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Rechtsprechung

Aktenzeichen: III-2 RVs 13/10 OLG Hamm

Leitsatz: Die Urteilsgründe müssen, vor allem auch wenn Fachbegriffe verwendet werden, verständlich sein.

Senat: 2

Gegenstand: Revision

Stichworte: Gerichtssprache, Fachbegriff, Urteilsgründe, Aufklärungsrüge

Normen: GVG 184; StPO 267; StPO 244

Beschluss:

Strafsache
gegen pp.
wegen fahrlässiger Tötung u.a.,

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Hagen vom 29. Mai 2009 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22.04.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft nach Anhörung des Angeklagten bzw. seiner Verteidiger einstimmig beschlossen:

Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte, dem auch die notwendi-gen Auslagen der Nebenkläger aufzuerlegen waren.

Gründe:
I.
Das Amtsgericht Hagen hat gegen den Angeklagten mit Urteil vom 17. November 2006 wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tatmehrheit mit fahrlässiger Tötung eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 140 Tagessätzen zu je 100 € verhängt. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft änderte die 2. kleine Strafkammer des Landgerichts Hagen mit Urteil vom 29. Mai 2009 das Urteil des Amtsgerichts unter Verwerfung der Berufung im Übrigen dahingehend ab, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Als Einzelstrafen verhängte das Landgericht für die fahrlässige Körperverletzung eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 100,00 € und für die fahrlässige Tötung eine Freiheitsstrafe in Höhe von sieben Monaten.

Der Angeklagte, ein Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, hatte bei zwei Kindern eine Rachenmandelentfernung (Adenotomie) durchgeführt, die nach den Feststellungen der Strafkammer im Wesentlichen wie folgt verliefen:

XXX operierte er am 2. Juli 2003. Bei dieser Operation rasierte der Angeklagte den rechten Tubenwulst ab. Folgeschäden verblieben aufgrund dieses Eingriffs nicht.

XXX operierte der Angeklagte am 9. August 2004. Bei dieser Operation verletzte der Angeklagte die hirnversorgende Arteria carotis interna (Halsschlagader) des Kindes. Dies führte zu erheblichen Durchblutungsstörungen und Sauerstoffmangel im Gehirn. Ursache für den eingetretenen Hirntod waren eine globale Hirnischämie bei generalisiertem Hirnödem und schwergradiger unterer Einklemmung.

Das Urteil wurde dem damaligen Verteidiger des Angeklagten am 12. August 2009 zugestellt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten. Seine jetzige Verteidigerin begründete die Revision mit am Montag, 14. September 2009, per Telefax beim Landgericht Hagen eingegangenem Schriftsatz. Gerügt wird die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Zunächst rügt die Revision eine Verletzung von § 184 GVG und § 267 StPO. Das Urteil sei wegen der Verwendung zahlreicher medizinischer Fachbegriffe nicht aus sich heraus verständlich und entziehe sich der revisionsrechtlichen Nachprüfung (unten II.1.). Mit der Aufklärungsrüge greift die Revision die unterbliebene Verlesung der vorläufigen schriftlichen Stellungnahme des Sachverständigen XXX vom 25. Oktober 2005 an (unten II.2.). Weiterhin wird die Verletzung des § 261 StPO (Inbegriff der Hauptverhandlung) gerügt. Das Urteil weise einen Erörterungsmangel auf (unten II.3.). Mit der allgemein erhobenen Sachrüge rügt die Revision insbe-sondere mehrere Fehler in der Beweiswürdigung und macht zudem geltend, die Strafzumessung sei fehlerhaft (unten II.4.-13.).

Die Rügen II.2. - 6. betreffen den Fall XXX, die Rügen II.7. - 12. den Fall XXX.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Mit Schriftsatz der Nebenklägervertreterin vom 21. Oktober 2009 haben die gesetzlichen Vertreter der Geschädigten XXX als Nebenkläger eine Gegenerklärung abgegeben.

II.
Die Revision ist zwar formgerecht gemäß § 345 Abs. 2 StPO innerhalb der gemäß
§ 345 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 43 Abs. 1, Abs. 2 StPO mit Ablauf des 14. September 2009 endenden Frist beim Landgericht Hagen eingegangen. Der Revision bleibt in der Sache jedoch der Erfolg versagt, da das Urteil weder verfahrens- noch sachlich-rechtliche Fehler aufweist.

1.
Das Urteil verstößt nicht gegen § 184 GVG und § 267 StPO.

a)
Es kann dahinstehen, ob die insoweit erhobene Verfahrensrüge in der durch § 344 Abs. 2 S. 2 StPO gebotenen Form zulässig ausgeführt worden ist – was die Generalstaatsanwaltschaft bezweifelt –, weil ein Verstoß gegen § 184 GVG und
§ 267 StPO bereits auf die allgemeine Sachrüge hin zu überprüfen ist.

Zwar bezeichnet die Revision ihre Rüge des Verstoßes gegen § 184 GVG und § 267 StPO ausdrücklich als Verfahrensrüge (vgl. Rev.begr. S. 2). Für die Abgrenzung zwischen Verfahrens- und Sachrüge ist es aber unwesentlich, wie der Beschwerde-führer die Rüge bezeichnet hat; entscheidend ist ihre wirkliche rechtliche Bedeutung, wie sie dem Sinn und Zweck des Vorbringens zu entnehmen ist (BGHSt 19, 273 = Urteil vom 24. März 1964 – 3 StR 60/63 -, zitiert nach juris Rn. 8).

Da die Revision die Verletzung des § 184 GVG in Verbindung mit § 267 StPO rügt und sich dabei auf die mangelnde Verständlichkeit des Urteils bezieht, ist die Rüge dahin auszulegen, dass nicht die Verfahrensweise des Landgerichts in der Hauptverhandlung angegriffen werden soll, sondern die Darstellung in den schriftlichen Urteilsgründen. Die Revision rügt, das Urteil entziehe sich aufgrund der Unverständlichkeit der revisionsrechtlichen Nachprüfung. Damit macht sie auch einen sachlich-rechtlichen Mangel geltend. Die Prüfung der Sachrüge ist nicht darauf zu beschränken, ob das Recht auf den festgestellten Sachverhalt richtig angewendet worden ist. Das Revisionsgericht prüft vielmehr auch, ob die Urteilsfeststellungen überhaupt eine tragfähige Grundlage für diese Prüfung bieten (Senatsurteil vom 12. Januar 2010 - 2 Ss 451/09 -, zitiert nach juris Rn. 23; Meyer-Goßner, 52. Aufl. 2009, § 337 Rn. 21).

Die schriftlichen Urteilsgründe sollen unter anderem dem Revisionsgericht die sach-lich-rechtliche Nachprüfung der Entscheidung ermöglichen (BGH, Urteil vom 1. Juli 1971 – 1 StR 362/70 -, zitiert nach juris Rn. 155; Engelhardt, in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. 2008 Rn. 47; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 50 Rn. 4; Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2001, § 267 Rn. 6). Die Urteilsgründe müssen daher so beschaffen sein, dass das Rechtsmittel-gericht ihnen zu der Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung entnehmen kann, welche Feststellungen das Gericht getroffen hat. Ist dies nicht der Fall, so liegt darin – jedenfalls auch – ein zur Aufhebung des Urteils führender sachlich-rechtlicher Mangel (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Januar 1988 – 5 Ss (Owi) 456/87 – 339/87 I, zitiert nach juris Rn. 5; Engelhardt, in Karlsruher Kommentar, 6. Aufl. 2008, § 267 Rn. 3 und 47; vgl. für den Fall der Unverständlichkeit wegen unzulässiger Bezugnahme auf externe Erkenntnisquellen: BGH, Urteil vom 11. September 1980 – 4 StR 16/80 -, zitiert nach juris Rn. 7; Urteil vom 4. August 1997 – 5 StR 185/97 -, zitiert nach juris Rn. 22; OLG Saarbrücken, NJW 1960, 590; OLG Bamberg, Beschluss vom 27. Mai 2008 – 2 Ss Owi 87/08 –, zitiert nach juris Rn. 6 f.).

b)
Ein Verstoß gegen § 184 GVG und § 267 StPO liegt nicht vor. Das Urteil genügt trotz der zahlreichen medizinischen Fachbegriffe den Anforderungen, die § 267 StPO und § 184 GVG an die Verständlichkeit der Urteilsgründe stellen. Das Urteil ist für die maßgeblichen Adressaten, das Revisionsgericht und die Verfahrensbeteiligten, ver-ständlich und überprüfbar.

aa)
Nach allgemeiner Meinung müssen gemäß § 267 Abs. 1 S. 1 StPO die Urteilsgründe klar, geschlossen, erschöpfend und aus sich heraus verständlich sein (BGHSt 33, 59 = Urteil vom 5. November 1984 – AnwSt (R) 11/84 -, zitiert nach juris Rn. 5; BGH, NStZ-RR 1996, 109; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 268/05 –, zitiert nach juris Rn. 17; Engelhardt, in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. 2008, § 267 Rn. 3).

Anerkannt ist, dass jegliche Verweisungen und Bezugnahmen auf Schriftstücke oder andere Erkenntnisquellen außerhalb des Urteils unzulässig sind, sofern dadurch die gebotene eigene Sachdarstellung ersetzt werden soll (BGH, NStZ-RR 1996, 109; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 268/05 –, zitiert nach juris Rn. 17; Engelhardt, in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. 2008, § 267 Rn. 3) und dass eine übersichtliche Darstellung und Gliederung geboten ist (BGH, Beschluss vom 18. April 1994 – 5 StR 160/94 -, zitiert nach juris Rn. 5 ff.).

Die gemäß § 267 Abs. 1 S. 1 StPO erforderliche Verständlichkeit der Urteilsgründe setzt darüber hinaus voraus, dass die Urteilsgründe in einer verständlichen Sprache verfasst sind. Das ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Urteilsgründe in Zusammenschau mit der Vorschrift des § 184 GVG sowie dem Rechtsstaatsprinzip und Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. auch AG Hersbruck, NJW 1984, 2426 [zu Bußgeldbe-scheid]; VGH Kassel, NJW 1984, 2429; BSG, Beschluss vom 30. April 1975 - 9 RV 276/74 -, zitiert nach juris Rn. 3).

§ 184 GVG erfordert, dass Urteile in deutscher Sprache abgefasst werden (Meyer-Goßner, 52. Aufl. 2009, § 184 GVG Rn. 3; Zimmermann, in Münchener Kommentar ZPO, 3. Aufl. 2007, § 184 GVG Rn. 2) und sprachlich so gefasst sind, dass sie ver-ständlich sind (Zimmermann, in Münchener Kommentar ZPO, § 184 GVG Rn. 3). Die deutsche Sprache umfasst grundsätzlich auch Fachausdrücke, auch soweit sie – wie medizinische Fachausdrücke – der lateinischen Sprache entnommen sind (Wickern, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2002, § 184 GVG Rn. 4). Wenn also der Verfahrens-gegenstand die Verwendung von Fachausdrücken erfordert, so ist es zulässig oder sogar geboten, dass das Gericht sich dieser Fachausdrücke bedient. Ein solcher Wortgebrauch kann sogar unumgänglich sein, wenn – wie im medizinischen Bereich – Gegenstände der Wissenschaft behandelt werden, die auch von der Allgemeinheit häufig nicht eingedeutscht werden und deren deutsche Benennung nicht die volle Gewähr für die Genauigkeit des damit Gemeinten bietet (BSG, Beschluss vom 30. April 1975 – 9 RV 276/74 –, zitiert nach juris Rn. 3; vgl. auch Groh, MDR 1984, 195, 196 für mathematische Formeln).

bb)
Der Revision ist zwar zuzugeben, dass das angefochtene Urteil für den medizinischen Laien, der nicht an der Hauptverhandlung beteiligt war, ohne Benutzung von Fremdwörterbuch und/oder medizinischem Wörterbuch, wie z.B. Pschyrembel, nicht zu verstehen ist. Die Strafkammer hätte das Verständnis zwar erleichtern können, indem sie die Fachbegriffe durch allgemeinverständliche Begriffe erläutert hätte (vgl. auch Wickern, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2002, § 184 GVG Rn. 4). Dass dies unterlassen wurde, ist hier aber nicht rechtsfehlerhaft. Denn es kommt nicht auf eine Allgemeinverständlichkeit an, sondern darauf, dass das Revisionsgericht (s.o. 1.a) und der Angeklagte bzw. ein anderer Verfahrensbeteiligter die Ausführungen verstehen können (vgl. Wickern, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2002, § 184 GVG Rn. 4).

Zwar gehört auch in gewissem Maße die Allgemeinheit zum Adressatenkreis eines Strafurteils. Im Falle einer Verurteilung wird beispielsweise das Recht der Allge-meinheit gegenüber dem nunmehr Verurteilten auf Strafe festgestellt (Zaczyk, GA 1988, 356, 366 f.). In einem demokratischen Rechtsstaat sind die Gerichte zudem verpflichtet, ihre Entscheidungen in angemessener Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 50 Rn. 1).

Hauptzweck der schriftlichen Urteilsgründe ist aber neben der Überprüfbarkeit durch das Revisionsgericht (s.o. 1.a), dem Angeklagten als dem eigentlichen Adressaten (Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2001, § 267 Rn. 1) und den anderen Verfahrensbeteiligten sichtbar zu machen, welche nachvollziehbaren, sachlichen Erwägungen den Spruch des Gerichts bestimmt haben (BGH, GA 1965, 208; Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2001, § 267 Rn. 1, 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 1. Juli 1971 – 1 StR 362/70 –, zitiert nach juris Rn. 155), und den Anfechtungsberechtigten eine sachgemäße Entscheidung über die Einlegung von Rechtsmitteln zu ermöglichen (Engelhardt, in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. 2008 Rn. 47; Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 26. Aufl. 2009, § 50 Rn. 4; Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2001, § 267 Rn. 6; vgl. auch BSG, Be-schluss vom 30. April 1975 - 9 RV 276/74 -, zitiert nach juris Rn. 3).

(1)
Der Senat kann das Urteil trotz der zahlreichen Fachbegriffe überprüfen, ohne dass er dabei auf ihm revisionsrechtlich verschlossene Erkenntnisquellen zugreifen muss.

Zwar ist Grundlage der sachlich-rechtlichen Prüfung grundsätzlich nur die Urteilsurkunde; andere Erkenntnisquellen sind dem Revisionsgericht grundsätzlich verschlossen (BGHSt 35, 238 = Beschluss vom 17. März 1988 – 1 StR 361/87 -, zitiert nach juris Rn. 8; BGH, NJW 1998, 3654, 3655; Meyer-Goßner, 52. Aufl. 2009, § 337 Rn. 22). Das bedeutet unter anderem, dass das Revisionsgericht bei der Sachrüge nicht den Akteninhalt berücksichtigen darf (BGHSt 35, 238 = Beschluss vom 17. März 1988 – 1 StR 361/87 -, zitiert nach juris Rn. 8 und 10). Nicht verwehrt ist dem Revisionsgericht aber, offenkundige Tatsachen zu berücksichtigen. Es kann damit sogar Lücken in den Urteilsfeststellungen schließen und Widersprüche ausräumen (BGHSt 6, 292 = NJW 1954, 1656; BGHSt 49, 34 = Urteil vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 120/03 -, zitiert nach juris Rn. 17; BayObLG, NJW 1988, 3165, 3166; vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW 1993, 2452, 2453; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl. 2009, § 337 Rn. 25; Hanack, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 1998, § 337 Rn. 135).

Es ist hier nicht erforderlich, Lücken in den Feststellungen der Strafkammer zu schließen, sondern der Senat muss bei verständiger Würdigung der Urteilsgründe die ihm nicht bekannten Fachbegriffe anhand allgemein zugänglicher Quellen „über-setzen“. Wenn schon Lücken mit offenkundigen Tatsachen geschlossen werden dürfen, dann ist es erst recht zulässig, unbekannte Fachbegriffe in allgemein zugänglichen Quellen nachzuschlagen. Das gilt unabhängig von der Anzahl der verwendeten Fachbegriffe. Die Verständlichkeit kann schon bei wenigen Fach-begriffen fehlen. Eine große Menge führt daher zu vermehrtem Nachschlagen, aber nicht zu einem Rechtsfehler.

(2)
Das Urteil ist nicht nur für den Senat, sondern auch für den Angeklagten und die sonstigen Verfahrensbeteiligten verständlich. Die Revision trägt selbst vor, dass der Angeklagte als Fachmann das Urteil ohne Schwierigkeiten versteht. Eventuelle Schwierigkeiten der Verteidigerin resultieren daraus, dass sie nicht in der Hauptver-handlung anwesend war, was aber unbeachtlich ist, weil – wie die Revisions-begründungsschrift zeigt – die Verteidigerin unter Rückgriff auf die ihr zugänglichen in der Akte befindlichen Gutachten und Abbildungen sowie allgemein zugängliche Quellen ohne weiteres in der Lage war, das Urteil zu verstehen. Dieses Bemühen um Verständnis war ihr zumutbar (vgl. dazu etwa Zimmermann, in Münchener Kommentar ZPO, § 184 GVG Rn. 3). Die Nebenkläger haben mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 überzeugend dargelegt, dass es ihnen als an der Hauptverhandlung Beteiligten ohne Schwierigkeiten möglich war, das Urteil ohne Rückgriff auf Hilfsmittel zu verstehen.

cc)
Die Revision kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass es sich bei § 184 GVG nicht um eine reine Schutznorm für den Angeklagten, sondern um eine „Kommunikationsvereinbarung“ handele (Rev.begr. S. 4).

§ 184 GVG schützt zwar auch objektive Werte. So dient die Verwendung von deutsch als Gerichtssprache der Wahrheitsfindung (Wickern, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 2002, Vorbem. § 184 GVG Rn. 2) und damit dem objektiven Interesse der Allgemeinheit an sachlich richtigen Gerichtsentscheidungen (Eschelbach, HRRS 2007, 466), weil sich die Staatsbürger und die Gerichtsorgane in ihrer allgemein gebräuchlichen Muttersprache am besten ausdrücken können (Zimmermann, in Münchener Kommentar ZPO, § 184 GVG Rn. 1). Dieses Schutzgut ist hier aber nicht beeinträchtigt.


2.
Die von der Revision erhobene Aufklärungsrüge hat keinen Erfolg.

a)
Dieser Rüge liegen folgende Feststellungen der Strafkammer zugrunde (Urteil, S. 16 f.):
Der Sachverständige XXX hat in seinen schriftlichen Gutachten zum Fall XXX ausgeführt, dass die zusätzliche Entfernung des Lymphknotens im Rahmen der Adenotomie fehlerhaft war. In seinem mündlichen Gutachten ist er hingegen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Entfernung des Lymphknotens lege artis war. Die Abweichung hat XXX plausibel damit begründet, dass die Grundlagen seiner Beurteilung sich jeweils unterschieden hätten, und zwar in Bezug auf den Verlauf der Operation und das dabei von dem Angeklagten verwendete Instrument. Bei seiner schriftlichen Begutachtung habe er die Darstellungen des Verteidigers und von Prof. xxx bewertet, bei seinem mündlichen Gutachten hingegen die Einlassung des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung.

Die Revision rügt, die Strafkammer hätte die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von XXX vom 25. Oktober 2005 verlesen müssen. Wäre dies geschehen, hätte sich ergeben, dass XXX die Entfernung des Lymphknotens an sich und unabhängig von den verwendeten Instrumenten für fehlerhaft angesehen hätte (Rev.begr. S. 7). Zudem macht die Revision geltend, im Zeitpunkt der Erstellung des schriftlichen Gutachtens vom 25. Oktober 2005 habe es eine Sachverhaltsschilderung durch XXX noch nicht gegeben, da dessen Gutachten erst vom 11. August 2007 stamme (Rev.begr. S. 9). Das Gericht hätte nach Ansicht der Revision die Erklärung von xxx für die Abweichung nicht für plausibel halten dürfen (Rev.begr. S.10). Die Revision meint, dass sich deshalb Zweifel an der Sachkunde von XXX hätten ergeben müssen, so dass eine Zweitmeinung einzuholen gewesen wäre. Diese Zweitmeinung habe mit der Begutachtung durch XXX vorgelegen. Das Gericht habe dieser Meinung zu wenig Gewicht eingeräumt, es hätte sie zumindest als gleichgewichtig behandeln müssen (Rev.begr. S. 10 f.).

b)
Mit der von der Revision verfolgten Stoßrichtung, dem Gutachten von Prof. xxx größeren Wert beizumessen, ist die Aufklärungsrüge bereits unzulässig. Diese Rüge ist ein in die Aufklärungsrüge gekleideter Angriff auf die Wertung der Beweismittel durch den Tatrichter. Der Zweck einer Aufklärungsrüge besteht nicht darin, die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung auf dem Umweg über eine Verfahrensrüge zur Nachprüfung des Revisionsgerichts zu stellen (Becker, in Löwe/Rosenberg, 26. Aufl., § 244 Rn. 361). Bei Sachverständigengutachten obliegt dem Gericht auch bei Fachfragen die letzte Entscheidung, die es aufgrund der ihm von den Sachver-ständigen vermittelten Sachkunde in eigener Würdigung zu treffen hat (BGH, NJW 1955, 840, 841; BGH, NJW 1993, 3081, 3082; Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 1999, § 261 Rn. 90).

Die Revision hat nicht die Relevanz des von ihr erwarteten Beweisergebnisses dargelegt. Sie erwartet das Beweisergebnis, dass Prof. xxx in seinem schriftlichen Gutachten die Entfernung des Lymphknotens an sich und unabhängig vom Instrument für fehlerhaft angesehen hat. Die Revision hat nicht ausgeführt, dass dieses Beweisergebnis für den Schuldspruch oder für den Ausspruch der Rechtsfol-gen Bedeutung erlangt hätte (vgl. BGH, NJW 1994, 1294, 1295; Fischer, in Karls-ruher Kommentar, § 244 Rn. 216 mit weiteren Nachwiesen; s. auch Wessels, JuS 1969, 1, 9). Vielmehr bildet die Revision hier eine unzulässige Kausalkette, die die Aufklärungsrüge nicht trägt:

Selbst wenn die Meinungsänderung hinsichtlich der Entfernung des Lymphknotens von Prof. xxx nicht so zu erklären war, wie es das Urteil getan hat, dann ist damit nicht gesagt, dass das Gericht die Entfernung des Tubenwulstes durch den Angeklagten nicht als Behandlungsfehler ansehen durfte.

Zweifel an der Sachkunde eines Sachverständigen führen nicht zwangsläufig dazu, dass das Gericht einem anderen gehörten Sachverständigen folgen muss. Die Auf-klärungspflicht gebietet, dass das Tatgericht Widersprüchen zwischen schriftlichem und mündlichem Gutachten eines Sachverständigen nachgeht und diese aufklärt. Kann der Sachverständige etwaige Widersprüche nicht in einer den Tatrichter über-zeugenden Weise erklären, ist in der Regel aufgrund der – insoweit in § 83 StPO konkretisierten – Aufklärungspflicht ein weiterer Sachverständiger zu bestellen (BGH, NJW 1955, 1642, 1643; Becker, in Löwe/Rosenberg, a.a.O., § 244 Rn. 77, 75 mit weiteren Nachweisen; vgl. auch Rogall, in SK StPO, 55. Lfg. 2007, § 73 Rn. 64 mit weiteren Nachweisen).

Selbst wenn also Prof. xxx die Abweichung der Strafkammer nicht hätte plausibel erklären können, wäre die Strafkammer gegebenenfalls aufgrund ihrer Aufklärungs-pflicht gehalten gewesen, einen weiteren Sachverständigen zu hören. Die Strafkammer hätte aber nicht zwangsläufig dem vorliegenden Gutachten von Prof. xxx mehr Gewicht beimessen müssen. Es war der Revision unbenommen, die unter-bliebene Anhörung eines weiteren Sachverständigen zu rügen. Auf die Anhörung eines weiteren Sachverständigen richtet sich die Aufklärungsrüge aber gerade nicht.

Hinzu kommt, dass die Sachverständigen Prof. xxx und Prof. xxx nicht einmal – wie die Revision behauptet – zu widersprechenden Ergebnissen gekommen sind. Die Strafkammer geht gerade nicht von zwei divergierenden Sachverständigengutachten aus. Vielmehr legt das Urteil dar, dass auch nach der Einschätzung des Sachverständigen xxx bei der Operation an xxx eine über das therapeutisch erfor-derliche Maß hinausgehende Verletzung vorliegt, weil bei einer lege artis durchgeführten Adenotomie der Tubenwulst nicht entfernt werden darf (Urteil, S. 18). Vor diesem Hintergrund ist noch weniger zu erkennen, welche Bedeutung die Ver-lesung des schriftlichen Gutachtens von Prof. xxx für den Schuldspruch hätte erlangen können.

Dass die Revision die Stellungnahme von Prof. xxx anders verstanden wissen will, als es die Strafkammer ausweislich des Urteils getan hat (Rev.begr. S. 12), ist unbeachtlich (dazu s. unten 4.).

Hinzu kommt, dass der von der Revision behauptete Widerspruch mit der Entfernung des Lymphknotens keinen entscheidenden Punkt betrifft (so verlangt bei BGH, NStZ 1990, 244, 245; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. März 2004 – 1 Ss 91/03 –, zitiert nach juris Rn. 6), der sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Strafkammer geht vielmehr davon aus, dass die Entfernung des Lymphknotens kein Behandlungsfehler war.

c)
Über eine mögliche Aufklärungsrüge mit der Stoßrichtung, dass das Gericht sich wegen Zweifeln an der Sachkunde von Prof. xxx aufgrund seiner Aufklärungspflicht hätte gedrängt sehen müssen, einen weiteren Sachverständigen zu hören, um über die für den Schuldspruch relevanten Tatsachen Beweis zu erheben (vgl. Rogall, in SK StPO, 55. Lfg. 2007, § 73 Rn. 64 mit weiteren Nachweisen), hat der Senat nicht zu entscheiden. Diese Rüge hat die Revision nicht ausdrücklich erhoben. Die Erhebung dieser Rüge lässt sich auch nicht durch Auslegung der Revisions-begründungsschrift ermitteln. Selbst wenn man eine weitgehende Auslegung für zulässig hält (vgl. etwa Dahs/Dahs, Revision, 7. Aufl. 2008, Rn. 483), so ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, den notwendigen Tatsachenvortrag für eine Aufklä-rungsrüge aus der Begründungsschrift zusammen zu suchen und die Rüge zu konstruieren. Die Revision bringt nicht vor, dass sich die Strafkammer hätte gedrängt sehen müssen, einen weiteren Sachverständigen zur Beweiserhebung über bestimmte Tatsachen zu hören. Die Revision bringt wiederholt ihre Zweifel an der Sachkunde von xxx vor und macht nur geltend, dass die Strafkammer nicht ihm hätte folgen dürfen, sondern dem jeweils anderen in der Berufungshauptverhandlung gehörten Sachverständigen hätte folgen müssen.

d)
In dem Punkt der behaupteten Abweichung zwischen schriftlichem und mündlichem Gutachten von Prof. xxx führt auch die allgemeine Sachrüge nicht zum Erfolg der Revision.

Die Sachrüge wegen der Ungeeignetheit eines Sachverständigen kann nur Erfolg haben, wenn solche Ausführungen des Urteils auf Eignungsmängeln des Sachver-ständigen beruhen, die gegen Denkgesetze oder wissenschaftliche und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Das heißt, die fehlende Sachkunde muss sich aus dem Urteil selbst ergeben (BGH, Beschluss vom 21. September 1993 - 1 StR 421/93 -, zitiert nach juris Rn. 3; Dahs/Dahs, Revision, 7. Aufl. 2008, Rn. 282 Eisenberg, Beweisrecht der StPO, 6. Aufl. 2008, Rn. 1548; Meyer-Goßner, 52. Aufl. 2009, § 73 Rn. 19).

Bei der Prüfung, ob das Urteil an sachlich-rechtlichen Mängeln leidet, darf das Revisionsgericht die Urteilsfeststellungen nicht nach dem Akteninhalt ergänzen (BGH, Urteil vom 12. März 1998 – 4 StR 633/97 -, zitiert nach juris Rn. 3; Hanack, in Löwe/ Rosenberg, 25. Aufl. 1998, § 337 Rn. 101). Das gilt selbst dann, wenn eine zulässige Verfahrensrüge erhoben wurde, aufgrund derer das Revisionsgericht vom Akteninhalt (teilweise) Kenntnis erlangt hat (BGH, GA 1955, 269; Hanack, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 1998, § 337 Rn. 104).

Die Strafkammer setzt sich im Urteil nachvollziehbar mit den unterschiedlichen Bewertungen von Prof. xxx auseinander, so dass die Beweiswürdigung weder lückenhaft noch widersprüchlich ist. Zweifel an der Sachkunde von Prof. xxx ergeben sich aus dem Urteil nicht.

3.
Auch der Verfahrensrüge in Form der Inbegriffsrüge gemäß § 261 StPO bleibt der Erfolg versagt.

a)
Aus dem Vorbringen der Revision (Rev.begr. S. 11 f.) wird – auch ohne Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 28. Februar 2010 – die Beanstandung hinreichend deutlich, dass die Revision eine Würdigung der angeblich in der mündlichen Begutachtung des Sachverständigen xxx enthaltenen Erklärung vermisst, dass auch abweichend von der Mittellinie kürretiert werden darf. Diese Erklärung ergebe sich aus dem Schaubild in der Powerpointpräsentation vom 27. März 2009 (Anlage zum Protokoll dort Bl. 14). Die Powerpointpräsentation sei in der Berufungshauptverhandlung am 27. März 2009 insgesamt in Augenschein genom-men worden. Diese – angebliche – Erklärung von Prof. xxx hält die Revision für erörterungsbedürftig, da sie in Widerspruch zum schriftlichen Gutachten vom 14. Juli 2005 stehe, wo Prof. xxx das Gegenteil erklärt haben soll.

b)
Diese Beanstandung ist zulässig. Die Rüge hat aber in der Sache keinen Erfolg. Es ist nicht ersichtlich, dass die Strafkammer gegen ihre Pflicht aus § 261 StPO, die Beweise erschöpfend zu würdigen (BGH, Beschluss vom 18. August 1987 – 1 StR 366/87 -, zitiert nach juris Rn. 3; BGH, Beschluss vom 22. November 1988 – 1 StR 559/88 -, zitiert nach juris Rn. 9; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. September 1999 – 3 Ss 109/99 -, zitiert nach juris Rn. 8), verstoßen hat.

aa)
Ein Verstoß gegen § 261 StPO liegt vor, wenn das Gericht im Urteil ein Beweisergebnis nicht erörtert, obwohl sich nach den Umständen und der gesamten Beweislage die Notwendigkeit der Auseinandersetzung unmittelbar aufdrängte (BGHR StPO § 261 – Inbegriff der Verhandlung 15 = Beschluss vom 22. November 1988 – 1 StR 559/88 -, zitiert nach juris Rn. 9 f.; Senatsbeschluss vom 8. Februar 2007 – 2 Ss 548/06 –; Pelz, NStZ 1993, 361, 364; Widmaier, Münchener Anwalts-handbuch Strafverteidigung, § 9 Rn. 126 ff.; vgl. auch Dahs/Dahs, Revision, Rn. 250).



bb)
Einen solchen Erörterungsmangel kann der Senat nicht feststellen. Wenn sich schriftliches und mündliches Gutachten eines Sachverständigen widersprechen – was die Revision behauptet –, drängt sich grundsätzlich die Notwendigkeit der Erörterung im Urteil auf (BGH, NStZ 2005, 161; Pelz, NStZ 1993, 361, 364 mit weiteren Nachweisen). Die von der Revision behauptete Erklärung von Prof. xxx in der Hauptverhandlung und der darauf beruhende, zur Erörterungsbedürftigkeit führende Widerspruch zum schriftlichen Gutachten ergeben sich nicht aus dem Urteil. Die Erklärung und damit gegebenenfalls der Widerspruch können auch nicht aus dem Akteninhalt ohne Rekonstruktion der Beweisaufnahme festgestellt werden.

(1)
Grundsätzlich ist für den Nachweis eines Erörterungsmangels wegen Widersprüchlichkeit von Sachverständigengutachten im Sinne von § 261 StPO erforderlich, dass sich der Widerspruch aus dem Urteil selbst ergibt und in den Urteilsgründen nicht ausgeräumt wird (vgl. BGH, NStZ 2005, 161; BGH, NStZ 1992, 506 [Zeugenaussagen]; Pelz, NStZ 1993, 361, 364).

Das ist hier nicht der Fall. In der Beweiswürdigung heißt es, Prof. xxx habe in Übereinstimmung mit seinem vorläufigen schriftlichen Gutachten bei seiner mündlichen Begutachtung nachvollziehbar dargelegt, dass die Verletzung des rechten Tubenknorpels bei xxx eine fehlerhafte Instrumentenführung zweifelsfrei belege (Urteil, S. 16). Die von der Revision behauptete Abweichung betreffend die Kürretage abweichend von der „Mittellinie“ erwähnt das Urteil nicht.

Aus dem Schweigen der Urteilsgründe zu diesem Punkt kann nicht der Schluss gezogen werden, die Strafkammer habe einen etwaigen Widerspruch übersehen oder übergangen und damit gegen § 261 StPO verstoßen. Der Tatrichter ist verpflichtet, das Ergebnis der Hauptverhandlung im Urteil darzulegen, nicht aber den Inhalt der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu dokumentieren (BGH, NStZ-RR 1998, 277; Pelz, NStZ 1993, 361, 364; Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 1999, § 261 Rn. 176; Hanack, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 1998, § 337 Rn. 82).

(2)
Die behauptete Erklärung von Prof. xxx in der Hauptverhandlung und ein Widerspruch zwischen schriftlicher und mündlicher Begutachtung können aus dem Akteninhalt nicht ohne eine dem Senat versagte Rekonstruktion der Beweisauf-nahme (vgl. BGHSt 17, 351 = NJW 1962, 1832; BGH, NJW 1984, 1245, 1246; BGH, NStZ 1992, 506, 507; BGH, NStZ 1997, 296; BGH, Urteil vom 29. April 1997 – 1 StR 156/97 –, zitiert nach juris Rn. 8) festgestellt werden. Denn was der Sachverständige xxx bei der Erstattung seines mündlichen Gutachtens im Einzelnen gesagt hat, kann der Senat nicht feststellen. Der Senat kann sich mit den ihm zur Verfügung stehen-den Mitteln den Beweisgehalt des Sachverständigengutachtens, anders als die Revision behauptet (Schriftsatz vom 28. Februar 2010, S. 4), nicht unmittelbar selbst erschließen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1997 – 1 StR 156/97 –, zitiert nach juris Rn. 8; BGH, NStZ 1997, 296; Hanack, in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl. 1998, § 337 Rn. 79).

(a)
Der von der Revision behauptete Widerspruch zwischen schriftlichem und mündlichem Gutachten von Prof. xxx ergibt sich nicht aus dem Beschluss vom 20. April 2009 (Anlage zum Protokoll vom 20. April 2009, S. 1 und 2 [Bl. 29, 30]), mit dem der Antrag des Angeklagten, den Sachverständigen Prof. xxx wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen ist. Aus den Gründen dieses Be-schlusses ergibt sich nur, dass Prof. xxx mehrfach erklärt hat, das Wort „Mittellinie“ nicht verwendet zu haben, dass er aber dieses Wort in seinem Gutachten vom 14. Juli 2005 verwendet hat.

(b)
Der Senat kann sich auch nicht anhand der von der Revision zitierten Abbildung aus der Powerpointpräsentation den Beweisgehalt des mündlich erstatteten Sachver-ständigengutachtens unmittelbar selbst erschließen. Er kann daher nicht überprüfen, ob das mündliche vom schriftlichen Gutachten abwich, ob es diesem widersprach oder damit in Einklang zu bringen war oder nicht. Das Protokoll hält hier entgegen der Auffassung der Revision nicht für das Revisionsgericht überprüfbar fest, mit welchem konkreten Inhalt Prof. xxx das Sachverständigengutachten in der Hauptverhandlung erstattet hat.

Das wäre nach der Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn seine Aussage gemäß § 273 Abs. 3 S. 1 StPO wörtlich protokolliert (vgl. BGHSt 38, 14 = NJW 1992, 252; OLG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29. Dezember 2006 – 1 Ss 176/06 -, zitiert nach juris Rn. 3; s. auch Dahs/Dahs, Revision, 7. Aufl. 2008, Rn. 250) oder seine Aussage durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. August 1987 - 1 StR 366/87 -, zitiert nach juris Rn. 3; Dahs/Dahs, Revision, 7. Aufl. 2008, Rn. 250) worden wäre. Daneben kommen Abbildungen als objektive Beweisgegenstände in Betracht, aus denen sich das Revisionsgericht den Beweis-gehalt unmittelbar selbst erschließen kann (BGH, NStZ 1997, 296).

(aa)
Die von der Revision zitierte Abbildung aus der Powerpointpräsentation ist nicht als Augenscheinsobjekt Beweisgegenstand geworden. Beweisgegenstand ist ausschließlich die unter Verwendung der Powerpointpräsentation erteilte mündliche Begutachtung von Prof. xxx. Da das Protokoll über eine Inaugenscheinnahme der Powerpointpräsentation schweigt, gilt diese entgegen der Behauptung der Revision als nicht erfolgt. Das Hauptverhandlungsprotokoll hält nur fest: „Der Sachverständige xxx erstattete sein Gutachten zum Fall xxx unter Benutzung einer Powerpointpräsentation. Die entsprechende Präsentation wurde auf einer CD als Anlage III zu Protokoll genommen.“ (Protokollband Bl. 8; Protokoll S. 4). Demgegen-über heißt es an anderen Stellen im Protokoll vom selben Hauptverhandlungstag beispielsweise: „Der Sachverständige Dr. med. xxx erläuterte sein Gutachten anhand der Abbildungen 1, 2 und 5 aus dem Gutachten Prof. xxx vom 15. April 2008. Diese wurden per Beamer und Laptop in Augenschein genommen.“ und „mit den Verfahrensbeteiligten wurden (...) Ablichtung 6 der Powerpointpräsentation (...) des Sachverständigen Dr. xxx per Beamer und Laptop in Augenschein genommen.“ (Protokollband Bl. 6, Protokoll S. 2).

Der Vergleich der Protokollstellen zeigt, dass die Powerpointpräsentationen im Beweisverfahren ausdrücklich unterschiedlich behandelt wurden.

Die Einnahme des Augenscheins ist eine wesentliche Förmlichkeit, die nach § 273 StPO zu protokollieren ist. Schweigt das Protokoll über die Einnahme eines Augen-scheins, so gilt dieser wegen der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO als nicht erfolgt (BGH, NStZ 1991, 143, 144). Selbst wenn dieses Ergebnis der wahren Sachlage widersprechen sollte, muss es als Konsequenz der dem § 274 StPO zu Grunde liegenden gesetzgeberischen Entscheidung hingenommen werden (BGH, Beschluss vom 18. August 1992 - 5 StR 126/92 -, zitiert nach juris Rn. 6; BGH, NStZ 2002, 219).

Die Beweiskraft des Protokolls entfällt nur, wenn es offensichtliche Widersprüche oder Lücken aufweist (BGH, NStZ 2002, 219). Das Protokoll vom 27. März 2009 enthält keinen Hinweis darauf, dass die Powerpointpräsentation insgesamt oder einzelne Abbildungen daraus Gegenstand der Beweisaufnahme durch Augenschein wurden. Das weist nicht auf eine offensichtliche Lücke des Protokolls hin. Selbst wenn es gängiger Praxis bei der Erstattung mündlicher Gutachten unter Benutzung von Powerpointpräsentationen entspräche, dass alle Mitglieder des Gerichts die Präsentation in Augenschein nehmen, kann eine solche Praxis eine Durchbrechung der negativen Beweiskraft des Protokolls nicht rechtfertigen (vgl. BGH, NStZ 2002, 319).

Dass protokolliert wurde, dass die Powerpointpräsentation bei der Erstattung des Gutachtens verwendet wurde, und dass diese als CD als Anlage zum Protokoll ge-nommen wurde, beweist nicht die Inaugenscheinnahme. Zwar bedarf die Verwendung von Augenscheinsobjekten als Vernehmungshilfe nicht der Aufnahme in das Protokoll (Eisenberg, Beweisrecht, 6. Aufl. 2008, Rn. 2224). Weil aber solche Protokollierungen immer wieder erfolgen, kommt ihnen kein Beweiswert für eine Inaugenscheinnahme zu (BGH, Urteil vom 5. Mai 2004 – 2 StR 492/03 -, zitiert nach juris Rn. 7). Hinzu kommt, dass hier ausdrücklich unterschiedlich protokolliert wurde.

(bb)
Die Powerpointpräsentation von Prof. xxx ist als Vernehmungshilfe Inhalt seiner Bekundung geworden (vgl. Eisenberg, Beweisrecht, 6. Aufl. 2008, Rn. 2224). Die von der Revision zitierte Abbildung hält aber nicht abschließend fest, was Prof. xxx dazu erläutert hat. Deshalb steht der Inhalt der mündlichen Begutachtung für den Senat nicht fest. Dass die Präsentation auf CD als Anlage zu Protokoll genommen wurde, ist nicht dem in der Rechtsprechung anerkannten Fall der wörtlichen Protokollierung gemäß § 273 Abs. 3 S. 1 StPO oder einer durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführten Aussage gleichzusetzen.

c)
Auch auf die allgemeine Sachrüge hin ist das Urteil insoweit nicht zu beanstanden. Aus den für die Sachrüge allein maßgeblichen Urteilsgründen ergibt sich nicht, dass die Strafkammer die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt hat.

4.
Der unter die allgemeine Sachrüge fallende Angriff der Revision auf die Würdigung der Meinung des Sachverständigen xxx, eine Entfernung des Tubenwulstes könne passieren (Urteil, S. 17; Rev.begr. S. 12), greift nicht durch. Die Revision meint, der Sachverständige habe damit „offensichtlich sagen wollen, dass die Verletzung trotz einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführten Operation eingetreten ist“.

Bei Sachverständigengutachten obliegt dem Gericht auch bei Fachfragen die letzte Entscheidung, die es aufgrund der ihm von den Sachverständigen vermittelten Sachkunde in eigener Würdigung zu treffen hat (BGH, NJW 1955, 840, 841; BGH, NJW 1993, 3081, 3082; Gollwitzer, in Löwe/Rosenberg, § 261 Rn. 90). Ebensowenig wie gerügt werden kann, dass die Aussage eines Zeugen anders zu verstehen oder eine Urkunde anders auszulegen gewesen sei (BGH, Urteil vom 12. August 1987 – 3 StR 250/87 –, zitiert nach juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 7. Januar 1993 – 4 StR 607/92 -, zitiert nach juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 - 4 StR 441/78 -, zitiert nach juris Rn. 10; Pelz, NStZ 1993, 361, 364), kann dies bei der Äußerung eines Sachverständigen der Fall sein. Die Wertung eines Beweismittels ist gerade dem Tatrichter vorbehalten. Einer Revision, die darauf abzielt, die eigene Wertung an die Stelle der Bewertung des Tatrichters zu setzen, bleibt der Erfolg versagt.

5.
Soweit die Revision ausführt (Rev.begr. S. 13), das Urteil sei widersprüchlich, da es nur feststelle, dass der rechte Tubenwulst abrasiert sei (Urteil, S. 5 f., S. 15 f.), in der Beweiswürdigung aber mit einer Verletzung des Tubenknorpels argumentiere (Urteil, S. 16), kann dem nicht gefolgt werden.

Das Urteil ist nicht widersprüchlich. Die Revision behauptet unter Hinweis auf die beiden lateinischen Fachbegriffe torus tubarius (Tubenwulst) und Cartilago tubae auditivae (Tubenknorpel), dass Tubenwulst und Tubenknorpel nicht identisch seien. Allerdings finden sich in der medizinischen Literatur folgende Beschreibungen: „Seitlich findet sich rechts und links die Tubenöffnung mit dem sie oben und hinten umgreifenden Tubenwulst, der durch den Tubenknorpel gebildet wird“ (Boenninghaus/Lenarz, HNO, 13. Aufl. 2007, S. 202). An anderer Stelle heißt es: „Der Tubenknorpel ist ein elastischer Knorpel (...). Am Ostium pharyngeum verbreitert sich das Ende des Tubenknorpels zum torus tubarius (Tubenwulst).“ (Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie Bd. 2, makroskopische Anatomie, Embryologie und Histologie, 16. Aufl. 2004, S. 719). Danach ist der Tubenwulst ein Teil des Tubenknorpels bzw. mit diesem teilidentisch.

Dem entspricht es, wenn das Urteil von der Verletzung des Tubenknorpels (Urteil, S. 16) und der Abrasur bzw. Entfernung oder Fehlen des Tubenwulstes spricht (Urteil, S. 5 f., 6, 16, 17).

6.
Ebensowenig ist die Rüge erfolgreich, dass die Strafkammer eine in der Powerpointpräsentation enthaltene Aussage von Prof. xxx nicht so verstanden hat, wie die Revision sie verstanden wissen möchte (Rev.begr. S. 14). Zum einen kann der Senat den konkreten Inhalt der Sachverständigenbegutachtung nicht anhand der Powerpointpräsentation feststellen (s.o. 3.), zum anderen kann die Revision nicht mit Erfolg rügen, dass die eigene Wertung an die Stelle der Bewertung des Tatrichters gesetzt werden muss (s.o. 4.).


7.
Auch die Rüge, dass die Beweiswürdigung hinsichtlich des Instruments widersprüchlich sei, mit welchem die Verletzung bei xxx hervorgerufen wurde (Rev.begr. S. 16 ff.), greift nicht durch.

a)
Die Revision behauptet, nach der Beweiswürdigung der Strafkammer komme allein das Beckmannmesser als Instrument für die Verletzung in Betracht. Dies stehe in Widerspruch dazu, dass die Strafkammer in den Urteilsfeststellungen nicht festlegt, mit welchem Instrument die Verletzung hervorgerufen wurde. Dieser Widerspruch besteht nicht, sondern die Revision konstruiert ihn, indem sie Zitate aus dem Urteil aus dem Zusammenhang reißt und unvollständig wiedergibt.

Die Revision entstellt die Beweiswürdigung der Strafkammer, indem sie behauptet, die Strafkammer habe folgenden Teil der Einlassung des Angeklagten für glaubhaft gehalten: „Im Zeitpunkt des zweiten Ansetzens des Beckmannmessers sei es plötzlich zu einer arteriellen Blutung gekommen“ (Urteil, S. 18). Diese Einlassung des Angeklagten gibt die Strafkammer wieder. Sie hat die Einlassung aber nicht dahin gewürdigt, dass die Blutung durch Ansetzen des Beckmannmessers hervorgerufen wurde, sondern sie hat sie dahin gewürdigt, dass der Angeklagte im Zeitpunkt des Blutungseintritts allein am Operationsbereich tätig war: „Nach der insoweit glaubhaften Einlassung des Angeklagten ist es bei der von ihm durchgeführten Adenotomie plötzlich zu einer arteriellen Blutung gekommen, zu einem Zeitpunkt als er allein am Operationssitus tätig war.“ (Urteil, S. 23; Unterstreichung durch Senat). Auf den letzten – von der Revision im Zitat unterschlagenen – Halbsatz kommt es gerade an. „Bei der (...) Adenotomie“ beschreibt die gesamte von dem Angeklagten durchgeführte Operation. Dass es nur darum ging, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des Eintritts der Blutung alleiniger Operateur war, ergibt sich auch aus dem vorangehenden Absatz der Beweiswürdigung, in dem es heißt, dass „was den Zeitpunkt des Eintritts der arteriellen Blutung angeht, (...) zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass allein der Angeklagte, keine andere Person, die rechte Rachenseitenwand perforiert (...) hat.“ (Urteil, S. 22 f.).

b)
Ferner liegt entgegen der Revision kein Widerspruch darin, dass einerseits möglicherweise stumpfe Geräte verwendet worden sind, und andererseits eine „schnittförmige Wandverletzung im Sinne einer Lazeration“ (Urteil, S. 8, S. 13) festgestellt wurde. Die Revision meint, zu einem stumpfen Gerät passe eine „stichförmige Verletzung“ oder „Reißwunde“, aber keine schnittförmige Verletzung (Rev.begr. S. 17). Dabei übersieht sie, dass eine Lazeration sowohl im Fremdwörter-buch (Duden) als auch im Klinischen Wörterbuch (Pschyrembel) gerade als „eine Zerreißung, ein Einriss“ verstanden wird. Die Beschreibung als eine „schnittförmige Wandverletzung im Sinne einer Lazeration“ bedeutet also nicht, dass die Wunde auf einem Schnitt mit einem scharfen Gegenstand beruhen muss, sondern nur, dass sie ein schnittförmiger Einriss ist. Mit schnittförmig wird eine längliche Wunde im Sinne eines Spaltes im Gegensatz zu einer kreis- oder lochförmigen Wunde beschrieben. Denn Synonym sowohl für den Begriff Riss als auch für den Begriff Schnitt ist das Wort Spalt (vgl. Duden, Bedeutungswörterbuch). Ein schnittförmiger Einriss kann auch durch einen stumpfen Gegenstand hervorgerufen werden.

8.
Die Rüge der Lückenhaftigkeit der Beweiswürdigung zur Anomalie des Carotisverlaufs (Rev.begr. S. 18 f.) hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Senat muss die Stichhaltigkeit des statistischen Arguments von Prof. xxx nicht überprüfen, da ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf dieser Erklärung beruht.

Deshalb kann auch dahinstehen, ob die Strafkammer den von der Revision zur Infragestellung des statistischen Arguments angeführten in der Hauptverhandlung vom 3. April 2009 in Augenschein genommenen Film (S. 4 des Protokolls, Anl. III zum Protokoll „Trellaktis Video Fall 5“) verwertet hat oder nicht. Einen etwaigen gegen § 261 StPO verstoßenden Erörterungsmangel kann der Senat zudem nicht überprüfen, da der Senat ohne Rekonstruktion der Hauptverhandlung den Beweiswert des Films nicht ermitteln kann. Die Inaugenscheinnahme erfolgte im Rahmen der Gutachtenerstattung von Prof. xxx (Protokollband Bl. 16, Protokoll S. 4). Der Beweisinhalt des Films für sich betrachtet erschließt sich dem Senat ohne Erläuterung nicht. Die Rüge kann auch deshalb keinen Erfolg haben (vgl. oben II.2.).

9.
Wie sich bereits aus dem Vortrag der Revision ergibt (Rev.begr. S. 24 f.), beruht das Urteil nicht auf der Ausführung des Sachverständigen Prof. xxx, eine Verlaufsanomalie der Arteria carotis interna komme nicht im Abschnitt des Naso-pharynx vor. Denn die Strafkammer hat die Frage ausdrücklich offengelassen, ob eine Anomalie überhaupt in diesem Bereich vorkommen kann, da ihr zur Beurteilung des konkreten Verlaufs bei xxx die Angiografie-Aufnahmen zur Verfügung standen, die zum zweifelsfreien Ausschluss einer Gefäßanomalie einschließlich eines Curvings eine sichere Grundlage boten (Urteil, S. 41). Dass die Revision die Sachkunde von Prof. xxx bezweifelt, ändert daran nichts (vgl. oben 2. b) und c).

10.
Die Beweiswürdigung ist auch hinsichtlich der Frage der Zerstörbarkeit der Pharynxwand und Arteria carotis interna weder lückenhaft noch widersprüchlich (Rev.begr. S. 25). Die Strafkammer hat lückenlos und nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie den Ausführungen von Prof. xxx und Prof. xxx folgt: Die Versuche von Prof. xxx und Prof. xxx zur Verletzbarkeit der Pharynxwand seien auf den Fall xxx nicht übertragbar, weil sie an Leichen von erwachsenen Körperspendern vorgenommen wurden, die Strukturen bei Erwachsenen aber nicht mit jenen bei Kindern vergleichbar seien (Urteil, S. 37). Die Strukturen seien bei Kindern kleiner und feiner und wesentlich dünner (Urteil, S. 37). Diese Erwägungen sind nachvollziehbar und verstoßen nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

Die Sachverständigen xxx und xxx haben laut Urteilsgründen keine diese Stellungnahmen entkräftenden Tatsachen vorgetragen, die die Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit begründen. Der Senat hält es entgegen der Auffassung der Revision nicht für allgemeinkundig, dass bei älteren Menschen die Gefäßwände, wie auch alle anderen Strukturen brüchiger (mürber) würden und dass die Durchblutung insgesamt schlechter sei als bei Kindern. Der Schluss, den die Revision aus der von Prof. xxx geschilderten Elastizität (Urteil, S. 32) zieht, dass das Gewebe bei Kindern auch haltbarer sei, wurde laut Urteil auch von Prof. xxx nicht gezogen. Er ist auch nicht zwingend.

Zu Recht führt die Revision an, dass bei der Abwägung, welchem Sach-verständigengutachten gefolgt wird, entscheidend ist, welche Argumente bei gegenseitiger Abwägung überzeugender waren. Die Revision verkennt aber, dass es nicht darauf ankommt, welche Argumente sie als überzeugender empfunden hat, sondern dass es auf die tatrichterliche Überzeugung ankommt. Die Strafkammer hat hier lückenlos und widerspruchsfrei dargelegt, warum es die Einwände der Sachverständigen Prof. xxx und Prof. xxx gegen die Verletzbarkeit der Rachenwand mittels Beckmannmesser nicht überzeugt haben. Daran ist der Senat gebunden.

Wenn die Revision rügt, es wäre genauer zu untersuchen gewesen, ob die Versuchsergebnisse auf Kinder zu übertragen seien oder nicht, so kann darin keine gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO zulässige Aufklärungsrüge gesehen werden. Diese Forderung bleibt so folgenlos.

11.
Die Beweiswürdigung ist auch nicht etwa deshalb lückenhaft, weil das Urteil nicht ausdrücklich betont, dass die Angiografie ausreichend ist, um Fehlverläufe der Arteria carotis interna festzustellen (Rev.begr. S. 28 ff.). Dafür bestand nach den aus dem Urteil ersichtlichen Umständen kein Anlass. Die Zeugen Prof. xxx und xxx setzten die Angiografie bei der Revisionsoperation zur Lebensrettung des Kindes trotz der damit für eine Vierjährige verbundenen Gefahren ein, um Verlaufsanomalien festzustellen, die sie gegebenenfalls bei der Rettungsoperation hätten berücksichtigen müssen (Urteil, S. 10).

12.
Auch den von der Revision gerügten Widerspruch in der Beweiswürdigung hinsichtlich eines möglichen anomalen Verlaufs der Arteria carotis interna (Schriftsatz vom 26. September 2009, Bl. 104 ff. d.A.) vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Revision zieht aus der im Urteil erwähnten Stellungnahme des Gerichtsmediziners Dr. xxx den zwingenden Schluss, dass die Arteria carotis interna einen anomalen Verlauf hatte. Diesen Schluss wollten laut Urteil schon Prof. xxx (Urteil, S. 32) und Prof. xxx (Urteil, S. 33) aufgrund des Obduktionsberichts von Dr. xxx ziehen: Im Obduktionsbericht sei von einem Defekt im Bereich der Rachenwand „unmittelbar bis an die hier verlaufenden Gefäße“ die Rede. Dorthin (direkt an die Rachenwand) gehöre die Arteria carotis interna aber nicht. Der Befund des Sachverständigen belege daher ein Curving. Bei einem Curving fehle die Bindegewebsschicht zwischen Rachenwand und Arteria carotis interna (Urteil S. 33).

Die Strafkammer hat diesen Schluss aber mit nachvollziehbarer und widerspruchsfreier Begründung verworfen. Dass Dr. xxx nichts ausdrücklich zum Bindegewebe oder dessen Stärke ausgeführt hat, lässt nicht den zwingenden Schluss zu, seinen Ausführungen lasse sich entnehmen, dass kein Bindegewebe vorhanden war. Dr. xxx hat vielmehr aufgrund der im Rahmen der Obduktion erhobenen Befunde gravierende Anomalien mit Sicherheit ausgeschlossen (Urteil, S. 36). Ein Curving, welches dazu führt, dass gar keine Bindegewebsschicht zwischen Schleimhaut und Arteria carotis interna liegt, wäre nach den Urteilsfeststellungen eine gravierende Anomalie.

13.
Die Rüge der fehlerhaften Strafzumessung (Rev.begr. S. 29) hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Strafzumessung des Gerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Strafzumessung ist Aufgabe des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzu-wägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen (BGH Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86 -, zitiert nach juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 22. März 1995 - 3 StR 625/94 -, zitiert nach juris Rn. 3; BGH, NJW 1981, 692 mit weiteren Nachweisen; BGH, Urteil vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80 -, zitiert nach juris Rn. 10; Senatsbeschluss vom 16. Juli 2009 – 2 Ss 558/08 –; Fischer, StGB, 57. Aufl. 2010, § 46 Rn. 146).

Derartige Rechtsfehler weist das angefochtene Urteil nicht auf. Die Strafkammer hat insbesondere erkennen lassen, dass sie bei der Bemessung der Einzelstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung dem Angeklagten „die familiären, beruflichen und finanziellen Folgen zugute gehalten“ und berücksichtigt hat, dass der Angeklagte auf-grund des Urteils „berufsrechtliche Folgen zu befürchten hat“ (Urteil, S. 47). Bei der Bemessung der Einzelstrafe für die fahrlässige Tötung hat das Landgericht unter anderem ebenfalls die „drohenden ganz erheblichen berufsrechtlichen Folgen bis hin zum Verlust der Approbation“ berücksichtigt (Urteil, S. 48). Dadurch, dass die Straf-kammer nicht auch ausdrücklich die von der Revision benannten Umstände aufge-führt hat, hat sie keine strafmildernden Umstände unerörtert gelassen, deren Berücksichtigung sich ihr aufdrängen mussten. Die Strafkammer hat vielmehr diejenigen Umstände angeführt, die für die Bemessung der Strafe bestimmend waren (vgl.
§ 267 Abs. 3 S. 1 StPO). Eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwä-gungen ist weder vorgeschrieben noch möglich (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 1992 - 2 StR 483/92 -, zitiert nach juris Rn. 4 mit weiteren Nachweisen; Senatsbeschluss vom 31. Januar 2005 - 2 Ss 501/04 -; vom 28. Mai 2009 – 2 Ss 200/09 –; Redeker/Busse, in Schäfer, Strafzumessung, 4. Aufl. 2008, Teil 7 Rn. 761).


III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Dem Angeklagten waren gemäß § 473 Abs. 1 S. 2 StPO auch die notwendigen Auslagen der Nebenkläger aufzuerlegen.



Regul Lange Poguntke



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