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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-1 RVs 8/13 OLG Hamm

Leitsatz: Zum Strafklageverbrauch bei einem Verstoß gegen das Waffengesetz.

Senat: 1

Gegenstand: Revision

Stichworte: Strafklageverbrauch, Verstoß, WaffG

Normen: StPO 407

Beschluss:

Strafsache
Gegen pp.
wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 38. kleinen Strafkammer des Landgerichts Dortmund vom 06.09.2012 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19.02.2013 durch
die Richterin am Oberlandesgericht,
den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht
auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers einstimmig beschlossen:
Das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 06.09.2012 (38 Ns 72/12) wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung — auch über die Kosten des Rechtsmittels — an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Gründe
Das Amtsgericht Dortmund hat gegen den Angeklagten mit Strafbefehl vom 16.01.2012 wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen ä 20 € festgesetzt und die Einziehung einer Schreckschusspistole des Angeklagten nebst Munition angeordnet. Auf den Einspruch des Angeklagten hat das Amtsgericht Dortmund den Angeklagten mit Urteil vom 05.03.2012 wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen ä 15 € verurteilt und die Schreckschusspistole nebst Munition einge-zogen. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Dortmund mit dem angefochtenen Urteil verworfen.

Das Landgericht Dortmund hat festgestellt:

„Am 10.08.2011 gegen 20:30 Uhr erhielten Beamte der Polizei eine Mitteilung, wonach in der Münsterstraße 62 in Dortmund eine Schlägerei mit mindestens 10 Personen stattfinden solle. Mindestens eine der Personen sollte eine Waffe bei sich führen. Als die Beamten auf den Angeklagten trafen, händigte dieser ihnen eine Gas- und Schreckschusspistole der Marke „Reck PTB“ mit herausgenommenem Magazin aus, in der sich auch die passende Munition befand und zu deren Führen es eines Waffenscheins bedurfte. Eine Patrone war noch, wie der Angeklagte den Beamten unverzüglich mitteilte, im Lauf.

Die Pistole stand im Eigentum des Angeklagten, der nicht im Besitz eines Waffenscheins war. Gleichwohl führte er die Waffe regelmäßig in seinem PKW mit sich. Am Tattag hatte er die geladene Schusswaffe aus seinem Fahrzeug geholt, um damit auf offener Straße Menschen zu vertreiben, die seinen Sohn D. angegriffen hatten."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Mit den Verfahrensrügen macht er eine Verletzung der §§ 200 ff. StPO sowie des § 258 StPO geltend und beantragt, das angefochtene Urteil des Landgerichts Dortmund vom 06.09.2012 mit den Feststellungen aufzuheben und den Angeklagten vom Vorwurf des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz freizusprechen sowie hilfsweise die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückzuverweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, das Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere kleine Straf-kammer des Landgerichts Dortmund zurückzuverweisen.

Die zulässige Revision ist begründet.

Das angefochtene Urteil war bereits - worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat - wegen eines von Amts wegen zu prüfenden Verfahrenshindernisses aufzuheben. Das Verfahrenshindernis besteht darin, dass die abgeurteilte Tat nicht angeklagt, d.h. hier nicht Gegenstand des Strafbefehls, war (vgl. § 407 Abs. 1 S. 4 StPO).
Im Strafbefehl ist die die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat wie folgt umschrieben: „Am o.g. Tattag [d.h. am 10.08.2011] führten Sie gegen 20:29 auf der Münsterstraße 62 in Dortmund eine geladene Schreckschusspistole (...)."

Im angefochtenen Urteil wird hingegen festgestellt, dass der Angeklagte die Waffe regelmäßig bei sich geführt habe, so auch am 10.08.2011 gegen 20.30 Uhr in der Münsterstraße 62 in Dortmund. In der rechtlichen Würdigung heißt es dann, dass die Tat nicht durch Nothilfe gerechtfertigt gewesen sei, da dahinstehen könne, ob der Angeklagte tatsächlich seinem Sohn habe beistehen wollen. Jedenfalls habe er vor Eintritt der bedrohlichen Situation die Waffe nicht führen dürfen. Damit stellt die Strafkammer hinsichtlich der eigentlich zu bestrafenden Tat auf das Führen der Waffe vor dem Eintritt einer etwaigen Nothilfelage ab und lässt gerade offen, ob zu dem o.g. Zeitpunkt eine Rechtfertigung wegen Nothilfe gegeben war.


Damit entspricht die abgeurteilte Tat nicht der im Strafbefehl aufgeführten Tat. Die Verwendung einer Waffe bewirkt nämlich eine Zäsur, auf Grund derer das Dauerdelikt des Führens der Waffe und der anschließende Schusswaffeneinsatz auch dann mehrere Taten bilden, wenn der Schusswaffengebrauch infolge der Rechtfertigung durch Notwehr nicht strafbar ist (BGH NStZ 2012, 452, BGH NStZ 1986, 357). Dies betrifft zwar zunächst einmal nur die materiellrechtliche Wertung der Konkurrenzen, während es bei der Frage des Verfahrenshindernisses um die prozessuale Tat nach § 264 StPO geht. Angesichts der knappen Schilderung des Tatgeschehens im Strafbefehl kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass ein vorangegangenes Führen der Schusswaffe noch Gegenstand der angeklagten Tat sein sollte. Eine Nachtragsanklage wurde ebenfalls nicht erhoben.

Die Sache war zurückzuverweisen nach § 354 Abs. 2 StPO. Eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1 StPO kam nicht in Betracht, da weitere tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob der Angeklagte zum im Strafbefehl genannten Tatzeitpunkt in Nothilfe handelte, möglich und notwendig sind und das Landgericht bezüglich der eigentlich angeklagten Tat letztlich keine Entscheidung getroffen hat. Die Strafkammer hat die Strafbarkeit insoweit gerade dahinstehen lassen. Die Formulierung in den Feststellungen des angefochtenen Urteils („...um damit auf offener Straße Menschen zu vertreiben, die seinen Sohn XXXXX. angegriffen hatten") spricht allerdings eher — wenn auch nicht zwingend gegen das Vorliegen einer noch aktuellen Notwehrlage („angegriffen hatten").

Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass zweifelhaft erscheint, ob sich der Angeklagte nach § 52 Abs. 3 Nr. 2b WaffG strafbar gemacht hat, da für den Besitz von Kartuschenmunition für Schreckschusspistolen keine Erlaubnis erforderlich ist (vgl. Anlage 2 Abschn. 2 Unterabschn. 2 Nr. 1.4. WaffG).



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