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Rechtsprechung

Aktenzeichen: 1 Ws 510/16 OLG Hamm

Leitsatz: Die (auch) aufgrund des persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung getroffene Entscheidung über die Außervollzugsetzung eines Haftbefehls unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Beschwerdegericht.

Senat: 1

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Haftbefehl, Außervollzugsetzung, eigene Entscheidung des Beschwerdegerichts, eingeschränkte Prüfungskompetenz, persönliche Eindruck

Normen: StPo 116; StPO 309

Beschluss:

Strafsache
in pp.
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 29.11.2016 beschlossen:

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Angeklagten in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe:
I.
Der Angeklagte wurde aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 26.04.2016 (703 Gs - 500 S 31/16- 769/16) am 13.05.2016 vorläufig festgenommen. Mit dem Haftbefehl, der auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gestützt ist, wird ihm vorgeworfen, in dem Zeitraum vom 30.05.2014 bis zum 24.05.2015 in E und anderen Orten in 33 Fällen mit Betäubungsmitteln (Kokain und Heroin) in nicht geringen Mengen unerlaubt Handel getrieben zu haben.

Nach Verkündung des Haftbefehls wurde dieser durch Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 13.05.2016 außer Vollzug gesetzt, dem Angeklagten aufgegeben, sich zweimal wöchentlich bei der Polizeibehörde in C zu melden, allen Ladungen des Gerichts, der Staatsanwaltschaften und der Polizei in diesem Verfahren unverzüglich Folge zu leisten und sich straffrei zu führen. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund wurde durch Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 23.05.2016 die Außervollzugsetzung des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 13.05.2016 aufgehoben und dessen Vollziehung angeordnet. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, bei dem Angeklagten liege eine langjährige Betäubungsmittelabhängigkeit vor, die bereits für sich betrachtet einen erheblichen Fluchtanreiz darstelle. Gründe für die Annahme, er werde dem Suchtdruck standhalten und sich dem Verfahren stellen, seien nicht ersichtlich. Verstärkt werde die Fluchtgefahr durch die erhebliche Straferwartung im Verurteilungsfall. Am 14.08.2016 wurde der Angeklagte erneut festgenommen und der Untersuchungshaft zugeführt. Nach zwischenzeitlicher Anklageerhebung beim Landgericht Dortmund wegen derjenigen Taten, die Gegenstand des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 26.04.2016 sind, fand vor der 35. Strafkammer des Landgerichts Dortmund ein mündlicher Haftprüfungstermin statt, in dem der Angeklagte ein Attest der Ärztin D vom 12.09.2016, wonach er als heroinabhängig und polytoxoman bekannt ist und sich während des Zeitraums vom 14.06.2015 bis zum 15.08.2016 in deren Substitutionsbehandlung begeben hatte, sowie die erste Seite eines Schreibens der LWL-Klinik M, wonach er sich während des Zeitraums vom 25.07.2016 bis zum 09.08.2016 dort in stationärer Behandlung wegen seiner Drogenabhängigkeit begeben hatte, vorgelegt hat. Durch Beschluss vom 20.09.2016 entschied die Strafkammer, dass der Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 26.04.2016 aus den Gründen seiner Anordnung und aus den Gründen des Beschlusses der Kammer vom 23.05.2016 aufrechterhalten bleibt. Die in dem Kammerbeschluss vom 23.05.2016 aufgeführten Gründe zur Annahme der Fluchtgefahr hätten weiterhin Gültigkeit. Insbesondere erscheine der Suchtdruck auch angesichts der Behandlungen, denen sich der Angeschuldigte zwischenzeitlich unterzogen habe, noch nicht derart nachhaltig und zuverlässig ausgeräumt, dass ein Drogenrückfall nicht mehr zu befürchten und damit die Gefahr ausgeräumt wäre, dass der Angeschuldigte sich dem Verfahren entziehen werde, um seine Sucht auszuleben zu können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des vorgenannten Beschlusses Bezug genommen.

Durch Beschluss der Strafkammer vom 22.09.2016 wurde die Anklage der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 26.08.2016 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass die Untersuchungshaft des Angeklagten aus den Gründen ihrer Anordnung fortdauert.

Nach dreitägiger Hauptverhandlung wurde der Angeklagte durch Urteil des Landgerichts Dortmund vom 24.10.2016 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 29 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt.

Durch Beschluss der Strafkammer vom 24.10.2016 wurde der Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 26.04.2016 aus den Gründen seiner Anordnung nach weiterer Maßgabe des am selben Tag verkündeten Urteils aufrechterhalten, sein Vollzug aber unter den Auflagen, Wohnsitz im Hause seiner Mutter in C zu nehmen, sich einmal wöchentlich bei der für ihn zuständigen Polizeidienststelle zu melden sowie eine Sicherheitsleistung i.H.v. 7.500 € zu zahlen, ausgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft Dortmund unter dem 26.10.2016 Beschwerde eingelegt. Ihrem außerdem gestellten Antrag, die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 307 Abs. 2 StPO bis zur Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen, wurde durch Beschluss der Strafkammer vom 26.10. 2016 entsprochen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde macht die Staatsanwaltschaft geltend, es bestehe zumindest der Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO. Nach den Ausführungen des Kammervorsitzenden in der mündlichen Urteilsbegründung bestehe bei dem Angeklagten ein mehrfacher Substanzmissbrauch mit Abhängigkeitssyndrom (ICD 10: F19.2) und der Hang, andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Ohne die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bestehe die Gefahr, dass der Angeklagte infolge seines Hangs weitere erhebliche Straftaten – insbesondere ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Finanzierung der eigenen Abhängigkeit – begehen werde. Bei dieser Sachlage bestehe aber zwangsläufig der Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO. Auflagen im Sinne des § 116 Abs. 3 StPO könnten nicht als zielführend angesehen werden. Die zwischenzeitliche ärztliche Behandlung des Angeklagten genüge nicht, um dessen 20-jährige Drogenabhängigkeit zu überwinden, zumal er bei seiner Festnahme am 14.08.2016 erneut Heroin bei sich geführt habe.

Die Strafkammer hat mit Beschluss vom 03.11.2016 der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 26.10.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat die Strafkammer unter anderem ausgeführt, der Angeklagte sei der Begehung der ausgeurteilten 29 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz insbesondere aufgrund seines vollumfänglichen und glaubhaften Geständnisses, das durch weitere Beweismittel überprüft und bestätigt worden sei, dringend verdächtig. Es bestehe auch weiterhin der bisher angenommen Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne des § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der Vollzug des Haftbefehls habe aber ausgesetzt werden können, da der Zweck der Untersuchungshaft mit weniger einschneidenden Mitteln erreicht werden könne. Bei dieser Entscheidung habe die Strafkammer berücksichtigt, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt und sich dadurch dem Verfahren und den gegen ihn erhobenen Vorwürfen gestellt habe. Er habe sich zudem insbesondere glaubhaft beeindruckt gezeigt durch den Umstand, dass er sich erstmals strafrechtlich zu verantworten gehabt habe. Auch die bereits erlittene Untersuchungshaft habe ihn sichtlich beeindruckt. Diese Wirkung des Strafverfahrens und der Untersuchungshaft auf den Angeklagten sei angesichts dessen bisheriger Lebensumstände, die äußerlich völlig geordnet erscheinen würden, auch plausibel. Der Angeklagte habe außerdem durch die zweiwöchige stationäre Entgiftungsbehandlung vor seiner erneuten Verhaftung und der im Juni 2016 aufgenommen hausärztlichen Substitutionsbehandlung eine Unterbrechung seines Drogenkonsums erreicht, die durch die zwischenzeitlich vollstreckte Untersuchungshaft inzwischen auch bereits einige Dauer erreicht habe, wodurch die Gefahr eines Rückfalls vermindert werde. Hinzu komme, dass nach den Erkenntnissen des Sachverständigen Dr. S und auch nach dem Eindruck der Kammer aus der Hauptverhandlung die Persönlichkeit des Angeklagten hinreichend erhalten und seine Therapiewilligkeit aufrichtig sei. Angesichts dessen sei die Annahme gerechtfertigt, dass mit der Zahlung einer – angesichts der beengten finanziellen Verhältnisse des Angeklagten – empfindlichen Kaution i.H.v. 7.500 € und den weiteren den Auflagen aus dem Beschluss vom 24.10.2016 der Fluchtgefahr wirksam begegnet werden könne.

Der subsidiäre Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäß § 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO liege zur Überzeugung der Kammer aus den vorgenannten Gründen unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erreichten Drogenabstinenz und der Therapiewilligkeit des Angeklagten nicht vor.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm ist der Beschwerde der Staatsanwaltschaft unter ergänzenden Ausführungen beigetreten.

II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Dortmund ist gemäß § 304 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, erweist sich aber als unbegründet.

1. Der Angeklagte ist derjenigen 29 Straftaten, die sowohl Gegenstand des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 24.10.2016 als auch des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 26.04.2016 sind, dringend verdächtig.

Die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht nach Durchführung einer Hauptverhandlung und erstinstanzlichen Aburteilung der Sache vornimmt, kann im Haftbeschwerdeverfahren durch das Beschwerdegericht nur in eingeschränktem Umfang überprüft werden. Ist der Angeklagte in erster Instanz verurteilt worden, so belegt dies in der Regel den dringenden Tatverdacht (BGH, NStZ 2004, S. 276). Dieser ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass das Landgericht nach Durchführung eines rechtstaatlichen Regelungen unterworfenen Erkenntnisverfahrens zu der Überzeugung der Täterschaft und der Schuld des Angeklagten gelangt ist. Schon aus diesem Grund spricht, obwohl das Urteil der Strafkammer vom 24.10.2016 noch nicht rechtkräftig ist, eine hohe Wahrscheinlichkeit im Sinne des dringenden Tatverdachts dafür, dass der Angeklagte die ausgeurteilten Taten entsprechend den in den Urteilsgründen getroffenen Feststellungen begangen hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.04.2009 - 2 Ws 99/09 - BeckRS 2009, 10477 m.w.N).

2. Die Annahme der Strafkammer, dass der aufgrund der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten und der für ihn zu erwartenden mehrjährigen Freiheitsstrafe angenommene Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs.2 Nr. 2 StPO angesichts der bei dem Angeklagten weiterhin gegebenen Drogenproblematik und der erstinstanzlich verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten noch fortbestehe, ist nicht zu beanstanden. Das Gleiche gilt für die weitere Entscheidung der Strafkammer, dass der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt werde, da der Fluchtanreiz nunmehr als geringer einzustufen sei und ihm daher mit milderen Mitteln wirksam begegnet werden könne. Die angenommene verringerte Rückfallgefahr hat die Strafkammer nachvollziehbar damit begründet, dass der Angeklagte sich bereits nach der ersten Außervollzugsetzung des Haftbefehl am 13.05.2016 durch eine Substitutionsbehandlung und eine stationäre Entgiftung darum bemüht habe, gegen seine Drogensucht anzugehen, und es ihm gelungen sei, während der Untersuchungshaft den Drogenkonsum einzustellen. Maßgeblich hat die Strafkammer aber darauf abgestellt, dass sich der Angeklagte durch das erstmalige Erleben eines gegen ihn geführten Strafverfahrens und die ebenfalls zum ersten Mal erlittene Untersuchungshaft ersichtlich und glaubhaft beeindruckt gezeigt habe, sie also die Überzeugung gewonnen hat, dass diese von dem Angeklagten gemachten Erfahrungen trotz der bei ihm noch bestehenden Drogenproblematik geeignet seien, eine entsprechende Warnfunktion auf diesen auszuüben, sowie, dass nach ihrer sich aufgrund der Hauptverhandlung gebildeten Einschätzung die Persönlichkeit des Angeklagten noch hinreichend erhalten, also nicht drogenbedingt irreparabel geschädigt sei, und seine Therapiebereitschaft als aufrichtig bewertet werde. Diesem persönlichen Eindruck der Strafkammer kommt nach der Auffassung des Senats ein hohes Gewicht zu.

Nach der Rechtsprechung aller Strafsenate des Oberlandesgerichts Hamm kommt im Rahmen einer Entscheidung über eine Reststrafenaussetzung dem persönlichen Eindruck der Strafvollstreckungskammer von dem zu beurteilenden Strafgefangenen eine hohe Bedeutung zu. Ein Abweichen von diesem persönlichen Eindruck ist nur möglich, wenn wesentliche objektive Umstände, die einer bedingten Entlassung entgegenstehen, unberücksichtigt geblieben sind (OLG Hamm, Beschlüsse vom 05.02.2013 - 2 Ws 22/13 -, BeckRS 2014, 01822 und vom 10.03.2011 - 5 Ws 59/11-, BeckRS 2011, 07191). Dieser Grundsatz beruht auf dem Umstand, dass die Strafvollstreckungskammer in der Regel auf Grund der mündlichen Anhörung des Verurteilten über bessere Erkenntnismittel verfügt als das Beschwerdegericht, das regelmäßig ohne den unmittelbaren Eindruck von der Persönlichkeit des Verurteilten nach Aktenlage entscheidet.

Nach der Auffassung des Senats ist dieser Grundsatz bei einer Entscheidung über eine Haftbeschwerde bei laufender oder nach durchgeführter Hauptverhandlung, aber noch nicht rechtkräftiger Entscheidung hinsichtlich der Prüfung einer vom Tatrichter angeordneten Außervollzugsetzung eines erlassenen Haftbefehls entsprechend anzuwenden. Denn diese Entscheidung des erkennenden Gerichts beruht auf einer Einschätzung, die dieses sich aufgrund einer Hauptverhandlung gebildet hat, die einen umfassenden, unmittelbaren und frischen Eindruck von der Persönlichkeit des Angeklagten vermittelt. Aufgrund dieser besseren Erkenntnismöglichkeiten, die die Hauptverhandlung bietet, besteht in der Regel im Beschwerdeverfahren kein Anlass für eine von der Einschätzung der Außervollzugsetzung durch das erkennende Gericht abweichenden Beurteilung (so wohl auch im Ergebnis OLG Köln, Beschluss vom 03.08.2015 – III-2 Ws 462/15 –, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.12.1996 – 3 Ws 321/96 –, zitiert nach juris). Dies trifft auch auf das vorliegende Verfahren zu. Die Strafkammer hat weder wesentlichen Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen noch beruht ihre Entscheidung auf unvertretbaren Erwägungen. Vielmehr ist sie nachvollziehbar von einer verminderten Fluchtgefahr ausgegangen, der nunmehr mit milderen Maßnahmen als dem Vollzug der Untersuchungshaft begegnet werden kann.

Die obigen Grundsätze gelten nach Auffassung des Senats auch entsprechend, soweit die Strafkammer es mit Beschluss vom 03.11.2016 abgelehnt hat, den Haftbefehl auch auf den subsidiären Haftgrund der Wiederholungsgefahr gemäß § 112a Ab. 1 Nr. 2 StPO zu stützen und sodann unter diesem Gesichtspunkt wegen des Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 116 Abs. 3 StPO die Außervollzugsetzung des Haftbefehls aufzuheben. Denn auch diese Entscheidung stützt sich maßgebend auf die Überzeugung, die die Strafkammer aufgrund ihres persönlichen Eindrucks von dem Angeklagten während der mehrtägigen Hauptverhandlung gewonnen hat und beruht auf den zumindest vertretbaren Erwägungen, dass der Angeklagte sich zu seinen Taten bekannt hat und sie glaubhaft bedauert, sich bereits nach der ersten Entlassung aus Untersuchungshaft um eine Behandlung seines Drogenproblems bemüht hat und insoweit erfolgreich gewesen ist, als es ihm aufgrund dieser Bemühungen gelungen ist, während der Dauer der mehrmonatigen Untersuchungshaft drogenabstinent zu bleiben, sowie, dass er nach der Einschätzung der Strafkammer eine aufrichtige Therapiewilligkeit gezeigt hat. Die Strafkammer hat sich durch die Ablehnung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr auch nicht in Widerspruch zu ihrer durch das Urteil vom 24.10.2016 erfolgten Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB gesetzt. Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO erfordert neben dem dringenden Tatverdacht bezüglich der Begehung einer Katalogtat im Sinne der vorgenannten Vorschrift und der Straferwartung von einem Jahr, dass bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass der Beschuldigte vor der rechtskräftigen Verurteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art wie die ihm vorgeworfene Katalogtat begehen oder die Straftat fortsetzen werde und dass die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich ist. Zwar hat die Strafkammer in ihrem Urteil vom 24.10.2016 ausgeführt, dass bei dem Angeklagten ein Hang, berauschende Mittel – insbesondere Heroin – im Übermaß zu sich zu nehmen, gegeben sei und dass infolge dieses Hanges die Gefahr bestehe, dass der Angeklagte weitere erhebliche rechtswidrige Straftaten begehen werde. Sie ist aber gleichwohl aufgrund der von ihr als aufrichtig eingeschätzten Therapiewilligkeit des Angeklagten und seiner derzeitigen Drogenabstinenz zu der zumindest vertretbaren Überzeugung gelangt, dass jedenfalls in nächster Zeit nicht damit zu rechnen ist, dass der Angeklagte zum Zwecke der Beschaffung von Drogen bzw. zur Finanzierung seines Drogenbedarfs erneut in gleich schwerwiegender Weise, wie es bei den abgeurteilten Straftaten der Fall war, straffällig werden wird. Diese Einschätzung wird dadurch bekräftigt, dass der Angeklagte in seinem Schreiben vom 20.11.2016 noch einmal ausdrücklich ausführt, dass er die von ihm begangenen Straftaten bereue, er sein Drogenproblem aber aktiv angehen wolle und er eine etwaige ihm verbleibende Zeit in Freiheit bis zu einem Straf- oder Therapieantritt „straffrei nutzen werde, um sich rechtlich und medizinisch darauf vorzubereiten“.

Angesichts dessen sieht der Senat sieht keinen Anlass, zu Ungunsten des Angeklagten von der Entscheidung der Strafkammer hinsichtlich des Nichtvorliegens des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr abzuweichen.

III.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und Abs. 2 StPO.


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