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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 5 Ws 275/08 OLG Hamm

Leitsatz: Unmittelbar im Sinne des § 111k StPO bedeutet zumindest im Rahmen eines
Leasingverhältnisses, dass der verletzten Leasinggeberin die bewegliche Sache un-
mittelbar durch die Straftat entzogen worden ist, ohne dass sie zuvor unmittelbare
Besitzerin geworden sein muss mithin die streitgegenständliche Sache unmittelbar
durch die Straftat in den (Eigen-) Besitz des Täters gelangt und der Schaden ohne
weitere Zwischenschritte bei der Verletzten eingetreten ist.

Senat: 5

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Beschlagnahme, Rückgabe, Sicherstellung; Verletzter; Begriff

Normen: StPO 111 k

Beschluss:

Strafsache
gegen pp.
w e g e n Beihilfe zur Unterschlagung,
(hier: Beschwerde des Verurteilten gegen die Anordnung der
Herausgabe von Gegenständen gemäß § 111 k StPO).


Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 15. Juli 2008 gegen den Beschluss der
6. großen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg vom 27. Juni 2008 hat der
5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 2. September 2008 durch


nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die Beschwerde des Verurteilten wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Verurteilte.


Gründe:

I.

Im Oktober 2000 kamen die anderweitig verurteilten Eheleute W trotz prekärer
finanzieller Situation auf die Idee, einen hochwertigen Porsche Turbo im Wege eines
Finanzierungsleasings zu erwerben, wobei ihnen von vornherein bewusst war, dass
sie aus legal erworbenen oder erwirtschaften Mitteln die später anfallenden Raten
nicht würden bezahlen können. Am 16. Oktober 2000 suchten beide das Porsche-
Zentrum in D auf und entschieden sich dort für den streitbefangenen Porsche 911
Turbo. Auf den Kaufpreis von 132.000 DM sollten 20.000,- DM bar gezahlt werden;
der Restbetrag sollte bei der jetzigen Antragstellerin, der Porsche Financial Services
GmbH & Co. KG, finanziert werden. Noch am selben Tage wurde ein Leasingvertrag
zwischen der Firma B-Dienst W und der Antragstellerin geschlossen, der eine 3
einmalige Sonderzahlung von 20.000 DM sowie 36 Monatsraten zu je 2216,76 DM
vorsah.
Am 19. Oktober 2000 wurde das Fahrzeug seitens der Eheleute W übernommen,
eine Anzahlung von 20.000 Deutsche Mark geleistet und das Fahrzeug amtlich
zugelassen, wobei es das Kennzeichen HSK-.. erhielt. Der Fahrzeugbrief verblieb bei
der Antragstellerin. Dem Tatplan entsprechend wurde von den anderweitig verfolgten
Eheleuten W in der Folgezeit keine Raten mehr bezahlt. Im Zuge umfangreicher
strafrechtlicher Ermittlungen gegen die Eheleute W flohen diese Anfang Januar 2001
unter Zurücklassung des streitbefangenen Fahrzeuges nach Rumänien.
Auf welche Art und Weise das Fahrzeug in den Besitz des oben genannten Verur-
teilten (folgend Antragsgegner) gelangt ist, in dessen Besitz es in Spanien sicherge-
stellt wurde, ist unklar.

Die anderweitig verfolgten Eheleute W wurden durch Urteil des Landgerichts
Arnsberg vom Mai 2002 unter anderem wegen des Erwerbs des streitbefangenen
Porsches rechtskräftig wegen Betruges verurteilt.

Eine Anklage der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen den Antragsgegner wegen des
Vorwurfes der Hehlerei im Hinblick auf den streitbefangenen Porsche wurde nach
Eröffnung des Verfahrens durch das Landgericht Arnsberg gemäß § 154 Abs.2 StPO
in der Hauptverhandlung vom 9. Oktober 2002 im Hinblick auf die Verurteilung we-
gen Beihilfe zur Unterschlagung anderweitiger Gegenstände eingestellt.

Mit Schreiben der Antragstellerin vom 10. März 2008 an die Staatsanwaltschaft
Arnsberg beantragte diese, das Fahrzeug an sie, als Verletzte gemäß § 111k StPO,
zurückzugeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 10. März 2008
und 23. April 2008 sowie auf die diesbezüglichen Stellungnahmen des Antragsgeg-
ners vom 14. April 2008 und 29. Mai 2008 Bezug genommen.

Mit angegriffenem Beschluss der Strafkammer des Landgerichts Arnsberg vom
27. Juli 2008 ordnete diese die Herausgabe des Fahrzeugs an die Antragstellerin an.


4
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner – näher begründeten –
Beschwerde vom 15. Juli 2008.


5
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Herausgabe des sichergestellten
Fahrzeuges an die Verletzte ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig, in der Sache
selbst aber nicht begründet.

Werden Gegenstände, die als Beweismittel im Strafverfahren von Bedeutung sein
können, nach § 94 StPO sichergestellt oder förmlich beschlagnahmt, so sind sie in
der Regel, sofern sie zum Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt werden,
an den bisherigen Gewahrsamsinhaber - soweit es sich hierbei nicht um den Be-
schuldigten handelt - herausgegeben (BGH NJW 2000, 3218). § 111 k StPO macht
jedoch für diejenigen Fälle eine Ausnahme, in denen ein in die Verfügungsgewalt der
Behörde gekommener Gegenstand, dem durch die Straftat Verletzten entzogen
worden ist.
Bei der Antragstellerin, der Firma Porsche Financial Services, handelt es sich um die
Verletzte der streitgegenständlichen Sache. Durch die Betrugsstraftat der Eheleute
W wurde die Porsche Financial Services unmittelbar geschädigt. Sofern teilweise in
der Literatur vertreten wird, Verletzter im Sinne des § 111 k StPO sei nur derjenige,
dem der unmittelbare Besitz an der Sache durch eine Straftat entzogen worden sei
(Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., StPO, § 111 k, Rn.5, Pfeiffer, 4. Aufl., StPO, § 111
k, Rn.2, wohl auch Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 25. Aufl. § 111k Rn.8; KMR-
Mayer StPO, § 111k, Rn.8 ), kann dem zumindest im Rahmen eines Lea-
singverhältnisses nicht zugestimmt werden, denn die Verletzte wird in der Regel
weder aufgrund des Leasingvertrages zwischen ihr und dem Leasingnehmer, noch
aufgrund des Kaufvertrages zwischen ihr und dem Lieferanten zu irgendeinem Zeit-
punkt unmittelbare Besitzerin des Leasinggegenstandes, sondern erlangt nur mittel-
baren (Eigen-) Besitz. Der Lieferant und unmittelbarer (Fremd-)Besitzer hat demge-
genüber aufgrund des Kaufvertrages zwischen ihm und der Leasingsgeberin nach
der Bezahlung des Kaufpreises durch die Leasinggeberin bei einer Unterschlagung
oder Betrugsstraftat – wie hier – durch einen Leasingnehmer keinen Schaden.
Die oben angeführte Auslegung des § 111 k StPO findet im Wortlaut der Vorschrift
auch keine hinreichende Stütze. § 111k StPO verfolgt das Ziel der Wiederherstel-
lung eines rechtmäßigen Zustandes im Sinne eines zivilrechtlich gerechten Aus-
gleichs ( BGHZ 72, 302, 304). Die Rückgabe der Sache an den Täter oder einen
anderen, auf den die Sache von diesem durch eine Straftat übergegangen ist, würde 6
demgegenüber dazu führen, dass der Staat sich an der der Aufrechterhaltung des
durch die Tat entstandenen rechtswidrigen Zustandes beteiligt. Dies ist aber gerade
nicht gewollt.
Unmittelbar im Sinne des § 111k StPO bedeutet daher zumindest im Rahmen eines
Leasingverhältnisses, dass der verletzten Leasinggeberin die bewegliche Sache un-
mittelbar durch die Straftat entzogen worden ist (KK - Nack, StPO, 5. Auflage 2003,
§ 111 k, Rn.4, SK-Rudolphi, StPO, § 111 k, Rn.5, Heidelberger Kommentar zur
StPO-Lemke, 3. Aufl., 2001, § 111k, Rn. 4), mithin die streitgegenständliche Sache
unmittelbar durch die Straftat in den (Eigen-) Besitz des Täters gelangt und der
Schaden ohne weitere Zwischenschritte bei der Verletzten eingetreten ist.


Aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung der Eheleute W durch das Landgericht
Arnsberg vom Mai 2002 steht auch hinreichend fest, dass der Verletzten der
streitgegenständliche Porsche durch eine Straftat entzogen worden ist.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, hat das
Landgericht Arnsberg auch Ansprüche des Antragsgegners, die der Herausgabe an
die Verletzte entgegenstehen könnten, abgelehnt.
Zwar müssen Ansprüche Dritter bereits dann berücksichtigt werden, wenn sich aus
den Ermittlungen entsprechende Anhaltspunkte ergeben (KMR-Mayer, aaO., § 111k
Rn. 10). Die Begründetheit eines solchen Anspruchs braucht auch nicht festzuste-
hen, vielmehr genügt es, dass die Rechtslage zweifelhaft ist und das bestehen eines
Anspruchs nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint (LR-Schäfer aaO, § 111k,
Rn.18; Meyer-Goßner aaO., § 111 k, Rn.8; KMR-Mayer, aaO., § 111 k, Rn.10) . Vor-
liegend ist die Rechtslage aber noch nicht einmal zweifelhaft. Der Antragsgegner hat
keinerlei Rechte am Fahrzeug.
Ausweislich des in der Akte befindlichen – vermeintlichen - Kaufvertrages vom
November 2000, Blatt 1043 der GA, hatte nicht der Antragsgegner das Fahrzeug
erworben, sondern die Firma E International SRL., eine nach den Gesetzen
Rumäniens rechtsfähige Gesellschaft mit eingetragenem Gesellschaftssitz in B.
Woraus sich demgegenüber ein eigenes Recht des Antraggegners, welches dieser
geltend macht, ergeben sollte, ist schon im Ansatz nicht erkennbar. 7
Die Verletzte ist darüber hinaus nach wie vor im Besitze des Kraftfahrzeugbriefes im
Original. Soweit der Antragsgegner im Besitz eines Kraftfahrzeugbriefes war, han-
delte es sich hierbei um eine Fälschung.
Schließlich hat der Verurteilte W ausweislich seiner polizeilichen Aussage vom . Mai
2001, Blatt 210 ff der GA, das Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt an den Antragsgegner
veräußert, oder ihm sonst den Auftrag erteilt, dieses Fahrzeug zu verschieben, zu
verkaufen oder sonst wie verschwinden zu lassen. Da er aber alleiniger Nutzer des
Fahrzeuges war, hätte es auf der Hand gelegen, dass er bei einem etwaigen Verkauf
des Fahrzeuges durch seine Ehefrau hierüber informiert worden wäre.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.










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