, sich durch die Drohungen die Flucht zu ermöglichen, so wäre er wegen des Diebstahls mit einer Geldstrafe davon gekommen, die nicht einmal Eingang in ein polizeiliches Führungszeugnis gefunden hätte. Es konnte somit hinsichtlich der Tat Ziffer 2 nicht bei einer Strafe im unteren Bereich des Strafrahmens belassen werden. Nach Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält das Gericht die Freiheitsstrafe von elf Monaten für tat- und schuldangemessen.
Nach nochmaliger Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, denen auch bei der Bemessung der Gesamtstrafe maßgebliche Bedeutung zukommt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, wurden die sogenannten Einzelstrafen zu der tat- und schuldangemessenen Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zurückgeführt.
3. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden, dem strafrechtlich nunmehr erstmals in Erscheinung getretenen Angeklagten kann eine günstige Kriminalprognose gestellt werden. Der Angeklagte lebt sowohl in privater als auch in beruflicher Hinsicht in geordneten Verhältnissen, der Arbeitsplatz, den er bereits seit über elf Jahren inne hat, garantiert ihm ausreichende Einnahmen, um den Lebensunterhalt für sich und seine Ehefrau zu bestreiten. Darüber hinaus war in der Hauptverhandlung zu erkennen, dass ihn das Verfahren sowie die erfolgte vorläufige Festnahme deutlich beeindruckt hat, sodass davon ausgegangen werden kann, dass er sich die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.
VI.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 Abs. 1 StPO.


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