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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 2 Ws 7/06 OLG Hamm

Leitsatz: 1. Bei der Prüfung, ob eine Berufung der Annahme nach § 313 Abs. 1 StPO bedarf, bleiben in einem Bewährungsbeschluss auferlegte Geldbußen außer Betracht.
2. Soweit der Senat von der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Nichtannah¬mebeschluss des Berufungsgerichts nach § 313 Abs. 2 StPO bereits in den Fällen ausgegangen ist, in denen Streit über die Frage besteht, ob überhaupt ein Fall der Annah¬meberufung nach § 313 Abs. 1 S. 1 StPO vorliegt, hält er an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.


Senat: 2

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Berufungs; Annahmeberufung; Verwrefung; Anfechtbarkeit der Entscheidung;

Normen: StPO 313; StPO 322

Beschluss:

Strafsache
gegen G.A.
wegen vorsätzlichen Verstoßes (Straftat) gegen §§ 51 LMBG, 5 Abs. 3, 16 Abs. 1 Nr. 5 HackFlVO, (hier: Annahmeberufung - Verwerfung der Berufung als unzulässig gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 StPO).

Auf die sofortige Beschwerde der Angeklagten vom 8. Dezember 2005 gegen den Beschluss der 4. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bochum vom 25. November 2005 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 02. 02. 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Angeklagten als unzulässig verworfen.
Gründe:
Die Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 15. September 2005 wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Hackfleischverordnung (§§ 51 LMBG, 5 Abs. 3, 16 Abs. 1 Nr. 5 HackFlVO) schuldig gesprochen worden. Gemäß § 59 StGB wurde sie verwarnt und die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 15 Ta¬gessätzen zu je 40,- € vorbehalten.
Durch ebenfalls in der Hauptverhandlung vom 15. September 2005 gemäß § 59 a StGB erlassenen und gemäß § 268 a StPO verkündeten Beschluss wurde die Bewährungszeit auf zwei Jahre festgesetzt und der Angeklagten die Auflage erteilt, eine Geldbuße in Höhe von 300,- € an die Staatskasse in monatlichen Raten von 100,- € zu zahlen.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Angeklagten ist durch den ange¬fochtenen Beschluss nicht angenommen und als unzulässig verworfen worden, da sie offensichtlich unbegründet sei.

Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrem als sofortige Beschwerde bezeichne¬ten Rechtsmittel vom 8. Dezember 2005. Sie ist der Auffassung, die Vorschrift des § 313 Abs. 2 S. 3 StPO sei hier schon deshalb nicht einschlägig, weil ein Fall der Annah¬meberufung nach § 313 Abs. 1 StPO nicht vorliege. Sie sei nicht nur zu einer Verwarnung mit Vorbehalt einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt worden, sondern es sei darüber hinaus eine Geldbuße von 300,- € verhängt worden, was eine sonstige Maßnahme darstelle.

Das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel ist nicht statthaft und war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufung bedurfte gemäß § 313 Abs. 1 S. 1 StPO der Annahme.
Das Annahmeerfordernis bei einer Verurteilung in den Grenzen des § 313 Abs. 1
S. 1 StPO gilt zwar nur, wenn ausschließlich auf eine Sanktion der dort genannten Art erkannt worden ist (vgl. KK-Ruß, StPO, 5. Aufl., § 313 Rdnr. 2 a). Gerade dies ist hier aber der Fall, da die neben der Verwarnung vorbehaltene Strafe nicht mehr als 15 Tagessätze beträgt. Gemeint ist damit aber ausschließlich die Sanktion, die als Rechtsfolge im Urteil ausgesprochen worden ist.
Die vorliegend im gesonderten Bewährungsbeschluss gemäß § 59 a StGB auferlegte Geldbuße zählt aber nicht zu diesen Rechtsfolgen. Mit einer Berufung wird auch nur der Schuldspruch und der durch das Urteil ausgesprochene Rechtsfolgenausspruch angegriffen, nicht aber der Bewährungsbeschluss. Dieser wäre gemäß §§ 268 a, 305 a StPO isoliert mit der Beschwerde anfechtbar.
Es ist insoweit auch keine Verurteilung zu einer Geldbuße i.S.d. genannten Vorschrift erfolgt.
Eine durch einen Bewährungsbeschluss erteilte Auflage ist daher auch nicht iden¬tisch mit einer nach den Vorschriften des OWiG auferlegten Geldbuße, da insoweit die Geldbuße gerade durch Urteil verhängt wird (§ 313 Abs 3 StPO).

Liegen aber die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 S. 1 StPO vor, ist diese Ent¬scheidung gemäß § 322 a S. 2 StPO grundsätzlich unanfechtbar.
Dies gilt nach allgemeiner Meinung auch dann, wenn - wie vorliegend - die Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit nicht angenommen und deshalb als unzu¬lässig verworfen worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 322 a Rdnr. 8).
Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der gesetzlichen Regelung.
In § 322 a S. 2 StPO wird hinsichtlich der Unanfechtbarkeit der über die Annahme der Berufung er¬gehenden Entscheidung nicht unterschieden, ob diese die Annahme der Berufung ausgesprochen hat oder nicht. Vielmehr stellt § 322 a S. 2 StPO ohne jede Ein¬schränkung fest, dass "die Entscheidung ..." unanfechtbar ist. Gemeint ist damit die nach § 322 a S. 1 StPO "über die Annahme der Berufung (§ 313) ..." ergangene Ent¬scheidung. Diese Entscheidung umfasst aber sowohl die Annahme als auch die Nichtannahme der Berufung.

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber im Übrigen in § 322 a StPO zwischen der Ent¬scheidung über die Annahme und der über die Nichtannahme der Berufung unter¬schieden hat. Denn nach § 322 a S. 3 StPO bedarf nur der Beschluss über die An¬nahme der Berufung keiner Begründung. Wenn der Gesetzgeber auch hinsichtlich der (Nicht-)Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Annahme einen Unterschied hätte machen wollen, hätte deshalb nichts näher gelegen, als dieses - ebenso wie bei der Begründung - ausdrücklich aufzunehmen.

Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung gegen eine Anfechtbarkeit der Entscheidung, durch die die Annahme der Berufung wegen offensichtlicher Unbegründetheit abgelehnt wird. Mit dem Rechtspflegeentlastungs-gesetz vom 11. Januar 1993 war eine Entlastung der Rechtspflege durch Beschränkung der Rechtsmittel in weniger bedeuteten Verfahren angestrebt (vgl. Begründung zum Rechtspflegeentlastungsgesetz 1993, BT-Drucks. 12/3832, S. 1). Eine Zulassung der Beschwerde in den Fällen, in denen die Berufung wegen offensichtlicher Unbe¬gründetheit nicht angenommen worden ist, würde diesem Ziel widersprechen und gerade in den weniger bedeutenden Verfahren zu einer Mehrbelastung führen (vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 22. Dezember 2000 in 2 Ws 328/2000 sowie insbesondere vom 5. Oktober 1999 in 2 Ws 285/99 = VRS 98, 145).

In der Rechtsprechung ist allerdings in analoger Anwendung des § 322 Abs. 2 StPO eine sofortige Beschwerde gegen die Nichtannahme der Berufung in den Fällen für statthaft und zulässig erachtet worden, in denen ein Fall des § 313 Abs. 1 S. 1 StPO tatsächlich gar nicht vorgelegen hat. Nur in diesen Fällen gilt § 322 a S. 2 StPO
nicht (vgl. OLG Zweibrücken, NStZ-RR 2002, 245; NStZ 1994, 601; OLG Stuttgart, Die Justiz 1999, 494; OLG Hamburg JR 1999, 479; Meyer-Goßner, a.a.O.).
Der Senat teilt diese Auffassung.
Der Entscheidung dieser Frage ist zwar eine durch das Beschwerdegericht vorzu¬nehmende Sachprüfung insoweit vorgeschaltet, ob tatsächlich ein Fall der sich aus § 313 Abs. 1 S. 1 StPO ergebenden Annahmeberufung vorliegt. Die Vorprüfung dieser Frage führt aber nur dann zur Statthaftigkeit eines Rechtsmit¬tels, nämlich der sofortigen Beschwerde in analoger Anwendung des § 322 Abs. 2 StPO, wenn ein Fall der Annahmeberufung tatsächlich nicht vorgelegen hat.
Nur diese Frage unterliegt der Überprüfung durch das Beschwerdegericht.

Eine Prüfung der Frage, ob das Berufungsgericht die Berufung zu Recht als offensichtlich unbegründet i. S. d. § 313 Abs 2 S. 2 StPO angesehen hat, findet aber in keinem Fall statt.

Soweit der Senat von der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen Nichtannah¬mebeschluss des Berufungsgerichts nach § 313 Abs. 2 StPO bereits in den Fällen ausgegangen ist, in denen Streit über die Frage besteht, ob überhaupt ein Fall der Annah¬meberufung nach § 313 Abs. 1 S. 1 StPO vorliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 1996 in 2 Ws 124/96 = NStZ 1996, 455 = StV 1997, 69 = MDR 1996, 843 und ihm folgend der hiesige 3. Strafsenat - Beschluss vom 8. September 2005 in 3 Ws 379/05 sowie das OLG Koblenz, NStZ-RR 2000, 306), hält er an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.
Dadurch würde die Regelung des § 322 a S. 2 StPO ausgehöhlt werden, zumal ein Angeklagter allein durch die willkürliche bloße Behauptung, die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 S. 1 StPO hätten nicht vorgelegen, die Zulässigkeit seines Rechts-mittels er¬reichen könnte.
Dieses Ergebnis stützt auch der Vergleich mit einer Revision, mit der angebliche Widersprüche in den Urteilsgründen oder sich aus diesen ergebende Verstöße ge¬gen Denkgesetze oder Erfahrungssätze gerügt werden, tatsächlich aber lediglich die Beweiswürdigung pauschal angegriffen und durch eigene Feststellungen des Revi¬sionsführers ersetzt wird. In einem solchen Fall wäre die Revision auch bereits als unzulässig und nicht als unbegründet zu verwerfen.

Nach alledem war das Rechts¬mittel - entsprechend dem Antrag der General-staatsanwaltschaft - mit der sich aus § 473 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen.]



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