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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-3 Ws 10/11 OLG Hamm

Leitsatz: Die Bestimmung des § 456 Abs. 1 StPO über den Vollstreckungsaufschub kann nicht analog zur Gewährung einer Unterbrechung der bereits begonnenen Vollstreckung herangezogen werden.


Senat: 3

Gegenstand: Beschwerde

Stichworte: Vollstreckungsaufschub, Vollstreckungsunterbrechung

Normen: StPO 456a

Beschluss:

In pp.
hat der 3. Strafsenat des OLG Hamm am 18.01.2011 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:
I.
Der Verurteilte verbüßt seit dem 5. Januar 2009 die gegen ihn im Gesamtstrafenbeschluss des Landgerichts Bielefeld vom 18. Dezember 2008 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten aus den Urteilen des Landgerichts Bielefeld vom 28.04.2008 sowie des Amtsgerichts Bielefeld vom 27.02.2004, wobei ein Teil von neun Monaten zur Kompensation der Verfahrensverzögerung als vollstreckt gilt. Durch Urteil der Kammer vom 28.04.2006 (6 Js 141/03) war gegen den Verurteilten eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen Betruges in 21 Fällen und wegen Subventionsbetruges verhängt worden; durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 27.02.2004 war gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verhängt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgenannten Erkenntnisse und des Gesamtstrafenbeschlusses des Landgerichts Bielefeld vom 18.12.2008 verwiesen.
Der Verurteilte verbüßt die Gesamtfreiheitsstrafe im offenen Vollzug der JVA C-T, wobei der 2/3-Termin auf den 04.10.2011 und das Strafende auf den 04.07.2013 notiert sind.
Am 23.11.2010 hat der Verurteilte durch seinen Verteidiger die Unterbrechung der Vollstreckung bis zu vier Monaten in analoger Anwendung des § 456 Abs. 1 StPO unter näheren Ausführungen beantragt. Zur Begründung führt er aus, dass die von ihm mit geleitete Firma U AG in Insolvenz gerate und damit die von ihm entwickelte Anlagentechnologie zur Erzeugung von Biodiesel aus Getreideresten und Klärschlämmen nicht mehr realisierbar sei, wenn die Strafunterbrechung nicht gewährt werde. Die Entwicklung der Anlage befinde sich am Ende des Erprobungsstadiums, wobei seine Anwesenheit zur Durchführung noch notwendiger Optimierungsarbeiten vor der Vollendung unverzichtbar sei. Zudem bedürfe es dringend der notwendigen Kapitalbeschaffung, die dadurch erreichbar sei, dass die Maschine bei zwei Kaufinteressenten einen erfolgreichen fünftägigen Probelauf absolviere, der nur unter persönlicher Beteiligung des Verurteilten technisch denkbar sei. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Antragsschrift Bl. 163 ff. d.A. Bezug genommen.
Die Justizvollzugsanstalt C-T hat zu dem Antrag des Verurteilten unter dem 25.11.2010 Stellung genommen und hierzu ausgeführt, dass die Firma U unter maßgeblicher Beteiligung des Verurteilten, der eine abgeschlossene Ausbildung als Diplom-Ingenieur in der Fachrichtung "Maschinenbau" besitze, ein Verfahren zur Erzeugung von Dieselöl im Direktverflüssigungsverfahren organischer Substanzen entwickele. Zunächst sei dem Verurteilten vom 20.02.2009 bis zum 21.03.2010 ein Arbeitseinsatz bei der Firma U unter der Beaufsichtigung eines Bediensteten in unregelmäßigen Zeitabständen ermöglicht worden. Nach der Zulassung zum Freigang sei der Arbeitseinsatz im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses weitergeführt worden, welches allerdings am 09.08.2010 aufgelöst worden sei, weil deutliche Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass der Verurteilte entgegen seinem Arbeitsvertrag in seiner Funktion als Diplom-Ingenieur ein Firmengeflecht leite, es auch nach außen vertrete und als Kopf des Unternehmens angesehen werden müsse. Zudem hätten sich erhebliche Bedenken gegen die finanzielle Situation der Firma U ergeben, nachdem u.a. eine Pfändung über einen Betrag von mehr als einer Million Euro durchgeführt worden sei.
Durch Bescheid vom 07.12.2010 hat der Leitende Oberstaatsanwalt in C das Gesuch des Verurteilten um Gewährung von Strafunterbrechung vom 23.11.2010 zurückgewiesen und hierzu ausgeführt, dass die Vorschrift des § 456 StPO nach herrschender Auffassung eine Vollstreckungsunterbrechung nicht erlaube; gegen die entgegenstehende Mindermeinung spreche bereits der eindeutige Wortlaut der Norm. Dem Begehren des Antragstellers könne daher nur im Gnadenwege nach
§§ 40 ff. Gnadenordnung NW entsprochen werden. Eine Gnadenentscheidung sei indes nicht gerechtfertigt, weil die Möglichkeit der Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit eine regelmäßige Folge der Strafe darstelle. Wegen der Ausführungen im Übrigen wird auf den Inhalt des Bescheides vom 07.12.2010 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung hat sich der Verurteilte mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 09.12.2010 unter näheren Ausführungen gewandt. Durch den angefochtenen Beschluss vom 17.12.2010 hat die 17. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld den Antrag auf gerichtliche Entscheidung verworfen und hierzu ausgeführt, dass eine Strafunterbrechung auf der Grundlage des § 456 StPO nicht in Betracht komme, da diese Vorschrift ihrem eindeutigen Wortlaut nach lediglich den Strafaufschub bis zur Dauer von vier Monaten ermögliche, wenn durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche außerhalb des Strafzwecks liegende Nachteile erwachsen würden. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Strafunterbrechung komme nicht in Betracht.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verurteilte durch seinen Verteidiger mit der sofortigen Beschwerde vom 23.12.2010 unter näheren Ausführungen.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 458, 462 Abs. 3 StPO statthaft und insgesamt zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil die Strafvollstreckungskammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die von dem Verurteilten angefochtene Entscheidung des Leitenden Oberstaatsanwalts in C vom 07.12.2010, keine Strafunterbrechung in analoger Anwendung gemäß § 456 Abs. 1 StPO zu gewähren, nicht zu beanstanden ist. Die gesetzliche Regelung weist insoweit keine durch eine Analogie zu schließende Lücke auf, wie sich bereits aus der in der StPO selbst gewählten Unterscheidung zwischen "Aufschub" und "Unterbrechung" der Vollstreckung ergibt (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 28.09.2010
1 Ws 464/10, veröffentlicht bei BeckRS 2010, 25592; BGH, NJW 1964, 166). Die Möglichkeit eines Vollstreckungsaufschubs besteht nur vor Beginn einer Voll-
streckung, wie aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 456 Abs. 1 StPO folgt. Eine analoge Anwendung des § 456 StPO auf Härtegründe, die nach Beginn der Vollstreckung eintreten, kann nicht erfolgen, weil der Wortlaut der Vorschrift diese ausdehnende Auslegung nicht zulässt (vgl. BGH, a.a.O.; OLG München, NStZ 1988, 294). Die von dem Beschwerdeführer dagegen ins Feld geführte Auffassung von Volckart in NStZ 1982, 496 überzeugt bereits deshalb nicht, weil sie vom Wortlaut der Vorschrift des § 456 StPO nicht gedeckt ist. Darüber hinaus zeigt die Vorschrift des § 455 Abs. 4 StPO, die ausdrücklich und abschließend regelt, unter welchen Voraussetzungen – die hier ersichtlich nicht vorliegen – eine Strafunterbrechung aus in der Person des Verurteilten liegenden Gründen möglich ist, dass von einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke gerade nicht ausgegangen werden kann (vgl. OLG Oldenburg, a.a.O.).
Unabhängig hiervon stellen die angeführten Gründe des Verurteilten für die begehrte Strafunterbrechung aber auch gerade nicht solche dar, die außerhalb des Strafzweckes liegen; die Unmöglichkeit der Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit durch den Strafvollzug ist eine gewöhnliche und geradezu typische Folge der Strafvollstreckung, die auch in keiner Weise geeignet wäre, einen Härtegrund i.S.d. § 456 StPO, wie er für den Strafaufschub erforderlich wäre, zu begründen.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.
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