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Entscheidungen

StPO

Revisionsantrag, bestellter, Befangenheit

Gericht / Entscheidungsdatum: VerfGH Sachse, Beschl. v. 25.8.2011, Vf. 34-IV-11

Fundstellen:

Leitsatz:


DER VERFASSUNGSGERICHTSHOF
DES FREISTAATES SACHSEN
IM NAMEN DES VOLKES
Beschluss
In dem Verfahren
über die Verfassungsbeschwerde
des Herrn A.,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Roland Ulbrich,
Leibnizstr. 14, 04105 Leipzig,
hat der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen durch die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes
Birgit Munz, die Richter Jürgen Rühmann, Christoph Degenhart, Ulrich
Hagenloch, Simone Herberger, Hans Dietrich Knoth, Hans-Heinrich Trute sowie die Richterin
Andrea Versteyl
am 25. August 2011
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
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G r ü n d e:
I.
Mit seiner am 3. März 2011 bei dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen eingegangenen
Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss
des Oberlandesgerichts Dresden vom 25. Januar 2011 (3 Ss 43/10), seinem Verteidiger zugegangen
am 4. Februar 2011.
Durch Urteil des Landgerichts Leipzig vom 31. August 2009 (9 Ns 812 Js 18535/04) wurde
der Beschwerdeführer im Berufungsrechtszug wegen Betrugs in zwölf Fällen, davon in einem
Fall in Tateinheit mit Fälschung von Schecks sowie wegen versuchten Betrugs in vier Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt, von denen sechs
Monate wegen langer Verfahrensdauer als vollstreckt galten. Für den im Urteil unter III.13.
aufgeführten Betrugsfall wurde eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr festgesetzt.
Der Beschwerdeführer legte gegen dieses Urteil Revision ein. In seiner Revisionsbegründung
rügte er hinsichtlich des Tatvorwurfs Nr. III. 13., dass es im Urteil des Landgerichts an ausreichenden
Feststellungen zur Kausalität zwischen Täuschung und Vermögensverfügung fehle.
In ihrem Schriftsatz vom 3. Februar 2010 schloss sich die Generalstaatsanwaltschaft Dresden
insoweit der Rechtsansicht des Beschwerdeführers an und beantragte – unter anderem – auch
insoweit, das angefochtene Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben und die
Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen.
Im Anschluss an einen Kontakt mit dem Berichterstatter des zuständigen 3. Strafsenats des
Oberlandesgerichts vertrat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hinsichtlich des Tatvorwurfs
Nr. III. 13. in ihrem Schriftsatz vom 1. September 2010 „nach nochmaliger Überprüfung
der Sach- und Rechtslage“ nunmehr die Rechtsansicht, dass auch insoweit die Feststellungen
des Landgerichts ausreichend seien, um den Schuldspruch wegen vollendeten Betruges
zu tragen, und beantragte nunmehr auch insoweit, die Revision zu verwerfen
Daraufhin lehnte der Beschwerdeführer die Richter des 3. Strafsenats des Oberlandsgerichts
wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte er aus, in der Vorberatung sei
der Senat zu der Ansicht gelangt, dass die Sachrüge des Beschwerdeführers in dem betreffenden
Fall unbegründet sei, obwohl die Generalstaatsanwaltschaft insoweit die Aufhebung des
landgerichtlichen Urteils beantragt habe. Da man die eigentlich als begründet angesehene Verfahrensrüge
des Beschwerdeführers wegen seiner Fesselung im letzten landgerichtlichen Termin
habe zurückweisen wollen, dies aber durch ein mit Gründen versehenes Urteil nicht möglich
gewesen wäre, sei der Berichterstatter beauftragt worden, die Sachbearbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft
anzurufen und zu bitten, einen neuen Antrag nach § 349 Abs. 2 StPO zu
stellen und dabei auch hinsichtlich des in Rede stehenden Falles die Verwerfung der Revision
zu beantragen; einen Aktenvermerk hierüber habe der Berichterstatter keinesfalls fertigen sollen,
da eine solche Verfahrensweise nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
die Besorgnis der Befangenheit der Senatsmitglieder begründen könne.
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Nachdem das Oberlandesgericht dem Beschwerdeführer mitgeteilt hatte, dass der Berichterstatter
dem 3. Strafsenat inzwischen nicht mehr angehöre, richtete er sein Befangenheitsgesuch
allein gegen den Senatsvorsitzenden und den weiteren beisitzenden Richter, der an der
Vorberatung teilgenommen hatte.
Der Senatsvorsitzende bestätigte in seiner dienstlichen Stellungnahme, dass in der – wohl Ende
August 2010 durchgeführten – Vorberatung auch die materiell-rechtliche Einschätzung des
Falles Nr. III. 13. durch die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer ursprünglichen Stellungnahme
Gegenstand gewesen sei. Der Berichterstatter habe mit der Sachbearbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft
Rücksprache nehmen wollen, weil der Senat auch eine andere Einschätzung
für möglich gehalten habe. Im Anschluss an die Rückäußerung der Generalstaatsanwaltschaft
habe das weitere Vorgehen besprochen werden sollen. Weder habe der Berichterstatter
aber sozusagen einen neuen (modifizierten) Antrag nach § 349 Abs. 2 StPO „bestellen“ sollen
noch habe er „auf keinen Fall“ über seine Rücksprache mit der Sachbearbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft
einen Aktenvermerk fertigen dürfen. Die Generalstaatsanwaltschaft sei in
ihrer Reaktion auf die Rücksprache mit dem Berichterstatter völlig frei gewesen. Er, der Senatsvorsitzende,
halte sich nicht für befangen.
Der weitere beisitzende Richter führte in seiner dienstlichen Erklärung aus, der Berichterstatter
habe wegen dieses einzelnen Falles auch mit der Generalstaatsanwaltschaft Rücksprache
nehmen wollen. Anschließend habe das weitere Vorgehen abgestimmt werden sollen. Absprachen
dahingehend, dass der Berichterstatter hierüber keinen Aktenvermerk habe fertigen sollen,
seien ihm – dem beisitzenden Richter – nicht bekannt; er halte sich nicht für befangen.
In seiner Stellungnahme zu den beiden dienstlichen Erklärungen führte der Beschwerdeführer
aus, auch bei Wahrunterstellung deren Inhalts bestehe die Besorgnis der Befangenheit beider
Richter. Der Verwerfungsantrag der Staatsanwaltschaft sei von Gesetzes wegen zwingende
Voraussetzung für eine entsprechende gerichtliche Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft und
das Gericht müssten unabhängig voneinander zu der Überzeugung gekommen sein, dass das
Rechtsmittel offensichtlich unbegründet sei. Daher begründe jede Einflussnahme des Gerichts
auf die Generalstaatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 349 Abs. 2 StPO
die Besorgnis der Befangenheit. In der in den beiden dienstlichen Erklärungen eingeräumten
„Rücksprache“ habe aber ein solcher Versuch der Einflussnahme gelegen, da dieser Vorgang
anderenfalls keinerlei Sinn gehabt hätte. Dass dieser Versuch noch dazu „erfolgreich“ gewesen
sei, sei danach nicht mehr rechtserheblich. Bereits die Einflussnahme an sich begründe die
Besorgnis der Befangenheit.
Durch Beschluss vom 22. Oktober 2010 wies das Oberlandesgericht den Befangenheitsantrag
des Beschwerdeführers als unbegründet zurück. Zugrunde zu legen sei allein der unstreitige
Vorgang, dass der Berichterstatter des Senats mit der Sachbearbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft
habe Rücksprache nehmen sollen, um die von der Generalstaatsanwaltschaft abweichende
Einschätzung mitzuteilen und dieser eine Rückäußerung zu ermöglichen. Der weitere
Vortrag des Beschwerdeführers könne keine Berücksichtigung finden, da er weder glaubhaft
gemacht sei noch durch die dienstlichen Erklärungen bestätigt werde. Nach der Rechtsprechung
des Kammergerichts sei, wenn die Generalstaatsanwaltschaft einen begründeten
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Antrag im Revisionsverfahren stelle, das Revisionsgericht nicht gehindert – so wie vorliegend
geschehen – die Generalstaatsanwaltschaft über seine vorläufige materiell-rechtliche Einschätzung
zu unterrichten. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, der Senat habe einen Antrag
nach § 349 Abs. 2 StPO „bestellt“, entbehre somit jeder Tatsachengrundlage. Vielmehr habe
die Generalstaatsanwaltschaft mit Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht ihren Antrag
bereits angebracht gehabt, der zu den Akten gelangt und auch dem Beschwerdeführer mitgeteilt
worden sei. Die zeitlich danach erfolgte Kontaktaufnahme seitens des Senats habe damit
gerade nicht der Bestellung eines bestimmten Antrags der Generalstaatsanwaltschaft gedient.
Der Fall liege mithin völlig anders als in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen
Verfahren, in dem das dortige Oberlandesgericht vor Stellung des Antrages durch die Generalstaatsanwaltschaft
an diese mit seiner Rechtsansicht herangetreten sei.
Durch den angegriffenen Beschluss vom 25. Januar 2011 wies das Oberlandesgericht unter
Mitwirkung des Senatsvorsitzenden und zweier weiterer Richter, darunter jedoch nicht der als
befangen abgelehnt gewesene beisitzende Richter, die Revision des Beschwerdeführers, soweit
sie seine Verurteilung in dem in Rede stehenden Fall betraf, als unbegründet zurück.
Wegen zweier anderer Fälle erachtete es die Revision als begründet, hob die Urteilsgründe des
Landgerichts insoweit – in einem Fall vollständig, im anderen Fall teilweise – sowie den Gesamtstrafenausspruch
auf und verwies die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an eine andere Strafkammer des Landgerichts Leipzig zurück.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts
auf den gesetzlichen Richter nach Art. 78 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf durch Mitwirkung
des von ihm erfolglos abgelehnten Senatsvorsitzenden an dem Beschluss über seine Revision.
Dieser sei wegen Befangenheit von der Mitwirkung ausgeschlossen gewesen. Das gegen ihn
gerichtete Ablehnungsgesuch hätte nicht als unbegründet zurückgewiesen werden dürfen.
Durch die unberechtigte Zurückweisung sei er mithin seinem gesetzlichen Richter – einem
anderen, nicht befangenen Richter – entzogen worden. Der Beschwerdeführer wiederholt
hierzu seinen Vortrag aus dem Ablehnungsgesuch und führt ergänzend aus: Der Anruf des
Berichterstatters bei der Generalstaatsanwaltschaft stelle danach einen Willkürakt dar. In ihrer
Reaktion auf diese Einflussnahme des Berichterstatters sei die Generalstaatsanwaltschaft zwar
völlig frei gewesen. Dennoch sei nach § 349 Abs. 2 StPO eine Meinungsdivergenz zwischen
Gericht und Generalstaatsanwaltschaft nicht auf diese Weise, sondern allein im Wege einer
mündlichen Verhandlung zu entscheiden gewesen. In einer solchen Verhandlung könnten die
unterschiedlichen Rechtsauffassungen, auch unter Beteiligung des Verteidigers, diskutiert
werden. Solche Fragen dagegen am Telefon zu erörtern, könne jedenfalls dann, wenn die Initiative
hierzu vom Revisionsgericht ausgehe, nur den Sinn haben, die Durchführung einer
mündlichen Verhandlung zu vermeiden, indem ein Verwerfungsantrag nach § 349 Abs. 2
StPO erreicht werde. Jede andere Deutung sei völlig realitätsfremd.
Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Europa hatte Gelegenheit, zum Verfahren
Stellung zu nehmen.
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II.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie nicht den an ihre Begründung zu stellenden
Anforderungen genügt.
1. Nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 SächsVerf i.V.m. § 27 Abs. 1 und § 28 SächsVerfGHG ist eine
Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn der Beschwerdeführer substantiiert die Möglichkeit
der Verletzung eigener Grundrechte aus der Verfassung des Freistaates Sachsen
darlegt. Hierzu muss er den Lebenssachverhalt, aus dem er die Grundrechtsverletzung ableitet,
aus sich heraus verständlich wiedergeben und im Einzelnen aufzeigen, mit welchen
verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll
(SächsVerfGH, Beschluss vom 27. Mai 2010 – Vf. 5-IV-10; st. Rspr.).
2. Diesen Erfordernissen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
a) Der Beschwerdeführer hat eine mögliche Verletzung seines Anspruchs auf den gesetzlichen
Richter (Art. 78 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf) nicht dargetan.
aa) Der Anspruch auf den gesetzlichen Richter wird durch die Entscheidung eines Gerichts,
an der ein zuvor erfolglos abgelehnter Richter mitgewirkt hat, erst dann verletzt,
wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf willkürlichen Erwägungen
beruht (SächsVerfGH, Beschluss vom 23. Februar 2010 – Vf. 10-IV-10 [HS]/Vf.
11-IV-10 [e.A.] und Beschluss vom 18. November 2004 – Vf. 76-IV-03; vgl. zur
ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur gleichlautenden Vorschrift
des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG: BVerfG, Beschluss vom 24. Februar 2009 –
1 BvR 182/09 – juris Rn. 10; BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 1970, BVerfGE 29, 45
[48 f.] m.w.N.). Ob die Maßnahme oder Entscheidung eines Gerichts auf Willkür beruht,
lässt sich nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalles feststellen. Von
Willkür kann aber nur dann die Rede sein, wenn die Entscheidung eines Gerichts sich
bei der Auslegung und Anwendung einer Norm so weit von dem sie beherrschenden
verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie
nicht mehr zu rechtfertigen ist. Erforderlich ist, dass Umstände vorliegen, die über eine
Fehlerhaftigkeit der Rechtsanwendung oder des Verfahrens hinaus erkennen lassen,
dass die Rechtsanwendung oder das Verfahren mit den Vorgaben in der Sächsischen
Verfassung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr vereinbar sind und
sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen oder
sonst offensichtlich unhaltbar sind (vgl. BVerfG, a.a.O.; SächsVerfGH, Beschluss
vom 10. Dezember 2009 – Vf. 97-IV-09; st. Rspr.). Willkür liegt dann vor, wenn eine
offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in
krasser Weise missdeutet wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch
nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt
hat und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt
(SächsVerfGH, Beschluss vom 28. Januar 2010 – Vf. 66-IV-09; st. Rspr.).
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bb) Hieran gemessen ist dem Beschwerdevorbringen eine mögliche Verletzung des
Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nicht zu entnehmen.
Zwar kann ein schwerwiegender Verfahrensverstoß – je nach Lage des Einzelfalles –
den Eindruck einer sachwidrigen Voreingenommenheit des Richters erwecken (vgl.
Fischer in: Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl., § 24 Rn 14; Meyer-Goßner, StPO,
53. Aufl., § 24 Rn. 17). Der Beschwerdeführer zeigt aber nicht auf, dass die Annahme
des Oberlandesgerichts im angegriffenen Beschluss vom 22. Oktober 2010, weder ein
schwerwiegender Verfahrensverstoß noch eine etwa daraus abzuleitende Befangenheit
lägen vor, verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen könnte.
(1) Soweit es um die Kontaktaufnahme des Senats mit der Generalstaatsanwaltschaft
als solche geht, folgt dies bereits daraus, dass eine derartige Vorgehensweise – mag
sie auch nicht unumstritten sein – von der Rechtsprechung nicht als generell bedenklich
eingestuft wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2006 – 2 BvR 1656/06
– juris; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 349 Rn. 12; Wiedner in: BeckOK StPO,
Stand: 15. Januar 2011, § 349 Rn. 23; Kleinknecht, JZ 1965, 153 [160] dort Fn. 81;
KG, Beschluss vom 15. September 1999, StV 2001, 153 [154]). Wird aber die vom
Strafsenat gewählte Handhabung verbreitet als verfahrensgemäß erachtet, kann offenkundig
nicht willkürlich sein, dass das Oberlandesgericht eine Befangenheit verneint
hat.
(2) Auch vermag die Verfassungsbeschwerde nicht darzulegen, dass der Beschluss
des Oberlandesgerichts vom 22. Oktober 2010 wegen der fehlenden Transparenz der
Kontaktaufnahme mit der Generalstaatsanwaltschaft unter keinem denkbaren Gesichtspunkt
mit den Vorgaben der Sächsischen Verfassung mehr vereinbar sein könnte.
Das Oberlandesgericht hat sich zwar nicht ausdrücklich damit befasst, dass über das
zwischen dem Berichterstatter des Strafsenats und der Sachbearbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft
geführte Telefongespräch kein Aktenvermerk gefertigt wurde.
Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass ihm dieser Umstand entgangen ist
(vgl. SächsVerfGH, Beschluss vom 27. September 2007 – Vf. 57-IV-07; st. Rspr.),
zumal er im Ablehnungsgesuch und in einer dienstlichen Äußerung angesprochen
wurde. Ist aber davon auszugehen, dass das Oberlandesgericht die unterbliebene Dokumentation
zwar erkannt, ihr aber in Bezug auf die Befangenheitsfrage keine Bedeutung
beigemessen hat, erschließt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers
nicht, was hieran willkürlich sein sollte. Dies gilt umso mehr, als das Bundesverfassungsgericht
(a.a.O.) gegen eine derartige Handhabung zumindest keine generellen
Bedenken erhoben hat und sie daher von vornherein nicht geeignet sein kann, Zweifel
an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu begründen.
b) Das beanstandete Vorgehen mag angesichts der ihm anhaftenden Heimlichkeit unter
Berücksichtigung der aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren resultierenden Verpflichtung,
dem Angeklagten die Möglichkeit zu gegeben, zur Wahrung seiner Rechte
7
auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss
vom 27. Dezember 2006, BVerfGK 10, 125 [126]; SächsVerfGH, Beschluss
vom 26. November 2009 – Vf. 110-IV-09 [HS]/Vf. 111-IV-09 [e.A.]) nicht frei von
Bedenken sein. Ob es mit dieser grundrechtlichen Gewährleistung vereinbar ist, kann
jedoch dahinstehen, da der Beschwerdeführer eine hierauf gerichtete Rüge nicht erhoben
hat (vgl. zur Dispositionsfreiheit des Beschwerdeführers bezüglich der von ihm
als verletzt gerügten Grundrechte: BVerfG, Beschluss vom 13. April 2010, BVerfGE
126, 1 [17]).
III.
Die Entscheidung ist kostenfrei (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SächsVerfGHG).

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